Personal Quarterly 3/2022

42 PERSONALquarterly 03 / 22 NEUE FORSCHUNG_ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT Mädchen haben in der Schule die besseren Noten, machen öfter Abitur und beginnen häufiger ein Studium als gleichaltrige Jungen. Der Anteil von Frauen in Fächern, die von Unternehmen stark nachgefragt sind, steigt stetig an. In der BWL bspw. ist das Verhältnis mittlerweile beinahe ausgeglichen, in den stark nachgefragten MINT-Fächern liegt der Frauenanteil aktuell bei immerhin rund 30 % (Destatis, 2021). Blickt man jedoch auf Führungspositionen in Unternehmen, so sind diese weit überwiegend mit Männern besetzt. Um dies zu ändern, hat die Politik in den letzten Jahren verschiedene Gesetze erlassen. Zu erwähnen ist vor allem das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen (FüPoG). Das im Jahr 2015 verabschiedete Gesetz besagt, dass Frauen und Männer das gleiche Recht auf eine Führungsposition haben. Im Januar 2016 trat dann bundesweit das Gesetz für eine Frauenquote für Aufsichtsräte deutscher Unternehmen in Kraft. Demzufolge muss gemäß §96 Abs. 2 des Aktiengesetzes der Aufsichtsrat zu mindestens 30 % mit Frauen besetzt sein. Anfang des Jahres 2021 hat die deutsche Bundesregierung zudem eine Frauenquote für Vorstandsmitglieder beschlossen. Das neue Gesetz soll festlegen, dass bei einem Vorstand ab drei Mitgliedern ein Mitglied eine Frau sein muss. Trotz all dieser Bemühungen lässt sich dennoch nur eine geringe Dynamik bei dem Anteil an Frauen in Führungspositionen ausmachen. Um dies zukünftig zu ändern, setzen Unternehmen verstärkt auf gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen zur Förderung weiblicher (Nachwuchs-)Führungskräfte, u. a. in Form von Seminaren, Coachings oder Mentoring. Der Anteil an Frauen in der Belegschaft ist in manchen Unternehmen jedoch sehr gering. Eine größere Zahl an Führungspositionen lediglich durch interne Besetzungen zu erreichen, scheint auch unter Zuhilfenahme gezielter Personalentwicklungsmaßnahmen fraglich. Entsprechend bedarf es vermehrt Anstrengungen, um qualifizierte Frauen gezielt auf dem Arbeitsmarkt anzusprechen und zu einer Bewerbung zu bewegen. Unternehmen, die als attraktiv wahrgenommen werden, haben in diesem „War for Female Talent“ bessere Chancen. Der Arbeitgeberattraktivität kommt in diesem Kontext eine zentrale Bedeutung zu. Personalgewinnung von Frauen und die Bedeutung weiblicher Vorbilder Von Prof. Dr. Stephan Weinert (Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen) Die Arbeitgeberattraktivität wird durch die sog. Candidate Journey beeinflusst. Darunter versteht man den Weg, den Kandidaten vom ersten Kontakt bis hin zur Vertragsunterschrift zurücklegen. Auf dieser „Reise“ kommen sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kontakt mit dem potenziellen Arbeitgeber. Ein zentraler „Touchpoint“ zu Beginn der Candidate Journey stellt die Stellenanzeige dar. Denn ihre Wahrnehmung entscheidet darüber, ob Kandidaten ihre Bewerbungsabsicht weiterverfolgen. Verschiedene Aspekte der Gestaltung von Stellenanzeigen wurden bereits untersucht. Manche Studien stellen dabei die Wirkung ästhetisch-gestalterischer Merkmale in den Mittelpunkt, z. B. Schrifttyp, Farbgebung oder Bilder (Walker et al., 2008). Andere untersuchen inhaltliche Aspekte wie die Menge und die Spezifität der Informationen (Acarlar/Bilgic, 2013). In Bezug auf die gezielte Ansprache von Frauen wurde der Frage nachgegangen, inwieweit die Nennung von genderspezifischen (stereotypischen) Eigenschaften, die Begriffe wie „Teamorientierung“, „Leistungsbereitschaft“ und „Kommunikationsfähigkeit“ widerspiegeln, die Reaktion der Bewerberinnen und Bewerber beeinflusst und ob dabei Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu erkennen sind. Zudem wurde die Wirkung von Aussagen zu Gender Diversity fördernden Maßnahmen wie „Diversity Management“, „Work-Life-Balance“ oder „Frauenförderung“ in Stellenanzeigen analysiert. Ihre positive Wirkung auf die Arbeitgeberattraktivität konnte bestätigt werden (Göddertz/Isidor/Wehner, 2016). Aus dem Marketing wissen wir, dass zentrale Aussagen in Werbebotschaften eine größere Wirkung erzielen können, wenn sie durch Markenbotschafter (engl. brand ambassador) kommuniziert werden. Übertragen auf die Gestaltung von Stellenanzeigen stellt sich die Frage, ob Unternehmen ihre wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität noch weiter steigern können, wenn sie nicht nur mit Programmen zur Frauenförderung werben, sondern wenn Frauen auch nachweislich eine Topmanagementposition im Unternehmen bekleiden. Bislang liegen hierzu kaum empirische Erkenntnisse vor. Weiterhin erscheint es lohnenswert, der Frage nachzugehen, inwiefern der Zusammenhang zwischen Stellenanzeige mit/ohne Topmanagerin als Vorbildfunktion und der wahrgenommenen Arbeitgeberattraktivität beeinflusst wird durch die Selbstwirksamkeitserwartung der Kandidatinnen. Die Befund-

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==