Personal Quaterly 1/2022

39 01 / 22 PERSONALquarterly lich über Skype und so weiter mit Kollegen zwischendurch immer wieder spricht und kommuniziert, aber für mich hat das nicht den gleichen Effekt. Also ich merke, dass mir das sehr fehlt“ (MA10: 58). Der soziale Austausch wurde über alle Branchen und Funktionen hin vermisst; Unterschiede wurden eher auf die Persönlichkeit zurückgeführt: „[…] man- che brauchen das nicht. […] Wenn ich den Querschnitt ziehen würde, ist unser Team sehr kommunikativ und schätzt den Austausch“ (MA9: 34). Weniger informelle Kommunikation im Unternehmen – der Wissensaustausch bricht ein Hinsichtlich der Qualität des Wissensaustauschs beschrieben so- wohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende, dass in der Zusam- menarbeit Herausforderungen entstanden, die auf dem digitalen Weg nicht adäquat gelöst werden konnten. Wenn Mitarbeitende Unterstützung benötigten oder über Sachverhalte diskutieren wollten, war dies über den digitalen Weg schwieriger umzuset- zen. Die schnelle Klärung über den persönlichen Kontakt entfiel. In der Konsequenz berichteten die Befragten von einem Wegfall der Zusammenarbeit, von höheren Koordinationsaufgaben und dem Problem, Wissen aus großen Gruppen zusammenzufüh- ren. Themen in Großgruppen voranzutreiben, war aufgrund fehlender physischer Interaktion schwierig umzusetzen, da auch Methoden wie das Brainstorming nicht gut funktionierten. Der Wegfall der informellen Kommunikation wurde daher als wichtiger Grund für die geringere Informationsqualität im Ho- meoffice genannt. Zufällige Treffen konnten nicht stattfinden; Klärungen auf dem kurzen Dienstweg waren insofern digital nicht möglich. „Die wenig strukturierte, informelle Kommuni- kation mit Mitarbeitern, die ist natürlich eingebrochen“ (MA5: 90). Der „Flurfunk“ funktionierte nicht, was aus Perspektive der Mitarbeitenden zu einem schlechteren Informationsstand führte: „In der Teeküche wird ja nicht nur besprochen, wie das persönliche Wohlbefinden ist, sondern auch inhaltliche Themen. Das ist mir total aufgefallen, dass es zwar im informellen Rahmen stattfindet, aber man unter Kolleginnen und Kollegen trotzdem schnell fachliche Themen bespricht“ (MA9: 60). Die Führungskräfte stellten fest, dass durch die fehlende direkte Zusammenarbeit im Büro die implizite Informations- aufnahme zwischen den Teammitgliedern fehlt: „Weil, wenn bisher die Mitarbeiter in einem Großraum zusammengeses- sen haben und dann wusste der eine, was der andere ge- macht hat, also auch in der Sekundenkommunikation war es einfacher“ (FK11: 16). Nicht nur im Hinblick auf die ra- sche Informationsweitergabe, auch vor dem Hintergrund der Verhaltens- und Herangehensweisen von Kolleginnen und Kollegen wird das Lernen voneinander und der Erfahrungs- austausch erschwert. „Auch Wissen wird weniger vermittelt“ (MA4: 16). Vor allem in Produktionsunternehmen wird die Verbindung zu den technischen Spezialisten und Anlagen der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse wurden die codierten Segmente ausgewertet und ein Vergleich der ein- zelnen Fälle vorgenommen. Dabei wurden insbesondere die Unterschiede in den Perspektiven von Führungskräften und Mitarbeitenden betrachtet. Digitale Kommunikation funktioniert auf der Sachebene – aber persönliche Nähe fehlt Die Umstellung auf eine digitale Kommunikation wurde so- wohl von Führungskräften als auch von Mitarbeitenden als nicht einfach beschrieben. Die Führungskräfte berichteten, dass sie bestrebt waren, die Kommunikationsfrequenz zu er- höhen, um den notwendigen Informationsaustausch sicherzu- stellen. Durch regelmäßige Absprachen und Meetings sollten Impulse im Arbeitsalltag gesetzt und die Motivation der Mitar- beitenden aufrechterhalten werden. „Wir haben Dailys einge- führt. Also dass wir als Team jeden Morgen eine Viertelstunde virtuell zusammenkommen und miteinander besprechen: Gibt es irgendwie Themen, die jetzt gerade brennen, die für alle anderen auch interessant sind?“ (FK4: 28). Gerade Führungskräfte nahmen die virtuellen Meetings im Tagesgeschäft als durchaus effizient wahr, weil die Sachorien- tierung im Vordergrund stehe: „Die Dinge werden abgearbeitet und das Tagesgeschäft läuft rund“ (FK5: 20). Allerdings sei die Zeitersparnis oft nur vordergründig, weil das, was sonst unter- bewusst an Stimmungen und Gefühlen aufgenommen werden könne, fehle: „Wenn dann etwas unklar ist, dann muss nochmal nachgehakt werden, […] wieder telefonisch Kontakt haben und so weiter“ (FK2: 28). Die Führungskräfte versuchten daher, den informellen Aus- tausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Büroalltag in das Homeoffice zu übertragen. Dennoch berichte- ten die Führungskräfte von einer zwischenmenschlichen Ent- fernung und Schwierigkeiten, Konflikte „digital zu bereinigen“ (FK5: 52). Es fehle die Wahrnehmung, was die Person bewegt und was im Privatleben passiert: „Man hat dann angefangen zu schreiben, mal zu telefonieren, aber wenn man merkt, das läuft, dann lässt jede Seite nach. Und so entfernt man sich Stück für Stück“ (FK1: 66). Auf Mitarbeiterebene wurde die Veränderung der Kommu- nikationsfrequenz ebenso wahrgenommen: „Das heißt, es ist quasi auf Distanz, aber durch die technischen Möglichkeiten hat man paradoxerweise mehr miteinander gesprochen“ (MA3: 30). Selbst wenn die Kommunikationsfrequenz erhöht wurde, gaben auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, dass sich das Zusammengehörigkeitsgefühl verringere. Insbeson- dere auf persönlicher Ebene finde eine fortlaufende Entfer- nung statt, die sich auch auf das persönliche Wohlbefinden auswirke: „Aber ich merke schon, dass mich das persönlich belastet, dieses Isoliertsein, dieses den ganzen Tag alleine zu sein, alleine zu arbeiten. Unabhängig davon, dass man natür-

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