15 04 / 23 PERSONALquarterly Schließlich hat sich die Forschung mit der Frage beschäftigt, wie effektives Führungsverhalten im Multiteaming-Kontext aussehen kann. Eine entsprechende Studie von Chen und Kollegen (2019) konnte in mehreren Stichproben konsistent zeigen, dass es von zentraler Bedeutung ist, (a) die Bedeutsamkeit der Teamaufgaben für das Gesamtunternehmen zu betonen, (b) Mitarbeitende aktiv in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, (c) Zuversicht in das Potenzial der Mitarbeitenden zu vermitteln und (d) Autonomie zu fördern – sprich einen empowernden Führungsstil zu prägen. Multiteamer, die von ihrer Führungskraft aktiv empowert wurden, berichteten u. a. ein größeres Sinnerleben und Kompetenzgefühl in ihrer Arbeit, was sich anschließend in einem höheren Maß an proaktivem Verhalten äußerte. Spannend ist hierbei, dass sich die positive Wirkung einer empowernden Führungskraft eines Teams nicht auf dieses Team beschränkte, sondern auch das proaktive Verhalten eines Multiteamers in anderen Teams positiv beeinflusste – ein sog. Spill-over-Effekt. To multiteam or not to multiteam? Zentrale Implikationen für die Unternehmenspraxis Die neue Arbeitswelt bedeutet neben Homeoffice oder flexiblen Arbeitszeiten für viele Mitarbeitende auch, in einer stetig wachsenden Anzahl an Teams gleichzeitig zu arbeiten. Multiteaming ist bereits heute in vielen Unternehmen eher Regel denn Ausnahme – man denke nur an die zahlreichen Projektteams, Change-Initiativen und Skill Groups, die neben dem eigentlichen Kernteam zunehmend Zeit erfordern. Der Großteil der Unternehmen kann es sich aus Wettbewerbsgründen, aber auch angesichts des Fachkräftemangels schlicht nicht leisten, auf die positiven Effekte von Multiteaming (das heißt stärkerer Wissenstransfer zwischen Teams und erhöhte Ressourceneffizienz) zu verzichten. Folglich gilt es, für Unternehmen, Teams und Mitarbeitende Wege zu finden, Multiteaming-Strukturen möglichst effektiv zu gestalten und gleichzeitig die Gesundheit der einzelnen Arbeitskraft nicht außer Acht zu lassen. Im Sinne des evidenzbasierten Managements soll der vorhergehende Literaturüberblick genutzt werden, um die jeweils drei zentralen „Dos & Don’ts“ des Multiteaming abzuleiten. 1. Do: Multiteaming messbar machen Die Forschung zeigt, dass der Großteil der Unternehmen nicht weiß, inwiefern die eigenen Mitarbeitenden in mehreren Teams gleichzeitig arbeiten. Dies ist verwunderlich, da Mitarbeitende und ihr Wissen immer mehr zum zentralen Wettbewerbsfaktor werden und ein systematisches People-Management ohne Informationen über deren tatsächlichen Arbeitsalltag schlicht unmöglich scheint. Gemäß der Regel „what gets measured, gets managed“ lautet daher die Empfehlung, Multiteaming messbar zu machen. Dies kann zentral (z. B. über HRP-Systeme) oder dezentral (z. B. über Self-Rostering) geschehen und wird in zahlreichen Unternehmen schon erfolgreich praktiziert. Idealerweise erfasst eine solche Messung alle Dimensionen des Multiteaming (vgl. Abb. 1) und wird durch HR Analytics mit Leistungs- und Gesundheitsdaten verknüpft. 2. Do: Teamanzahl begrenzen Arbeiten Mitarbeitende in zu vielen Teams, steigt die Burn-outGefahr und die positive Leistungswirkung von Multiteaming schwindet zunehmend. Insbesondere für Berufseinsteiger und Mitarbeitende mit geringer Unternehmenserfahrung sollte daher die Zahl der Teammitgliedschaften begrenzt werden. Zudem gilt es, aktiv den Dialog mit Mitarbeitenden zu suchen und diese nach ihren persönlichen Präferenzen zu befragen. Ein international agierendes Unternehmen der Mobilitätsbranche beschränkt bspw. die Anzahl der parallelen Teams für Neueinsteiger auf zwei und für erfahrene Mitarbeitende und Führungskräfte auf drei Teammitgliedschaften. 3. Do: Proaktivität durch Empowerment fördern Proaktives Verhalten ist Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten über Teamgrenzen hinweg, da nur der Mitarbeitende selbst abschließend verstehen kann, wann welches Team ihre/seine Aufmerksamkeit erfordert. Multiteaming kann daher nur gelingen, wenn Führungskräfte ihre Mitarbeitenden aktiv empowern und umgekehrt die Mitarbeitenden auch mit den erhöhten Freiheitsgraden umgehen können. 1. Don‘t: Einseitige Humanressourcen-Logik verfolgen Die Forschung zeigt konsistent auf, dass Multiteaming je nach Perspektive (Individuum, Team, Organisation) fundamental unterschiedliche Wirkmechanismen entfaltet. Vor diesem Hintergrund ist eine einseitige, rein betriebswirtschaftlich getriebene Humanressourcen-Logik bei Staffing-Entscheidungen zu vermeiden. Vielmehr sollte das Streben nach Effizienz mit Wohlbefinden und Rollenklarheit von Mitarbeitenden in Einklang gebracht werden. Letztlich beeinflusst dies auch die Leistung positiv. 2. Don‘t: Bonus an Teamleistung knüpfen Trotz der oft positiven Wirkung von Teamboni sind diese in Multiteaming-Strukturen zu meiden. Das Problem ist, dass Multiteamer dazu ermutigt werden, ihren Fokus auf das Team zu legen, in dem der größte Bonus erzielt werden kann. Dies geht oft jedoch zulasten anderer Teams der Mitarbeitenden und ist somit nicht im Einklang mit dem gesamtunternehmerischen Interesse. Alternativ sollte der Fokus daher auf Anreize gelegt werden, die an den Unternehmenserfolg gekoppelt sind. 3. Don‘t: Beim Teambuilding sparen Teambuilding ist seit Jahrzehnten eine zentrale Empfehlung der Teamforschung. Auf den ersten Blick mag dieses Don’t
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