46 PERSONALquarterly 02 / 22 SCHWERPUNKT_TRANSFORMATION tion markiert. Die Chance einer dedizierten Betrachtung aller Verantwortlichkeiten liegt in der Entschlackung der Entscheidungsprozesse. Dabei wird untersucht, ob wirklich jeder Aspekt die Transformation durchlaufen muss oder im Sinne eines Lean Managements nicht auf gewisse Vorgänge verzichtet werden kann. Möglichkeiten und Grenzen agiler Führung In jedem Unternehmen gibt es Bereiche, die stabil und kontrollierbar sind und solche, in denen zu viel Planung die Organisation blockiert und ambitionierte Beschäftigte behindert. Bspw. können bei der Akquisition von Aufträgen das flexible Eingehen auf geänderte Kundenwünsche, soziale Beziehungen sowie Intuition ausschlaggebend sein. Bei der Massenfertigung von Produkten stehen dagegen effiziente Prozesse imVordergrund. Agilität ist vor allem in kundennahen Bereichen wichtig, um die Erfüllung der Kundenwünsche im direkten Kontakt zu gewährleisten und schnell auf Bedürfnisänderungen oder Reklamationen zu reagieren. Gleichzeitig sowohl stabil und verlässlich als auch dynamisch und innovativ zu sein, ist somit kein Widerspruch, sondern lässt sich durch kontextbedingte Entscheidungsspielräume realisieren (vgl. Pircher, 2018, S. 115). Agile Führung ist somit nicht immer und überall sinnvoll. Im Operationssaal, bei einem Feuerwehreinsatz oder im Flugzeugcockpit geht es nicht darum, etwas Neues zu entwickeln oder die beste Lösung durch ein selbstgesteuertes Team experimentell herauszufinden. In Gefahren- und Krisensituationen sind schnelle und entschiedene Handlungen erforderlich. Auch bei standardisierten, repetitiven Abläufen ist agiles Handeln kein geeignetes (weil ineffizientes) Vorgehen. Aber auch hierarchisch geführte Bereiche profitieren, wenn die Beschäftigten nicht in blinder Gefolgschaft, sondern auf Augenhöhe agieren. Bspw. sollte ein Facharzt den Mut haben, den Chefarzt darauf hinzuweisen, dass er auf einem Röntgenbild etwas übersehen hat oder ein Co-Pilot muss eingreifen, bevor der Pilot das Flugzeug zum Absturz bringt (vgl. Hofert, 2018, S. 30). Selbstgesteuerte Veränderungsprozesse erfordern auf jeder Ebene – vom einzelnen Beschäftigten über das Team bis zur Unternehmensführung – das Erlernen neuer Denk- und Verhaltensweisen. Nicht jeder ist gleich gut in der Lage, mit hoher Komplexität und eigenem Gestaltungsspielraum umzugehen. Viele Menschen sind in starren Hierarchien aufgewachsen und sind es nicht gewohnt, eigenverantwortlich, experimentell und flexibel zu arbeiten (vgl. Würzburger, 2019, S. 59 ff.). Abb. 4: G olden Circle der agilen Führung bei DB Systel Worum geht es? Wie? Was? Organisation neu denken und lernen Menschen-Zentrierung und kulturelle Erfolgsfaktoren • Interdisziplinäre Teams und Verantwortung durch Mitarbeiter wahrnehmen • Kollegiale Führungs- und Organisationsprinzipien sowie Entscheidungs- und Kommunikationspraktiken Kontroll- und Steuerungsfunktionen in der Wertschöpfung verankern • Netzwerke können nicht von außen kontrolliert werden • Strukturen und Prozesse neu denken Veränderungen brauchen Zeit • Transformation ist ein Ausdauersport • Perspektiven und Angebote zur Reflexion Externe komplexe Systeme können mit hinreichend internen komplexen Strukturen beherrscht werden (variable Bedarfe und schnelle Marktveränderungen) (dynamisches System und Wertschöpfungsnetzwerke) „Triple A“-Fähigkeiten ausprägen Beweglichkeit („Agility“) Menschliche Fähigkeit, sich auf Veränderungen der Umgebung einzustellen und darauf zu reagieren. Anpassungsfähigkeit („Adaptability“) Fähigkeit der Organisation, sich strukturell auf neue Marktgegebenheiten anzupassen. Gemeinsame Ausrichtung („Alignment“) Fähigkeit der Organisation, eine Koordination über dezentrale und selbstorganisierte Strukturen zielgerichtet sicherzustellen. Quelle: Eigene Darstellung
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