Personal Quarterly 3/2022

PERSONALquarterly 03 / 22 32 SCHWERPUNKT_HR-KOMMUNIKATION Spannungsfelder mit korrespondierenden Dimensionen. Nach Martin (2016) spannen die zwei Dimensionen ein Feld von vier Managementansätze für den Umgang mit KI-Tools, die Mitarbeiterdaten verarbeiten, auf (vgl. Abb. 1). Mitarbeiterkontrolle versus Managementkontrolle Die Befragten sind der Meinung, dass der Einsatz von KI-Tools zur Auswertung von Mitarbeiterdaten mehr den Managern als den Mitarbeitern zugute komme und sich so das Machtgefüge weiter Richtung Management verlagere. Sie hegen die größte Skepsis in Bezug auf die Möglichkeit, dass potenziell vorurteilsbehaftete KI-Algorithmen zur Bewertung ihrer Leistung eingesetzt werden, sie sanktionieren oder ihre berufliche Entwicklung behindern. Es zeigt sich jedoch auch, dass KI-Tools die Kontrolle durch Mitarbeiter fördern können. Einige Mitarbeiter interpretierten die algorithmische Bewertung als eine Möglichkeit, ihre Leistung ohne subjektive Einflussnahme und menschliche Voreingenommenheit zu zeigen, was ihnen mehr Kontrolle über ihr eigenes Fortkommen im Unternehmen ermöglicht. Zu den ethischen Herausforderungen von KI-Algorithmen gehören das Black-Box-Problem (also die Undurchsichtigkeit von Entscheidungen) und die sog. Datafication (also die Tendenz, alle Entscheidungen und Handlungen datengetrieben zu treffen). Ohne einen angemessenen Umgang mit diesen Problemen können Manager ihre Kontrolle auf Kosten der beruflichen Entwicklung und der Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter ausbauen. Viele Teilnehmer äußerten die Befürchtung, dass Manager Evaluierungsentscheidungen über Mitarbeiter auf der Grundlage undurchsichtiger Algorithmen aus großen unvollständigen Datensätzen treffen. In Bezug auf das Lernen äußerten die Teilnehmer weniger Bedenken. Einige Befragte waren skeptisch, ob KI-Tools nützliches Feedback für Mitarbeiter liefern würden. Jedoch waren die meisten Befragten überzeugt, dass Mitarbeiter den Wert der algorithmischen Empfehlungen sinnvoll interpretieren und dementsprechend handeln können. Einige Teilnehmer, insbesondere diejenigen, die der Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI positiv gegenüberstanden, gaben an, dass sie diese Tools und ihre Hilfestellungen als Ergänzung zu menschlicher Unterstützung durch Assistenten, Kollegen und Manager sehen. Sicherheit versus Risiko Die Themen Privatsphäre versus Transparenz und reduzierte versus erhöhte psychologische Sicherheit tragen beide zu der Dimension Sicherheit versus Risiko bei. KI ist für Mitarbeiter in vielerlei Hinsicht mit Ängsten verbunden. Viele Teilnehmer äußerten die Befürchtung, dass KI-Tools zunehmend in die Privatsphäre der Mitarbeiter eindringen. Sie äußerten Bedenken, dass KI-Tools in unbekannter Weise Mitarbeiterdaten auswerten und die Ergebnisse verbreiten würden. Dennoch erkannten viele auch die potenziellen Vorteile von KI-Tools und meinten, dass sie deren Einsatz unterstützen könnten, solange das Management transparent mache, wie die Tools eingesetzt werden und welchen Nutzen sie für die Mitarbeiter haben. Aus Führungssicht könnte man vermuten, dass mehr Kontrolle mit Sicherheit einhergeht. Jedoch zeigen die Ergebnisse auch auf Leitungsebene Bedenken, dass die KI-Tools zu einer geringeren psychologischen Sicherheit, weniger Authentizität, geringerem Vertrauen und zur Erosion einer positiven Kultur führen könnten. Manche brachten diese Verringerung der psychologischen Sicherheit direkt mit geringerer Leistung in Verbindung. Diese Ansicht deckt sich mit Forschungsergebnissen, die zeigen, dass eine höhere psychologische Sicherheit zu einer höheren Leistung im Team und auf Organisationsebene führt. In ähnlicher Weise deuten neue Forschungsergebnisse über den Einsatz von KI für People Analytics darauf hin, dass Faktoren wie organisatorisches Engagement und Loyalität leiden könnten (Braganza et al., 2021; Newman et al., 2020). Dennoch haben einige Mitarbeiter potenzielle Vorteile auf Team- und Organisationsebene erkannt, die durch den Einsatz von KI-Tools für Mitarbeiterdaten erzielt werden können, darunter personalisiertes Nudging, das die Teamdynamik verbessert, und Interventionen, die Gleichberechtigung und Inklusion fördern. Managementansätze und Handlungsempfehlungen Um Transparenz und Akzeptanz zu schaffen, wie Mitarbeiterdaten in Organisationen verwendet werden, müssen klare Normen und Richtlinien existieren, die verbindlich die folgenden Fragen klären: Wie werden wir die Informationen nutzen? Welche Informationen werden gesammelt und wie kann das Unternehmen sicherstellen, dass sie richtig verwendet werden? Wie wird sichergestellt, dass die Daten nicht missbraucht werden? Das Modell in Abbildung 1 kann als nützlicher Rahmen für Diskussionen und als Grundlage für die Entwicklung einer Strategie, die auf die Bedürfnisse einer bestimmten Organisation und ihrer jeweiligen Mitarbeiter zugeschnitten ist, dienen. Unsere Studie dient dabei zur Sensibilisierung für unterschiedliche Ansichten unter Mitarbeitern, die bei der Gestaltung der Unternehmensrichtlinien diskutiert und verhandelt werden sollten. Der Überwachungsansatz (unterer rechter Quadrant Abb. 1) und der wohlwollende Kontrollansatz (unterer linker Quadrant Abb. 1) ergeben sich aus einer Sichtweise des Access View auf Privatsphäre, bei dem die Mitarbeiter nur ein begrenztes oder gar kein Mitspracherecht haben, ob sie Daten aus aufgezeichneten Besprechungen und anderer digitaler Kommunikation mitbestimmen und kontrollieren können. Beim Überwachungsansatz nutzen Manager Daten, um die Leistung von Mitarbeitern, Teams und Unternehmen zu bewerten. Bei dem Ansatz der wohlwollenden Kontrolle nutzen Manager die algorithmischen Empfehlungen in erster Linie für Coaching, Training und die Entwicklung von Mitarbeitern (Kellogg et al., 2020). Obwohl dieser Ansatz stark vom Management kontrol-

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