6 PERSONALquarterly 04 / 23 SCHWERPUNKT_INTERVIEW PERSONALquarterly: New Work steht für einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie wir Arbeit begreifen und leben. Bevor wir uns den verschiedenen Facetten und Auswirkungen widmen, interessiert es mich, was du persönlich unter New Work verstehst. Könntest du uns deine Sichtweise dazu erläutern? Boris Langerbein: Für mich ist New Work kein bloßes Schlagwort, sondern eine Lösung für die Entwicklungen, die wir in der Wirtschaft und der Arbeitswelt sehen. Natürlich habe ich mich auch mit Frithjof Bergmann und anderen Experten auf diesem Gebiet beschäftigt. Dennoch ist es wichtig, diese Konzepte auf die aktuelle Zeit zu übertragen. Und ich habe mich relativ früh schon mit diesem Thema der VUCA-Welt auseinandergesetzt. Sobald man diese VUCA-Welt versteht, erkennt man, dass wir ein neues Modell benötigen. New Work ist für mich ein Lösungsansatz, der in erster Linie auf den beiden Säulen Flexibilität und Stabilität basiert. Ambidextrie spielt hier eine große Rolle. Wie schaffe ich es als Unternehmen und Arbeitgeber, gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden, in dieser volatilen und unsicheren Zeit flexibel und dynamisch zu bleiben? Zeitgleich dürfen wir die Stabilität nicht aus den Augen verlieren. PERSONALquarterly: Lass uns dort direkt ansetzen. Wie lebt Intilion New Work? Wie habt ihr New Work in eurer Unternehmenskultur verankert? Boris Langerbein: Die Themen Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung spielen eine entscheidende Rolle bei uns. Wir haben uns bemüht, diese in unserer Unternehmenskultur zu verankern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg zu begleiten. Dabei war es uns wichtig, auch eine Fehlerkultur zu etablieren und stets eine lernende Organisation zu bleiben. Es genügt nicht, wenn nur Einzelpersonen diesen Ansatz verfolgen; er gilt letztendlich für das gesamte Team. Es war eine Herausforderung, den Balanceakt zwischen individueller Verantwortung, Teamdynamik und organisatorischer Struktur zu bewältigen. Wir haben daher großen Wert auf flache Hierarchien gelegt. Um Stabilität zu schaffen und die Selbstwirksamkeit jedes Einzelnen zu stärken, haben wir unseren Unternehmenszweck, also die Energiewende voranzutreiben, in den Vordergrund gestellt. Es ist wichtig, dass jeder daran teilhaben und mitgestalten kann. Dieser Zweck gibt uns auch Halt und Orientierung. Ein Motto wie „Ohne Energiespeicher keine Energiewende“ verdeutlicht unsere Verknüpfung mit dem Thema. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Teamgefühl. Bei uns herrscht ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, das uns dabei unterstützt, auch große Herausforderungen zu bewältigen. Sachthemen lassen sich in der Regel lösen, aber wenn ein Team nicht zusammenarbeitet oder sich spaltet, wird die Lösung zu einer Mammutaufgabe. Deshalb ist es entscheidend, sowohl Flexibilität als auch Stabilität zu wahren. In der Praxis bedeutet dies auch, ein hohes Maß an Vertrauen auszustrahlen, um den Mitarbeitern die notwendige Freiheit zu geben. Vertrauen in die Menschen und das Team ist grundlegend, um eine solche Dynamik zu ermöglichen. Bezogen auf unseren Unternehmenszweck und das Team haben wir auch ein Leitbild formuliert. Dabei haben wir uns mit dem Thema „Vision, Mission und Werte“ auseinandergesetzt. Unter anderem haben wir so unsere Werte in fünf Aussagen aggregiert: Wir sind flexibel, wertschöpfend, nachhaltig, partnerschaftlich und zuverlässig. Ehrlich gesagt war dies nichts Neues, es war bereits in unserem Unternehmen vorhanden. Wir haben es lediglich schriftlich festgehalten. Dennoch hat es dazu geführt, dass wir es uns selbst, unseren Kunden und Partnern immer wieder bewusst machen. Wir möchten uns daran ausrichten. PERSONALquarterly: Das ist wirklich interessant, insbesondere in Bezug auf flache Hierarchien und das starke Team. Gab es spezifische Maßnahmen, die ihr implementiert habt, oder ist das einfach graduell mit dem Wachstum des Unternehmens geschehen, basierend auf dem kommunizierten Purpose in Mission und Vision? Boris Langerbein: Ja, das ist eine wichtige Erkenntnis, dass es sich nicht einfach von oben verordnen lässt. Es geht ein Stück weit um die Kultur und DNA des Unternehmens. Das ist ein interessantes Learning. Ich konnte einen Rahmen und Akzente setzen und Anreize geben, aber letztendlich musste die Kultur sich entwickeln. Es war wichtig, den Raum dafür zu ermöglichen und regelmäßig gemeinsam zusammenzukomEine Kultur der Selbstbestimmung? Das Interview mit Boris Langerbein führte Frederic-Alexander Starmann
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==