Personal Quarterly 3/2022

49 03 / 22 PERSONALquarterly Die daran anschließende empirische Forschung hat sich allerdings dominant am Job-Demands-Resources-Modell ausgerichtet, fokussiert auf Charakteristika der Arbeitsplätze und Beziehungen und lässt die kognitiven Prozesse weitgehend außen vor. Übergreifend werden zwei unterschiedliche Stoßrichtungen unterschieden: 1. Promotion-focused Job Crafting ist wachstumsorientiert, indem zusätzliche Aufgaben oder Ressourcen generiert werden. Die Initiativen zielen auf die Befriedigung von Wachstums-, Entwicklungs- oder Beförderungsbedürfnissen. 2. Prevention-focused Job Crafting ist hingegen vermeidungsorientiert, also defensiv auf die Vermeidung oder Beseitigung von Anforderungen bezogen, die als negativ empfunden werden. Wissenschaftlich entwickelte Fragebögen liegen sowohl international (Tims et al., 2012) als auch für Deutschland (Lichtenthaler/Fischbach, 2016) vor. Das Gesamtkonstrukt setzt sich im Wesentlichen aus drei Faktoren zusammen (Rudolph et al., 2017, S. 122): Erweiterung der strukturellen Ressourcen, Erweiterung der sozialen Ressourcen, Erweiterung herausfordernder Arbeitsinhalte. Mit strukturellen Ressourcen ist bspw. die Ausweitung der eigenen Entscheidungsspielräume gemeint. Soziale Ressource bezieht sich auf die aktive Ausdehnung der Zusammenarbeit mit anderen Kollegen oder Netzwerken. Die freiwillige Übernahme von herausfordernden Projekttätigkeiten ist ein Beispiel für die Erweiterung um neue Arbeitsinhalte. Auswirkungen von Job Crafting auf Arbeitsleistung und weitere Erfolgsgrößen In einer Metaanalyse untersuchen Cort W. Rudolph und Kollegen (2017) die Einflussfaktoren auf und die Auswirkungen von Job Crafting auf Basis von insgesamt 122 Einzeluntersuchungen mit insgesamt 35.670 Beschäftigten. Es zeigt sich ein mittelstarker Zusammenhang mit der selbst bewerteten Arbeitsleistung (r=0,27). Der Effekt ist etwas schwächer, wenn die Bewertung durch Kollegen erfolgt (r=0,18). Zudem besteht ein positiver Zusammenhang mit Arbeitszufriedenheit (r=0,29) und Engagement (0,45), überraschenderweise bleibt der Zusammenhang mit Kündigungsneigung insignifikant (vgl. Abb. 1). Auswirkungen von wachstums- oder vermeidungsorientiertem Job Crafting In der Darstellung des Konstrukts wurde bereits auf die Unterscheidung in wachstumsorientierte (promotion-oriented) oder vermeidungsorientierte (prevention-oriented) Job-Crafting-Aktivitäten hingewiesen. Philipp W. Lichtenthaler und Andreas Fischbach (2018) untersuchen mithilfe dieser Differenzierung die Auswirkungen von Job Crafting. Promotion- focused Job Crafting ist positiv mit Arbeitsleistung (r=0,24) und Engagement (r=0,39) verbunden. Prevention-focused Job Crafting weist keinen signifikanten Zusammenhang zu Arbeitsleistung und einen schwach negativen Zusammenhang mit Engagement auf (r=-0,08). Diese differenzierten Ergebnisse zeigen, dass Job Crafting nicht generell vorteilhaft ist, sondern Unternehmen genau unterscheiden müssen, ob Beschäftigte ihre Gestaltungsmöglichkeiten wachstumsorientiert oder vermeidungsorientiert nutzen. Die Vermeidungsstrategie sollte nicht unterstützt werden, da sie tendenziell für ein geringeres Engagement stehen kann. Bezüglich der Job-Crafting-Aktivitäten nutzen Cort W. Rudolph und Kollegen die weitergehende Differenzierung zwischen (1) der Erweiterung struktureller Ressourcen, (2) der Erweiterung sozialer Ressourcen und (3) der Erweiterung um herausfordernde Aufgaben (Tims/Bakker, 2010). Übergreifend zeigen sich durchgängig positive Effekte aller drei Dimensionen auf personalwirtschaftliche Erfolgsgrößen, wobei die strukturelle Dimension den stärksten Effekt aufweist (ausgewählte Ergebnisse vgl. Abb. 2). Die Ergebnisse dieser Metaanalyse basieren auf Einzelstudien im Querschnittdesign mithilfe von Befragungen, das heißt, die Variablen werden zeitgleich erhoben und beruhen auf subjektiver Wahrnehmung. Dadurch kann es zu Ergebnisverzerrungen kommen und insbesondere ist auf der Basis von Querschnittsdaten grundsätzlich keine kausale Interpretation der Ergebnisse möglich. Bezüglich des Themas Job Crafting ist über diese gene0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 Abb. 2: Einfluss von Job Crafting (differenziert) auf Erfolgsgrößen Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Rudolph et al. (2017, S. 126); dargestellt ist die korrigierte Korrelation. Strukturell Sozial Herausfordernde Aufgaben Strukturell Sozial Herausfordernde Aufgaben Strukturell Sozial Herausfordernde Aufgaben Arbeitsleistung (Selbsteinschätzung) Engagement 0,40 0,59 0,40 0,13 0,35 0,25 0,31 0,45 0,31 Arbeitszufriedenheit

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