23 04 / 23 PERSONALquarterly können. Da Werte verhaltenssteuernde Konsequenzen haben und gleichzeitig erfasst werden können, konzentrieren wir uns in diesem Artikel auf die Ebene der Werte. Was ist eine Organisationskultur für psychologisches Empowerment? Schneider et al. (2013, S. 377) fordern zu Recht für die Definition und Messung von Organisationskulturen einen strategischen Fokus. Es wird also eine Kultur „für etwas“ („a culture for something“) verlangt. In unserem Fall handelt es sich um die Kultur für psychologisches Empowerment. Nach Spreitzer (1995) setzt sich psychologisches Empowerment aus vier Wahrnehmungen der Arbeitsrolle zusammen. Es handelt sich um das Erleben von Sinn (Bedeutsamkeit), Selbstbestimmung, Einfluss (Macht) und Kompetenz während der Arbeit. Die Metaanalyse von Seibert et al. (2011) zeigt viele günstige Konsequenzen von psychologischem Empowerment. Bspw. hängt psychologisches Empowerment mit mehr Arbeitszufriedenheit, Bindung und Leistung, aber auch weniger Stress und Fluktuationsabsichten zusammen. Eigene Studien zeigen Zusammenhänge mit dem Flow-Erleben, Innovationsverhalten, weniger Depressionsneigung und einen verspäteten Renteneintritt (siehe für eine Übersicht Schermuly, 2021). Im jährlich durchgeführten New-Work-Barometer (vgl. z. B. Schermuly/Meifert, 2022) wird psychologisches Empowerment von einer Mehrheit der 500 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter als Zielsetzung von New Work akzeptiert. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die vier Dimensionen von Empowerment starke Überschneidungen mit dem Ideenwerk des Philosophen Frithjof Bergmann besitzen. Bergmann hat den Begriff New Work im 20. Jahrhundert in die Literatur eingeführt und geprägt. Er wollte Menschen vom Taylorismus und sogar von der Lohnarbeit befreien. Stattdessen sollten sie selbstbestimmt arbeiten und die Arbeit finden, die „sie wirklich, wirklich wollen“ (Bergmann, 2017). Nach Schermuly et al. (2022) umfasst eine Kultur für psychologisches Empowerment die gemeinsame Wertschätzung in der Organisation für die Erfahrungen von Sinn, Kompetenz, Selbstbestimmung und Einfluss der Mitarbeitenden während der Arbeit und wie diese Dimensionen bei der Führung und Organisation des Unternehmens respektiert werden. Werte für Bedeutung sind Überzeugungen darüber, wie wichtig es ist, dass Mitarbeitende während ihres Arbeitstags Sinn erfahren. Beispiele hierfür sind u. a.: Hat sinnvolle Arbeit Priorität in der Organisation? Darf oder sogar soll die Arbeit Spaß machen oder muss sie wehtun? Die Dimension Selbstbestimmung zielt auf die organisatorischen Werte für autonomes Arbeiten ab. Hat selbstbestimmtes Arbeiten einen hohen Stellenwert in der Organisation? Wird den Mitarbeitenden Unterstützung gewährt, wenn sie selbstbestimmt arbeiten möchten, oder werden sie stattdessen engmaschig kontrolliert? Kompetenzwerte sind die gemeinsamen Überzeugungen, wie wesentlich es ist, dass Menschen viel Selbstwirksamkeit am Arbeitsplatz erleben dürfen. Beispiele hierfür sind: Dürfen Mitarbeitende kompetenter als ihre Führungskräfte werden? Werden die Mitarbeiter ermutigt, ihre Fähigkeiten im Unternehmen zu entwickeln? Die letzte Dimension deckt die Werte für Einfluss ab. Hier geht es darum, wie mächtig Mitarbeitende werden und wie stark sie Einfluss ausüben dürfen. Ist Macht nur für Führungskräfte reserviert oder dürfen auch Mitarbeitende mächtig sein? (Schermuly et al., 2022). Viele Maßnahmen wie Selbstorganisation, agile Projektarbeit, geteilte Führung oder Holokratie, die in Deutschland unter New Work verstanden werden (vgl. Schermuly/Meifert, 2022), tragen implizit oder explizit demokratische und dezentrale Werte in sich. Deswegen postulieren wir, dass eine Kultur für Empowerment für diese besonders wichtig ist und bei New-Work-Transformationen besondere Berücksichtigung erfahren sollte. Das Instrument Measuring Psychological Empowerment Culture (IMPEC) Wenn für New Work und Empowerment ein günstiges kulturelles Umfeld geschaffen werden soll, bietet es sich in einem ersten Schritt an, die Ausprägung der Empowerment-Werte in der Organisation sichtbar zu machen. Nur wer die Normen und Werte und ihre Ausprägungen kennt, kann diese unter Umständen verändern. Diese Analyse kann mit einem normorientierten Fragebogeninstrument geschehen, was reliabel und valide ist und die Ausprägung der eigenen Werte in der Organisation mit vielen anderen Organisationen vergleicht. So kann z. B. untersucht werden, wo in der Organisation im Vergleich zur Referenzpopulation hohe oder auch niedrige Werte für Sinn, Selbstbestimmung, EinABSTRACT Forschungsfrage: In vielen Methoden, die in Deutschland unter New Work verstanden werden, finden sich partizipative und demokratische Ansätze. Wir postulieren, dass diese Methoden nicht nur fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch eine Kultur für psychologisches Empowerment benötigen. Methodik: Wir stellen das Instrument Measuring Psychological Empowerment Culture vor und zeigen, wie es in vier Studien entwickelt wurde. Praktische Implikationen: Mit dem Instrument können kulturelle Voraussetzungen für New Work gemessen und vor der Implementierung von Methoden gezielter bearbeitet werden.
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