34 PERSONALquarterly 03 / 22 NEUE FORSCHUNG_REKRUTIERUNG An Hochschulen existiert ein wertvoller Talentpool, über den Unternehmen mehr wissen als über initiale Bewerbungen aus dem Arbeitsmarkt. Vor allem aktuell im Studium befindliche ehemalige Praktikanten und Auszubildende, die die Unternehmen bereits kennen, sind attraktiv. Denn wenn es gelingt, die Verbundenheit der Studierenden zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber während des weiteren Studiums aufrechtzuerhalten, können diese bei Bedarf nach Studienabschluss wiedergewonnen werden. Die aktuelle Managementforschung hat die Bedeutung ehemaliger Mitarbeitenden unter dem Stichwort „Boomerang Employees“ in den Blick genommen (Shipp et al., 2014; Snyder et al., 2021). Diese zeigt, dass Unternehmen ehemalige Mitarbeitende wieder einstellen, um Investitionen aus der erstmaligen Beschäftigung zurückzugewinnen und die zusätzlichen Qualifikationen zu nutzen, die die Mitarbeitenden während ihrer Zeit außerhalb des Unternehmens gewonnen haben. Eine Voraussetzung hierfür ist, dass Organisationen den Kontakt mit ihren ehemaligen Mitarbeitenden halten und diese zu einem späteren Zeitpunkt auch zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückkehren möchten. In Anlehnung an dieses Konzept der „Boomerang Employees“ lassen sich studierende ehemalige Praktikanten und Auszubildende, die später wieder im Unternehmen beschäftigt werden, als „Boomerang Students“ bezeichnen. Beide Personengruppen haben Berufserfahrung in einem Unternehmen gewonnen, dieses aber für ein Studium verlassen. Das Studium ist von vornherein zeitlich limitiert; so ist eine spätere Stellensuche absehbar. Die Wiederbeschäftigung ehemaliger Praktikanten und Auszubildender wird somit zu einer besonders attraktiven Rekrutierungsstrategie. Zudem können Ehemalige als Multiplikatoren positiv über das Unternehmen berichten und so die Rekrutierung weiterer Talente unterstützen. Der Beitrag zeigt Gestaltungsmöglichkeiten für das Personalmanagement, mit denen die Verbundenheit Studierender zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber aufrechterhalten und somit die Bereitschaft gesteigert wird, zu diesem zurückzukehren bzw. positiv über ihn zu berichten. Bedeutsamkeit ehemaliger Praktikanten und Auszubildender Die gegenwärtige und auch zukünftig prognostizierte Entwicklung des Arbeitsmarkts erhöht die Attraktivität junger „Boomerang Students“: Rückgewinnung ehemaliger Praktikanten und Auszubildender Von Prof. Dr. Carina Braun und Prof. Dr. Ludwig Voußem (OTH Regensburg) Fachkräfte – und zwingt Unternehmen zunehmend, aktiv an Hochschulen nach Talenten zu suchen. Unternehmen versuchen daher gezielt, Talente im Kreis der Studierenden zu identifizieren. Von besonderer Bedeutung sind hierzu Kontakte mit den Studierenden im Rahmen einer Beschäftigung in Unternehmen. Vor allem mittels Praktika investieren Unternehmen in Talente, um ihnen Einblicke in den Betrieb zu gewähren, Talente zu „spotten“ und diese frühzeitig an sich zu binden. Andere Studierende, insbesondere an Hochschulen für angewandte Wissenschaften, haben vor dem Studium bereits eine duale Berufsausbildung absolviert. Zwar besteht das originäre Ziel einer dualen Ausbildung aus Sicht der Unternehmen darin, eigene Fachkräfte für den Berufseinstieg zu qualifizieren. Doch immer wieder entscheiden sich junge Menschen dazu, nach der Ausbildung ein Studium anzuschließen und nicht direkt in den Arbeitsmarkt einzumünden (sog. „Additive Doppelqualifikation“, Edeling/Pilz, 2017). Während des Studiums ersetzt die in der Berufsausbildung gewonnene Berufserfahrung dann häufig längere Praktikumseinsätze und Praxissemester. Sowohl bei ehemaligen Praktikanten als auch bei ehemaligen Auszubildenden entstehen demnach Investitionen zum Zeitpunkt der Beschäftigung, die sich allerdings lohnen, wenn identifizierte Talente mit Abschluss des Studiums als „Boomerang Students“ zurückgewonnen werden. Denn basierend auf Stärken und Potenzialen, die im Rahmen von studentischen Tätigkeiten oder Ausbildung beobachtet wurden, können Unternehmen sehr bewusst entscheiden, ob sie Studierenden zu einem späteren Zeitpunkt eine Festanstellung anbieten wollen oder nicht (Zhao/Liden, 2011). Vorherige Beschäftigungsverhältnisse unterstützen außerdem die Selbstselektion von Bewerbern. Indem Unternehmen im Zuge einer Beschäftigung über sich selbst als Arbeitgeber und mögliche Stellenprofile im Betrieb informieren, und Praktikanten bzw. Auszubildende bereits Erfahrungen mit dem Unternehmen als Arbeitgeber machen, lernen sie selbst einzuschätzen, ob offene Stellen bzw. das Unternehmen für sie attraktiv sind und zu ihnen passen (Höft/Hell, 2007). Die gezielte Rückgewinnung von ehemaligen Praktikanten und Auszubildenden reduziert für Unternehmen somit Kosten in der Rekrutierung und beugt Fehlentscheidungen in der Per-
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