52 PERSONALquarterly 02 / 22 NEUE FORSCHUNG_TEAMPERFORMANCE terpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden müssen. Insbesondere die Tatsache, dass sie auf objektiv gemessenen Daten basiert, lässt trotz ihrer vielen methodischen Vorteile keinen Raum für eine tiefergehende Untersuchung möglicher psychologischer Mechanismen. Entgegen gängigen Vorurteilen zeigen unsere Analysen von 629 Teams, dass kein eindeutig negativer Effekt von Migranten auf Produktivität vorliegt, sondern es einen komplexeren quadratischen Effekt des Migrantenanteils auf das Teamergebnis gibt. Genauer gesagt, scheinen Teams mit migrantischen Mitgliedern eine höhere Produktivität zu haben, bis der Prozentsatz an Migranten etwa 35 % erreicht; Teams mit einem höheren Migrantenanteil als diesem zeigen einen Rückgang der Produktivität. Die weitere detaillierte Untersuchung zum Herkunftsland der Migranten ergab gemischte Ergebnisse, die schwer zu interpretieren sind: Nur das Fehlen von Migranten aus Ländern mit hohem Einkommen hat einen signifikanten Moderationseffekt auf die Beziehung zwischen dem Prozentsatz der Migranten und der Produktivität der Teams. Es ist schwierig zu erklären, warum diese Differenzierung zwischen verschiedenen Migrantengruppen auftritt. Ein Grund dafür könnte sein, dass Migranten aus Ländern mit hohem Einkommen wie Italien und Polen aus Gründen der Arbeitssuche zugewandert sind und daher hoch motiviert sind, sich am Arbeitsplatz ständig zu beweisen. Bei anderen Migrantengruppen könnte ihre Produktivität stärker von der Teamdynamik abhängen: Wenn sie in der Minderheit sind, verspüren sie den Drang, diese migrantische Arbeitsmoral an den Tag zu legen, was nachlässt, wenn sie von anderen Teammitgliedern ähnlicher Herkunft umgeben sind. Schließlich könnten unsere Ergebnisse auch bedeuten, dass es nicht so viele Unterschiede aufgrund des Herkunftslands gibt, sondern eine gemeinsame Identität von Migranten existiert. Andere Forscher haben für eine gemeinsame Migrantenidentität plädiert, die durch gemeinsame Erfahrungen entsteht (Dwertmann/Kunze, 2020, S. 3). In diesem Zusammenhang ist es nicht die besondere Herkunft der Migranten, die die Produktivität des Teams beeinflusst, sondern vielmehr ihr genereller Migrantenstatus selbst. Praktische Implikationen: Migranten einstellen oder nicht? Die aktuelle Studie deutet darauf hin, dass die Einstellung von Migranten in Arbeiterteams die Teamproduktivität erhöhen kann. Die Regressionsanalyse ergab, dass der Anteil der Migranten in Teams für 2 % der objektiven Teamproduktivität verantwortlich ist. Auch wenn dieser Prozentsatz auf den ersten Blick gering erscheint, kann er in einem Unternehmen mit einem Umsatz von 2,6 Milliarden Schweizer Franken in einen nicht zu vernachlässigenden Betrag von 52,3 Millionen Schweizer Franken umgerechnet werden. 400 300 200 100 0 10 20 30 40 50 60 70 Quelle: Eigene Darstellung Abb. 3: D er Einfluss des Migrantenanteils auf die Teamproduktivität Teamproduktivität Prozentualer Anteil der Migranten in Teams 3 2 1 0 -1 -2 -2 Quelle: Eigene Darstellung Abb. 4: M oderation überwiegender Präsenz von Migranten aus Ländern mit hohem Einkommen Teams ohne Migranten aus Ländern mit hohem Einkommen Teamproduktivität Teams mit Migranten aus Ländern mit hohem Einkommen geringer Migrantenanteil hoher Migrantenanteil
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