64 STATE OF THE ART_RESILIENZ PERSONALquarterly 02 / 22 Blick auf die Verringerung psychischer Beschwerden. Nach Ansicht von Varnhove et al. (2016) lässt sich dies als Hinweis darauf deuten, dass Resilienztrainings das Potenzial haben, Burn-out und andere psychische Beschwerden über längere Zeit zu verhindern. Für die beiden anderen Zielgrößen ließen sich hingegen keine über die Zeit stabilen signifikanten Effekte nachweisen. Qualität schlägt Quantität bei der Gestaltung effektiver Resilienztrainings Die insgesamt positiven Befunde der Metaanalyse von Vanhove et al. (2016) sollten nicht zu dem Schluss verleiten, dass alle Resilienztrainings gleichermaßen wirksam sind. Vielmehr sind bei deren Entwicklung und Planung zahlreiche Entscheidungen zu treffen, wobei zu konstatieren ist, dass die Forschung zu erfolgskritischen Gestaltungsmerkmalen von Resilienztrainings generell und von solchen am Arbeitsplatz im Besonderen erst amAnfang steht. Die folgenden Ausführungen sind daher weder erschöpfend noch abschließend und daher mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren. Relevante Hinweise finden sich in der qualitativen Literaturübersicht von Robertson und Kollegen (2015), die Gestaltungsmerkmale von 14 Resilienztrainings in den Blick nahmen. Ihre Ergebnisse legen zunächst nahe, dass die Dauer eines Resilienztrainings nicht ausschlaggebend für dessen Wirksamkeit zu sein scheint. Trainingsprogramme, die nur wenige Sitzungen umfassten, zeigten eine ähnliche Effektivität wie solche, die sehr umfangreich waren. Den Autoren zufolge schlägt die Qualität eines Trainings daher höher zu Buche als dessen Quantität. Im Einklang mit der oben skizzierten kontextsensitiven Resilienzvorstellung erachten sie dabei die Passung zwischen den Trainingsinhalten und den spezifischen Herausforderungen im Arbeitsalltag der Mitarbeitenden als zentrales Qualitätsmerkmal. Ein großes Potenzial sehen sie insbesondere in solchen Programmen, die Herausforderungen aus dem Arbeitsalltag simulieren, um die im Programm vermittelten Strategien in einer geschützten Umgebung einzuüben. Als weiteren Gestaltungsaspekt betrachten Robertson et al. (2016) die Gruppengröße. Hier lassen ihre Befunde vermuten, dass Einzeltrainings und Trainings in kleineren Gruppen überlegen zu sein scheinen, wobei die Datenlage nicht ganz eindeutig ist. Vor diesem Hintergrund sprechen sie sich dafür aus, dass Resilienztrainings zumindest Elemente einer individuellen Förderung beinhalten sollten – eine Empfehlung, die auch von Vanhove u. a. (2016) geteilt wird. Der in den letzten Jahren zu beobachtende Anstieg von Resilienztrainings am Arbeitsplatz wird in der aktuellen qualitativen Übersichtsarbeit von Scheuch et al. (2021) deutlich, die sich methodisch an den Review von Robertson und Kollegen (2016) anlehnt und 48 Primärstudien, die bis Anfang 2021 veröffentlicht wurden, u. a. in Bezug auf effektivitätsrelevante Gestaltungsmerkmale analysiert. Dabei berücksichtigt diese Übersicht auch die zunehmende Anzahl digitaler Trainingsangebote sowie Evaluationsbefunde, die beim Einsatz solcher Trainings unter den Covid-19-Pandemiebedingungen gewonnen wurden. In dieser Hinsicht zeichnet es sich ab, dass Resilienztrainings am Arbeitsplatz im BlendedLearning-Format eine vielversprechende Gestaltungsvariante sein können, da sie die Vorteile digitaler Trainings mit denen von Präsenztrainings kombinieren. Dadurch kann eine flexible und kosteneffiziente Möglichkeit der Resilienzförderung in Organisationen geschaffen werden. Zudem wird auf die Bedeutsamkeit von Auffrischungssitzungen verwiesen, die Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Vanhove et al. (2016), S. 295 Abb. 2: Wirksamkeit von Resilienztrainings Kurzfristige Effekte Langfristige Effekte Anzahl Studien Anzahl Personen Effektstärke Anzahl Studien Anzahl Personen Effektstärke Arbeitsleistung 12 2.597 0.36* 8 10.250 0.03 Psychische Beschwerden 19 3.385 0.17* 19 11.676 0.10* Wohlbefinden 23 3.464 0.25* 12 11.442 0.06 Die Werte beziehen sich auf das Effektstärkemaß d für Mittelwertunterschiede. * p < 0,05
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