67 02 / 22 PERSONALquarterly Mit dem Trend hin zu agilen Arbeitsmethoden gewinnen crossfunktional besetzte Teams immer mehr an Bedeutung. Dadurch entsteht eine breite Wissensbasis, die Teams zur Lösung von Problemen einbringen können und von der man sich gemeinhin erhofft, dass sie Entscheidungsfindungsprozesse und die Teamperformance positiv beeinflusst. Allerdings hat die Forschung gezeigt: Umso mehr die Mitglieder eines Teams jeweils über distinktes statt im Team geteiltes Wissen verfügen, desto schwieriger kann die Konsensfindung werden und desto eher kommt es zu interpersonellen Konflikten. Außerdem ist aus der Teamforschung bekannt, dass gerade der Austausch von distinktem Wissen gehemmt ist, wenn es deutliche Statusunterschiede (hinsichtlich Einfluss, Prominenz, und Respekt) innerhalb von Teams gibt – die es durch unterschiedliche Erfahrungslevel und Qualifikationen auch in vermeintlich „hierarchielosen“ Teamstrukturen gibt. Der Hintergrund: Mit distinktem Wissen und Perspektiven eckt man leichter an; es ist unsicher, wie diese Informationen von anderen Teammitgliedern aufgenommen werden – und dieses soziale Risiko stellt insbesondere für Teammitglieder mit niedrigem Status innerhalb des Teams eine Hemmschwelle dar. Informationen einzubringen, die allen Teammitgliedern bereits (in ähnlicher Form) bekannt sind, ist hingegen recht unverfänglich. Steven M. Gray und seine Co-Autoren führen in diesem Zusammenhang jedoch ins Feld, dass Statusunterschiede in crossfunktionalen und damit „wissensdiversen“ Teams unterschiedliche Implikationen für den Informationsaustausch und, darüber vermittelt, die Teamperformance haben können, je nachdem wie stabil vs. instabil die Statushierarchie im Team ist. Wenn die Statushierarchie instabil ist, sich also der relative Status von Teammitgliedern über die Zeit hinweg immer wieder ändern kann, dann bedeutet das für Teammitglieder mit hohem Status, dass sie diesen leicht verlieren können und gezwungen sind, diesen abzusichern. In wissensdiversen Teams, so die Autoren, gelingt dies vor allem damit, eigenes Wissen verstärkt einzubringen und den Wissensaustausch unter den anderen Teammitgliedern aktiv zu fördern und damit dem Team Informationsaustausch in crossfunktionalen Teams Steven M. Gray (University of Texas at Austin), J. Stuart Bunderson (Washington University in St. Louis), Gerben S. van der Vegt, Floor Rink (University of Groningen), & Yeliz Gedik (Firat University). „Leveraging knowledge diversity in hierarchically differentiated teams: The critical role of hierarchy stability“, Academy of Management Journal, 2022, In-Press. als Ganzem zu dienen. Dieser Anreiz fehlt, wenn die Statushierarchie im Team als stabil wahrgenommen wird. Für Teammitglieder mit niedrigem Status hingegen bedeutet eine instabile Statushierarchie die Chance aufzusteigen – was laut den Autoren die Hemmschwelle senken sollte, sich mit seinem Wissen einzubringen. In einer Feldstudie mit Daten zu 156 Teams aus verschiedenen Organisationen finden die Autoren bestätigt, dass Teams mit funktional diversem Background und damit diverser Wissensbasis den Informationsaustausch innerhalb des Teams als schlechter beurteilen und die Teamperformance vonseiten des Vorgesetzten als niedriger eingeschätzt wird, wenn die Statusunterschiede im Team als stabil wahrgenommen werden; und umgekehrt, dass der Informationsaustausch tendenziell als besser beurteilt und die Teamperformance als höher eingeschätzt werden, wenn die Statusunterschiede im Team als instabil wahrgenommen werden. Zusätzliche Analysen zum bilateralen Informationsaustausch zeigen außerdem, dass dieser Effekt durch statushöhere Teammitglieder getrieben wird, also vermutlich wie theoretisch argumentiert durch die Motivation, den eigenen Status abzusichern. Für Teammitglieder mit niedrigem Status hingegen scheint sich nichts daran zu ändern, dass starke Statusunterschiede innerhalb von funktional diversen Teams den Informationsaustausch hemmen. Das ist konsistent mit den Erkenntnissen der Prospect Theory von Daniel Kahneman und Amos Tversky, die der Verlustvermeidung eine stärkere motivationale Wirkung zuschreibt als dem Gewinnen. Da sich Statusunterschiede in Teams nicht vermeiden lassen – z. B. weil Mitarbeitende unterschiedlicher Seniorität zur Aufgabenerfüllung benötigt werden: Was können Führungskräfte dann tun, um die Statushierarchie im Team möglichst fluide zu gestalten? Wenn es die Anforderungen an die Teamarbeit zulassen, lässt sich dies bspw. über regelmäßig wechselnde Rollen/Verantwortlichkeiten umsetzen oder über systematische Job Rotation in das Team hinein und aus dem Team heraus. Sollte dies nicht umsetzbar sein, bleibt noch die Möglichkeit, Entscheidungsfindungsprozesse so zu strukturieren, dass sich jedes Teammitglied einbringen muss (Nominal Group Technique), oder teambasierte Ziele und Anreize zu setzen, sodass Teammitglieder mit höherem Status incentiviert werden, diesen zum Nutzen des gesamten Teams einzusetzen. Besprochen von Dr. Benjamin Krebs, Lehrstuhl International Business, Universität Paderborn.
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