Personal Quaterly 1/2022

45 01 / 22 PERSONALquarterly bei Teamarbeit im Vergleich zur Einzelarbeit im Durchschnitt nicht zu einer Reduzierung der Anstrengung bzw. der Motiva- tion der Teammitglieder kommt. Dies ist ein gleichermaßen spannender wie überraschender Befund, galt es doch – nicht zuletzt wegen der Metaanalyse von Karau und Williams aus dem Jahr 1993– bisher als weitgehend gesicherte Erkenntnis, dass Teamarbeit automatisch zur Reduzierung individueller Anstrengungen führt. Wann steigt die individuelle Motivation in Teams, wann sinkt sie? Gleichermaßen spannend und für die Gestaltung von Teamar- beit relevant sind die zum Teil großen Unterschiede zwischen den Untersuchungen; einige Studien zeigten also größere Motivationsgewinne und andere Studien dagegen größere Motivationsverluste in der Teamarbeit. Eine mögliche Erklä- rung für diese Diskrepanz sind Moderationseffekte, also dass z. B. je nach Teamsituation oder Teamaufgabe Motivationsge- winne oder -verluste erfolgen könnten. In weiteren Analysen haben die Autoren nun wichtige Rahmenbedingungen unter- sucht, die eine Wirkung auf den Zusammenhang zwischen Teamarbeit und Motivation haben können. Im Folgenden berichten wir zunächst von diesen zusätzlichen Moderati- onsanalysen und ergänzen sie durch Befunde aus weiteren Studien. Entbehrlichkeit des eigenen Beitrags („[in-]dispensability of the own contribution“): In einigen Studien wurde die Motivation der Teammitglieder untersucht, wenn der eigene Beitrag zum Teamziel von den Teilnehmern als unabdingbar oder aber als entbehrlich gesehen wurde. Hier konnten die Autoren zeigen, dass es zu Motivationsgewinnen kommt, wenn der Beitrag als unabdingbar wahrgenommen wurde. Wenn der eigene Beitrag dagegen als entbehrlich gesehen wird, kommt es zu Motivati- onsverlusten. Soziale Vergleichsprozesse („social comparison potential“): Bei der Teamarbeit sind soziale Vergleichsprozesse leichter mög- lich, bspw. indem Teammitglieder die eigene Leistung mit anderen im Team vergleichen. Gerade die Präsenz ähnlich leis­ tungsstarker Teammitglieder kann zu Motivationsgewinnen führen, da die einzelnen Teammitglieder dann versuchen, die anderen zu übertreffen. Auch diesen Moderationseffekt kann die Metaanalyse von Torka et al. (2021) zeigen: Wenn soziale Vergleichsprozesse möglich sind, ist die Anstrengung der ein- zelnen Teammitglieder größer; fehlen soziale Vergleichspro- zesse, ist die Anstrengung geringer. Sichtbarkeit des eigenen Inputs („evaluation potential“): Wenn der eigene Beitrag zur Teamleistung nicht sichtbar wird, kann es zu Motivationsverlusten führen. Dieser Effekt kann eben- falls in der Metaanalyse bestätigt werden, denn es zeigt sich, dass bei hoher (geringer) Sichtbarkeit des eigenen Beitrags die Anstrengung der Individuen steigt (fällt). Vorherige Zusammenarbeit („team formation“): Viele in der Metaanalyse zusammengefasste Studien mögen die Realität in Organisationen nur bedingt widerspiegeln, da ad hoc für ein kurzes Experiment zusammengewürfelte Teams von Psy- chologiestudierenden schwer vergleichbar sind mit organi- sationalen Teams, die oftmals Jahre eng zusammenarbeiten. Beim Vergleich solcher Ad-hoc-Teams mit Teams von Freun- dinnen und Freunden oder Kollegen konnten die Autoren allerdings keine Unterschiede feststellen. Die vorherige Zu- sammenarbeit scheint also nicht auf die Anstrengung bei der Teamarbeit zu wirken. In zusätzlichen Analysen zeigte sich allerdings, dass die Entbehrlichkeit des eigenen Beitrags in Teams mit Freunden oder Kolleginnen und Kollegen keine Bedeutung hatte, sich die Teammitglieder also ähnlich an- strengen, auch wenn der eigene Beitrag als entbehrlich wahr- genommen wird. Bedeutsamkeit der Teamaufgabe („task meaningfulness“): In einer weiteren Moderationsanalyse wurde untersucht, ob die Anstrengung der Teammitglieder von der wahrgenommenen Bedeutung der Teamaufgabe abhängig ist. Auch hier zeigte sich kein Effekt. Art der Teamaufgabe: Das eingangs genannte Tauziehen als Aufgabe in den ersten Studien zu Motivationsverlusten spie- gelt heutige Teamaufgaben in Organisationen sicherlich we- nig wider, da heutige Teams oftmals gekennzeichnet durch kognitiv anspruchsvolle Aufgaben und die Expertise der ein- zelnen Teammitglieder sind, sodass die Teamaufgabe nicht von einer Einzelperson bewältigt werden kann. Es ist deshalb bemerkenswert, dass Motivationsgewinne bei manuellen Tätigkeiten stärker ausgeprägt waren und es dagegen bei kognitiven Aufgaben zu höheren Motivationsverlusten kam. Kompetenz der Teammitglieder: Weber und Hertel (2007) kon- zentrieren sich in ihrer Metaanalyse auf Teammitglieder, de- ren (erwartete) Leistung schlechter ist als der Teamstandard („inferior group members“), da gerade bei diesen ein Motiva- tionsgewinn erwartet werden kann. Tatsächlich können sie zeigen, dass es bei diesen Teammitgliedern zu Motivations- gewinnen durch die Teamarbeit kommt. Persönlichkeit der Teammitglieder: Ein interessantes Ergeb- nis berichtet Uziel (2007), ebenfalls in einer Metaanalyse. Er unterscheidet eine negative und positive Orientierung bei Individuen. Personen mit einer negativen Orientierung haben hohe Werte bei der Persönlichkeitsdimension Neu-

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