73 02 / 22 PERSONALquarterly PROF. DR. FABIOLA H. GERPOTT Lehrstuhl für Leadership WHU – Otto Beisheim School of Management fabiola.gerpott@whu.edu https://www.whu.edu/de/fakultaet/managementgroup/leadership/fabiola-gerpott/ Quaquebeke von der Kühne Logistics University Hamburg. Die zwei zentralen Forschungsfragen, die das Projekt beantworten möchte, sind: 3 Wie unterscheidet sich das Stresserleben nach Meetings aufgrund von unterschiedlichenMikrodynamiken zwischen den Geschlechtern? 3 Wie gelingt erfolgreiche Führungskommunikation im virtuellen Raum auf Distanz? Mit Mikrodynamiken sind bspw. kleinste Äußerungen oder Verhaltensweisen gemeint, die Interaktionen zwischen Personen in eine (teilweise nicht gewünschte) Richtung beeinflussen. Bei der ersten Forschungsfrage des DFG-Projekts geht es also darum, durch systematisches Beobachten von Verhaltensanalysen besser zu verstehen, warum Personen oder Situationen auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen werden. Erste vorläufige Ergebnisse erbrachten bereits Analysen von gut 100 virtuellen Meetings, die in Kooperation mit unterschiedlichen Praxispartnerorganisationen aufgenommen wurden. Sie zeigen, dass sich Männer und Frauen bezüglich ihres Kommunikationsverhaltens in virtuellen Meetings per se nicht signifikant unterscheiden. Was sich allerdings unterscheidet, ist, wie Mitarbeitende darauf reagieren. „Die gleiche Verhaltensweise triggert oft unterschiedliche Reaktionen bei Mitarbeitenden, je nachdem ob sie gerade mit einer weiblichen oder männlichen Führungskraft interagieren“, hat Gerpott beobachtet. Führungskräfte werden von Mitarbeitenden oder anderen Teammitgliedern zumTeil für das gleiche Verhalten unterschiedlich bewertet, wenn man sie im Anschluss in einem Fragebogen dazu befragt. „Die Herausforderung einer durch Fragebogenuntersuchungen dominierten Führungsforschung besteht also darin, dass die angeblichen Verhaltensunterschiede von Frauen und Männern, die in solchen fragebogenbasierten Untersuchungen gefunden werden, nicht notwendigerweise tatsächliche Unterschiede widerspiegeln.“ Vielmehr handelt es sich häufig um die (teilweise eben verzerrte) Wahrnehmung derjenigen, die das Verhalten der Führungspersonen bewerten. Diese verzerrte Wahrnehmung wiederum steuert das Verhalten der Teammitglieder – ein Kreislauf, durch den Gerpott und ihr Team versuchen, ein höheres Stresserleben weiblicher Führungskräfte zu erklären. Fabiola Gerpott ist überzeugt, dass die Messung von tatsächlichem (Kommunikations-)Verhalten zu theoretisch neuen Erkenntnissen führen kann. Darüber hinaus sind Messverfahren auch für die Praxis äußert relevant, da in der Personalauswahl und -entwicklung verbreitet auf Fragebögen gesetzt wird. „Im Englischen fasse ich diese Mission gern unter dem Schlagwort ‚Bringing behavior back into organizational behavior‘ zusammen. Ich begeistere mich dafür, verhaltens- und fragebogenbasierte Forschung miteinander zu verknüpfen, um besser zu verstehen, wie Führung in Interaktionen zwischen Menschen ausgehandelt wird. Und das möchte ich auch an den wissenschaftlichen Nachwuchs weitergeben!“ Inspiration durch Interdisziplinarität „Du musst dich spezialisieren, vor allem, wenn du in der Wissenschaft bleiben willst.“ Diesen Ratschlag hat Professorin Gerpott in der Vergangenheit häufig gehört. Ihr Werdegang zeigt jedoch, dass eine Spezialisierung nicht zwingend nötig ist, um in der Wissenschaft auch schon in jungen Jahren erfolgreich Fuß zu fassen. Lebenslanges Lernen voneinander sieht sie nicht nur in interdisziplinären Forschungskooperationen, sondern auch in der Personalführung als entscheidenden Erfolgsfaktor. Es gebe jeweils nicht den einen Weg zum Erfolg. Evidenzbasiert zu entscheiden und zu handeln, steigere die eigenen Erfolgsaussichten dennoch bereits beträchtlich.
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