Personal Quaterly 1/2022

41 01 / 22 PERSONALquarterly zu begünstigen. Längerfristig kann die Zusammenarbeit er- schwert werden, weil Subgruppen im Unternehmen entste- hen, die sich voneinander abgrenzen. Zudem entwickelt sich durch die höhere Distanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter ein stärkeres Individualisierungsgefühl, das bereits bei Homeoffice vor der Pandemie festgestellt wurde (Collins et al., 2016). Die Förderung der gefühlten Teamzugehörigkeit, der Motivation zur Zusammenarbeit und Identifikation mit dem Unternehmen wird dadurch für die Führungskraft zur Herausforderung. Implikationen für die Praxis Die dargestellte wissenschaftliche Diskussion und die Ergeb- nisse aus der eigenen empirischen Studie zeigen, dass es sich bei Arbeit im Homeoffice und Führung auf Distanz um viel- schichtige Themen handelt, die neue Anforderungen an die Art der Zusammenarbeit in der Organisation stellen. In Abbildung 2 werden die gewonnenen Erkenntnisse gebün- delt zusammengefasst. Neben den Faktoren, die das unmittel- bare Umfeld oder den Mitarbeitenden als Person betreffen, gilt die Aufrechterhaltung der Beziehungsqualität innerhalb der Kollegen als eine zentrale Herausforderung in Bezug auf die Art der Zusammenarbeit. Führung auf Distanz erfordert zum einen, Mitarbeitende über digitale Kommunikationskanäle zu führen, und zum anderen, neue Teammitglieder adäquat im Team zu integrieren, um den Zusammenhalt unter den Mitar- beitenden aktiv zu fördern. Auf Basis der Studienergebnisse und Aussagen der Füh- rungskräfte und Mitarbeitenden wird deutlich, dass das Ar- beitsmodell Homeoffice und damit verbunden Führung auf Distanz Grenzen aufweisen, die eine längerfristige Vollzeit- tätigkeit großer Teile eines Teams in diesem Arbeitsmodell fraglich erscheinen lassen. Als Hauptgrund kann festgehalten werden, dass die digitale Kommunikation, unabhängig davon ob als Videotelefonie, Chats, E-Mails, normale Telefonate oder initiierte Online-Events, die physische Begegnung nicht er- setzt. Die Schwierigkeiten, die daraus sowohl für Führung auf Distanz als auch für das Arbeiten im Homeoffice dauerhaft erwachsen, können digital anscheinend nicht aufgefangen werden. Darüber hinaus ist auffällig, dass die soziale Vernet- Quelle: Eigene Darstellung Abb. 2: Herausforderungen sowie grundlegende Erkenntnisse und Grenzen von Arbeit im Homeoffice und Führung auf Distanz Zentrale Herausforderungen Grundlegende Erkenntnisse und Grenzen · Digitale statt physische, informelle Begegnungen · Sicherstellung von Wissensaustausch · Zusammenarbeit über kleine Subgruppen hinaus · Integration neuer Teammitglieder trotz Distanz · Führung über digitale Kommunikationskanäle · Aufrechterhaltung der Beziehungsqualität · Die digitale Kommunikation ersetzt nicht die physischen – vor allem informellen – Begegnungen. · Soziale Vernetzung und der Aufbau von sozialem Kapital wird durch die Homeoffice-Situation erschwert. · Die Auswirkungen auf Wissens- und Innovationsmanagement werden erst in Ansätzen erkannt und er­ scheinen ungelöst. · Eine Vollzeittätigkeit im Homeoffice ist keine längerfristige Ideallösung für Mitarbeitende, Teams und Unternehmen.

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