Personal Quaterly 1/2022
6 PERSONALquarterly 01 / 22 IN EIGENER SACHE _WÜRDIGUNG R uth Lemmer hat in ihrem Journalistinnenleben viele Persönlichkeiten interviewt. Das war und ist für sie Routine, auch wenn jeder Gesprächspartner einzig- artig ist. Als ich bei ihr anfragte, ob sie selbst zu einem Interview über ihre Arbeit bereitstünde, zögerte sie zu- nächst. Ihr war sofort klar, dass sie bei diesem Interview in einer ungewohnten Rolle sein würde - auf der anderen Seite des Mikrofons. Gleichwohl sagte sie zu und es war nicht ihre Eitelkeit, die zu der Zusage führte. Sie fühlt sich der Zeitschrift PERSONALquartely verbunden, was viel über ihr Rollenver- ständnis und ihr Verantwortungsbewusstsein im Journalisten- beruf aussagt. Ihr ging es nie um die schnelle oder plakative Schlagzeile, sie wollte die Realität abbilden. Ihr Herzensanlie- gen war immer, die Blase, die die Presseabteilungen verbreiten, zu durchstechen und hinter den schönen Schein zu schauen. Der betrieblichen Realität nahezukommen, die unterschied- lichen Perspektiven auf eine Sache in den Blick zu nehmen – das zeichnet viele ihrer Geschichten aus. 30 Jahre ohne Langeweile Drei Jahrzehnte über Personal- und Karrierethemen nach- zudenken, zu recherchieren und zu schreiben – ist da nicht schon alles erzählt, ist es nicht die ewige Wiederkehr des Gleichen? Ruth Lemmer kennt diesen Gedanken. Wenn man so lange dabei ist, wiederholen sich manche Themen. Doch es kamen für sie immer wieder neue Themen und vor allem auch neue Menschen hinzu. Langweilig sei es ihr nie geworden und auserzählt seien die Geschichten um das Personal auch nicht. Was sie besonders fasziniert habe, waren die Menschen, de- nen sie bei ihrer Arbeit begegnet ist. „Unter Personalern“, wie sie ihre Zielgruppe nennt, „habe ich viele feine Menschen kennengelernt, die über ihren Job reflektieren und über den Tag hinausdenken. Das war bereichernd.“ Ruth Lemmer, die 1955 in Solingen auf die Welt kam, ist eine neugierige Zeitgenossin. Nach dem Abitur studierte sie Ge- schichte und Deutsch auf Lehramt, doch an einer Schule war sie als Lehrerin nie angestellt. Sie interessierte sich schon früh für den Journalismus und sammelte erste Erfahrungen als Gerichts- und Polizeireporterin in einer Lokalredaktion, ehe sie 1985 ein Volontariat beim Handelsblatt Verlag antrat. Sie machte Karriere als Wirtschaftsjournalistin, arbeitete in der Redaktion der Wirtschaftswoche, später beim Manager Maga- zin – meist für die Karriere- und Managementseiten. Die Doppelspitze als Glücksgriff 1993 machte sie sich mit ihrem Medienbüro selbstständig. Den Personalthemen blieb sie treu, erweiterte aber mit ih- rem Medienbüro die Themenfelder. Sie machte Wochenend beilagen für das Handelsblatt, beschäftigte sich mit Essen und Trinken, verantwortete die Zeitschrift „Ruhr Metropole geht aus“ und arbeitete am Reiseführer „Düsseldorf zu Fuß“. Als die Handelsblatt Fachmedien 2003 die Zeitschrift „PERSO- NAL“ vom Wirtschaftsverlag Bachem übernahmen, suchten sie nach einer Chefredaktion. Die freie Journalistin bewarb sich um die Stelle. Eduard Gaugler, der damalige Doyen der Personalforscher in Deutschland und Herausgeber der PER- SONAL, erkannte die kommunikativen Fähigkeiten der Jour- nalistin, hielt ihren Berufsstand aber doch für zu oberflächlich – was er Lemmer auch spüren ließ. Deshalb installierte er eine Doppelspitze: Ruth Lemmer als Journalistin, Professor Dieter Wagner als Wissenschaftler. Die Doppelspitze erwies sich als Glücksgriff, sie funktionierte über viele Jahre. Beide richteten die akademische Fachzeitschrift stärker an den Bedürfnissen der Praktiker in den Unternehmen aus. „Das hat großen Spaß gemacht und ich hatte einen großen Gestaltungsspielraum“, blickt Lemmer auf diese Zeit zurück. Ein Journalistinnenleben für Personalthemen Über drei Jahrzehnte schrieb Ruth Lemmer Geschichten über Karriere- und Personal- themen und lernte mehrere Generationen von Personalchefs und Forschern kennen. Sie volontierte bei der Wirtschaftszeitung Handelsblatt, arbeitete als Redakteurin bei den Magazinen Wirtschaftswoche und Manager Magazin, verantwortete ein Jahr- zehnt als Co-Chefredakteurin die Fachzeitschrift PERSONAL und war der journalis tische Kopf beim Nachfolgeobjekt PERSONALquarterly. Von Reiner Straub, Herausgeber Personalmagazin
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