46 PERSONALquarterly 03 / 22 NEUE FORSCHUNG_ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT menhang deutlich, dass ein signifikanter Unterschied besteht zwischen einer Anzeige ohne Hinweis auf Frauenförderung und einer Anzeige mit Hinweis sowie Verweis auf eine weibliche Topmanagerin. Ein solcher Unterschied existiert jedoch nicht zwischen einer Anzeige ohne und einer mit Hinweis auf Frauenförderung. Hypothese 1 kann somit bestätigt werden. Ebenso wird Hypothese 2 bestätigt. Es zeigt sich nämlich eine signifikante Interaktion zwischen Stellenanzeige und Geschlecht. In der Gesamtschau lässt sich somit festhalten, dass die Wirkung von Stellenanzeigen auf die Arbeitgeberattraktivität dann besonders wirksam ist, wenn nicht nur mit Frauenförderung geworben wird, sondern wenn zusätzlich auf eine weibliche Topmanagerin verwiesen werden kann. Dieser Effekt wirkt stärker auf Frauen als auf Männer. Darüber hinaus lässt sich erkennen, dass solche Anzeigen keine Wirkung auf Männer auszuüben scheinen. Zur Überprüfung von Hypothese 3 wurden die weiblichen Probanden mithilfe eines Median-Splits in zwei Gruppen aufgeteilt, eine mit hoher und einer mit relativ niedriger Selbstwirksamkeitserwartung. Abbildung 2 kann entnommen werden, dass die Stellenanzeigenvariante mit der Selbstwirksamkeitserwartung der untersuchten Frauen interagiert. Somit kann Hypothese 3 bestätigt werden. Es zeigt sich zudem, dass von dem Haupteffekt der Selbstwirksamkeitserwartung eine signifikante und starke Wirkung auf die Arbeitgeberattraktivität auszugehen scheint. Bei detaillierter Betrachtung zeigt sich zudem, dass bei Frauen mit hoher Selbstwirksamkeit die Erwähnung des Frauenförderprogramms (noch) nicht zu einer höheren wahrgenommenen Arbeitgeberattraktivität führt. Dieser Effekt ist erst dann zu beobachten, wenn der zusätzliche Verweis auf die Topmanagerin vorliegt. Bei Frauen mit niedriger Selbstwirksamkeit hat das Frauenförderprogramm bereits einen Effekt, der interessanterweise aber durch den zusätzlichen Verweis auf die Topmanagerin konterkariert oder „unterdrückt“ wird. Diskussion Bisherige Studien haben bereits gezeigt, dass Anzeigen mit dem Verweis auf Frauenförderprogramme vor allem weibliche Kandidaten ansprechen. Die Ergebnisse des vorliegenden Experiments erweitern diesen Forschungsstand. Werden in solchen Anzeigen gezielt weibliche Topmanagerinnen als Vorbilder eingebunden, kann die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität sogar noch gesteigert werden. Anscheinend gewinnt die Botschaft einer ernst gemeinten Frauenförderung dadurch noch an Glaubwürdigkeit. Allerdings wirken diese weiblichen Vorbilder nicht auf alle Frauen gleichermaßen. Das psychologische Merkmal der Selbstwirksamkeitserwartung beeinflusst den Zusammenhang. Frauen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung scheinen sich durch Förderprogramme und weibliche Vorbilder im Topmanagement wesentlich stärker angesprochen zu fühlen als Frauen mit niedriger Selbstwirksamkeitserwartung. Das experimentelle Untersuchungsdesign ermöglicht es, Störfaktoren sehr gut zu minimieren. Die Ergebnisse liefern so einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung des aktuellen Forschungsstands. Experimente sind häufig der (pauschalen) Kritik ausgesetzt, dass ihre Ergebnisse lediglich unter „Laborbedingungen“ replizierbar und nicht oder nur ansatzweise auf die Praxis übertragbar sind. Dieser Kritik kann jedoch entgegengehalten werden, dass für dieses Experiment eine echte Stellenanzeige als Vorlage diente und ausschließlich Studienteilnehmer/-innen diese betrachteten, die auch eine reale Zielgruppe darstellten. Der Vorwurf einer möglicherweise zu geringen externen Validität, das heißt Übertragbarkeit auf die unternehmerische Praxis, kann somit entkräftet werden. Allerdings weist das verwendete Forschungsdesign auch Limitationen auf. Die Teilnahme an der Studie erfolgte zwar freiwillig und anonym, aber von einer Zufallsauswahl der Probanden kann nicht gesprochen werden. In der Regel nehmen nur solche Personen teil, die solchen Untersuchungen offen gegenüberstehen und Interesse an der Thematik haben. Dies könnte einen Selbstselektionseffekt zur Folge gehabt haben. Wir wissen bspw. auch nicht, inwieweit die Ergebnisse auf weitere Zielgruppen übertragbar sind oder welche weiteren psychologischen Personenmerkmale die Wahrnehmung der Arbeitgeberattraktivität beeinflussen, da dies nicht Bestandteil der Untersuchung war. Vorstellbar wäre, dass insbesondere motivationale Faktoren (z. B. Führungsmotivation, Leistungsmotivation) einen ähnlichen Effekt auslösen. Insofern scheinen weitergehende Studien angebracht, um unser Wissen um die gezielte Ansprache von Frauen zu erweitern.
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