PersonalQuarterly 2/2022

42 PERSONALquarterly 02 / 22 SCHWERPUNKT_TRANSFORMATION haftigkeit ihrer Arbeit. In agilen Organisationen bestimmen die Teams für ihren jeweiligen Verantwortungsbereich selbst über die Notwendigkeit von Veränderungen und die Verteilung der hierzu erforderlichen Tätigkeiten auf die Teammitglieder. Traditionelle Unternehmen haben lange Planungshorizonte und zeigen ihren Kunden ihre Produkte erst dann, wenn sie ausgereift sind. In agilen Organisationen werden Lösungen rasch in kleinen Schritten ausprobiert und Produktentwürfe sehr früh mit den Kunden diskutiert. Da eine detaillierte Planung in einer VUKA-Welt wenig sinnvoll ist, treten dabei zwangsläufig auch Fehler auf. Doch diese werden als Chance gesehen, um zu lernen und dadurch zu einer besseren Lösung zu gelangen. Agile Führung fördert eine solche „Win-or-learn“-Fehlerkultur. Die Führungskräfte wissen nicht alles besser, sondern stellen die richtigen Fragen. Sie sollten offen für neue und unorthodoxe Lösungsansätze sein. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Laissez-faire-Führungsstil, bei dem sich die Führungskraft zurücklehnt und das Team einfach machen lässt. Agile Führung unterstützt vielmehr das Team, räumt Hindernisse beiseite und schafft die Voraussetzungen, damit es erfolgreich arbeiten kann (vgl. Sichart/Preußig, 2019, S. 42 ff.). Agile Führung lässt sich mit einem Gärtner vergleichen, der dafür sorgt, dass die Pflanzen ideale Wachstumsbedingungen haben. Sie werden regelmäßig gegossen, ab und zu gedüngt und von Unkraut befreit. Wachsen müssen die Pflanzen aber von selbst. An ihnen zu ziehen oder sie ständig zu beobachten, bringt nichts (vgl. Scheller, 2017, S. 147). Um die reibungslose Zusammenarbeit vieler Personen zu gewährleisten, sind auch in agilen Unternehmen organisatorische Strukturen erforderlich. Während beim traditionellen Management disziplinarische, fachliche und prozessuale Verantwortung meist zusammenfallen, werden diese in agilen Organisationen voneinander getrennt. Die vertikale Arbeitsteilung in Führungskräfte mit Entscheidungsmacht und ausführende Beschäftigte entfällt. Niemand sollte allein aufgrund seiner Position über höhere Autorität verfügen. Die Funktionen werden nicht bestimmten Personen formal zugewiesen, sondern es werden hierfür verschiedene Fach- und Führungsrollen mit klaren Aufgaben gebildet. Die Zuordnung der Rollen auf Personen erfolgt situationsabhängig und wird regelmäßig angepasst. Hierarchien bilden sich dabei aufgrund unterschiedlicher Kompetenzen oder informeller sozialer Strukturen. Eine Person kann mehrere Rollen übernehmen bzw. eine Rolle kann auch durch verschiedene Personen wahrgenommen werden. Eine Rolle wird neu geschaffen, wenn jemand in der Organisation einen Bedarf erkennt bzw. aufzeigt, dass etwas nicht so ist, wie es im Sinne des zu erreichenden Ziels sein sollte. Ebenso können Rollen auch wieder abgeschafft werden, wenn sie nicht mehr gebraucht werden (vgl. Pircher, 2018, S. 39 ff.; Andresen, 2019, S. 149 f.). Führungsarbeit, also Entscheidungen zu treffen, Transformationen zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen, wird in agilen Organisationen nicht mehr hierarchischen Positionen zugewiesen. Anstelle der zentralisierten Führung mit Anweisungen von oben nach dem Push-Prinzip tritt eine konsentbasierte Führung. Bei einem Konsent übernimmt eine Person die Verantwortung für die Entscheidung und Umsetzung. Diese holt im Vorfeld die hierfür erforderlichen Informationen von allen relevanten Beteiligten ein. Bei der Erarbeitung des Konsents können begründbare Einwände eingebracht werden. Beim Konsent spielt die Vielfältigkeit der Perspektiven eine wichtige Rolle und es sollten Entscheidungsverfahren angewendet werden, welche die Einwände minimieren, statt nur die Zustimmung zu maximieren. Wer wann welche Führungsarbeit übernimmt, hängt davon ab, welche Person über ausreichendes Wissen, Können, Vertrauen und Interesse verfügt. Führungsarbeit und andere Fragestellungen, deren Verantwortung noch offen ist, können etwa auf einem Marktplatz für Führungs- und Entscheidungsbedarfe Spezialwissen Spezialwissen Abb. 2: F unktionsübergreifende Teams aus T-förmigen Experten Quelle: in Anlehnung an Scheller, 2017, S. 186 Spezialwissen Spezialwissen Spezialwissen Fachwissen Fachwissen Fachwissen Spezialwissen Fachwissen

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