35 04 / 23 PERSONALquarterly aktivitätsbasierte Umgebung damit vergleichen, sich in kleinere Büros zurückziehen zu können. So zeigen etliche Studien auf, dass aufkommende Ablenkungen durch das aktivitätsbasierte Design zu negativem Stress, Irritation, Ermüdung und Konzentrationsschwierigkeiten führen können – und somit zu einer höheren mentalen Belastung (Kim/Dear, 2013). Dies kann sich gleichermaßen in schlechterer Gesundheit (Bodin Danielsson et al., 2014) sowie in verringerter Produktivität (Coradi et al., 2015; Bodin Danielsson/Theorell, 2019) im Vergleich zum Ein- bis Zweipersonenbüro ausprägen. So zeigen bspw. Coradi et al. (2015), dass 62 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in aktivitätsbasierten Büros sich an stressreichen Tagen dafür entscheiden, von zu Hause aus zu arbeiten, um produktiver zu sein. Weiterhin wird stark diskutiert, welche Rolle die Personalisierung von Arbeitsplätzen für das Wohlbefinden der Mitarbeiter spielt. So sind konventionelle Büros meist mit festen, persönlichen Arbeitsplätzen verbunden, während aktivitätsbasierte Büros flexible, buchbare Arbeitsstationen bieten. Die bisherige Forschung ist sich aktuell nicht einig, tendiert jedoch zu einem negativeren Produktivitäts- und Gesundheitsbild in aktivitätsbasierten Umgebungen im Vergleich zu konventionellen Büros, größtenteils aufgrund der fehlenden Rückzugs- und Personalisierungsmöglichkeiten (Kaarlela-Tuomaala et al., 2009; Haapakangas et al., 2018). Die bestehende empirische Forschungslage ist deutlich optimistischer, wenn wir uns den Zusammenhang von physischer Arbeitsumgebung und Interaktion anschauen. Zellulare Büros sind zwar gut für ungestörtes und individuelles Arbeiten geeignet und erlauben es den Mitarbeitern, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren. Allerdings unterstützen diese nicht die Kommunikation und Interaktion zwischen Kollegen (Kaarlela-Tuomaala et al., 2009). Eismann et al. (2022) finden in ihren Interviews Indikatoren dafür, dass in aktivitätsbasierten Umgebungen die Häufigkeit von formeller und informeller Interaktion gesteigert werden kann. Konkret zeigen bisherige Studien, dass physische Annäherung und Sichtbarkeit den Austausch von Informationen (z. B. Coradi et al., 2015), direkte Kommunikation in Teams (Rolfö, 2018) und soziale Beziehungen (Brennan et al., 2002) positiv beeinflussen. Engelen et al. (2019) kommen daher in ihrer Review zu dem Schluss, dass es sich größtenteils um positive Effekte von aktivitätsbasiertem Arbeiten auf Kommunikation und Interaktion handelt. Im Kontrast dazu richtet die aktuellere Literaturübersicht von Masoudinejad and Veitch (2023) den Blick darauf, dass aktivitätsbasierte Umgebungen im Vergleich zu zellulären Büros mit weniger sozialer Unterstützung von Kollegen und Führungskräften einhergehen können. Auch hier scheinen sich die untersuchten Fälle stark zu unterscheiden. Bisherige Studien basieren meist auf einem Vergleich zwischen einem zuvor zellulären Design des Arbeitsplatzes, das sich dann über die Zeit zu einem aktivitätsbasierten Büro verändert. Eine Problematik ist hier, dass sich die Definition von „im Büro arbeiten“ über die letzten Jahre stark verändert hat. Bis auf McElroy and Morrow (2010) sind jedoch Studien, die sich tatsächlich quasi-experimentell mit den Unterschieden je Bürokonzept beschäftigen, rar. Zusätzlich ist die Ausgangssituation in der aktuellen post-pandemischen Situation deutlich anders als zuvor: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wechseln nicht von einem Büro in das andere, sondern vom Homeoffice zurück ins Büro. Unsere Studie adressiert genau diesen neuartigen Wechsel und die Implikationen für individuelle Gesundheit, Produktivität und soziale Interaktionen. Methode In unserer Studie werden zwei Gruppen eines deutschen Finanzdienstleisters in ihrem Wechsel von mobiler Arbeit zu hybrider Arbeit in unterschiedlichen Büroumgebungen verglichen. Um ein solches quasi-experimentelles Design zu erreichen, wurden die beiden Gruppen innerhalb des Unternehmens explizit anhand vergleichbarer Aufgaben ausgewählt. Es handelt sich hierbei um Tätigkeiten wie Anträge, schriftliche und telefonische Beratung und die Problemlösung interner IT-Prozesse. Die Daten wurden in zwei Online-Befragungswellen gesammelt: während des mobilen Arbeitens im Juni 2021 und zehn Monate später im hybriden Arbeitsumfeld im April 2022. Insgesamt wurden 286 Personen zu ihrer Produktivität, Gesundheit und sozialen Interaktionen mit dem Team sowie der Führungskraft befragt, wovon 125 zur Versuchsgruppe und 138 zur Kontrollgruppe zählten. Die ABSTRACT Forschungsfrage: Inwiefern verändern sich bei der Rückkehr von mobiler Arbeit in konventionelle und aktivitätsbasierte Büros wahrgenommene Gesundheit, Produktivität und Interaktionen? Methodik: 286 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Finanzdienstleisters wurden zu ihrem Wechsel von mobiler zu hybrider Arbeit befragt. Dabei erwartete die Versuchsgruppe ein aktivitätsbasiertes Büro und die Kontrollgruppe Ein- bis Zweipersonenbüros. Praktische Implikationen: Als Meeting Hub für Interaktion eignet sich das aktivitätsbasierte Büro, für konzentrierte Arbeit hat das konventionelle Büro weiterhin Vorteile.
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