Personal Quaterly 1/2022

PERSONALquarterly 01 / 22 24 SCHWERPUNKT _ARBEITGEBERBEWERTUNGEN V iele Bewerber nutzen das Feedback aktueller und ehemaliger Mitarbeiter auf Arbeitgeberbewertungs- plattformen, um sich für oder gegen die Bewerbung bei einem Arbeitgeber zu entscheiden. Für Arbeit- geber stellt dieses Feedback eine wertvolle Möglichkeit dar, an ihren Eigenschaften und ihrem Image als Arbeitgeber zu arbeiten und sich erfolgreicher zu positionieren. Die folgende Studie soll dazu beitragen, Arbeitgebern zu zeigen, welche Informationen sich aus Arbeitgeberbewertungen gewinnen lassen und wie diese erfolgreich in effektive Employer-Bran- ding-Maßnahmen umgesetzt werden können. Dazu wird die Best-Workplace-Award-Studie 2019 verwendet, die von der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu und dem Industrie- verband Büro und Arbeitswelt (IBA) durchgeführt wurde. In dieser werden klassische Arbeitgeber- und Jobmerkmale (z. B. Vorgesetztenverhalten, Gehalt) und spezifische, die Gestaltung des Arbeitsplatzes beschreibende Merkmale (z. B. Bürolayout, flexible Nutzungsmöglichkeiten) erfasst. Es zeigt sich, dass vermeintlich weiche Faktoren wie die Arbeitsatmosphäre den größten Einfluss auf die Weiteremp- fehlung haben. Darüber hinaus demonstrieren die Ergebnisse, dass die Gestaltungsmerkmale des Arbeitsplatzes in Summe, sowohl auf direktem als auch auf indirektem Wege, ebenfalls ganz maßgebliche Einflüsse ausüben. Zudem legt der Beitrag dar, wie aus einer Kombination quantitativer und qualitativer Methoden besonders konkrete und auf einzelne Unternehmen bezogene Erkenntnisse aus den Daten der Bewertungsplatt- formen gewonnen werden können. Eine zentrale Größe der Bewertungen auf Kununu stellt die Angabe zur Weiterempfehlung des Arbeitgebers dar. Sie ist als eine Gesamtbewertung des Arbeitgebers zu betrachten. Sie dürfte für Bewerber ein wichtiges Entscheidungskriterium sein und sollte daher von Arbeitgebern als wichtiges Ergebnismaß des Employer Brandings betrachtet werden. Allerdings kön- nen Arbeitgeber aus ihrer Weiterempfehlungsrate nur dann Maßnahmen im Employer Branding ableiten, wenn sie die Einflussgrößen bzw. Treiber der Weiterempfehlung und deren Zusammenhänge kennen. Diese stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. Dabei soll der Rolle wichtiger Arbeitsplatzmerkmale ein besonderes Augenmerk gelten, da diese aufgrund der aktu- Erkenntnisse aus Arbeitgeberbewertungen – Potenzial von Atmosphäre und Arbeitsplätzen Von Dr. Katharina Radermacher und Enja Marie Herdejürgen (Universität Paderborn) ellen pandemiebedingten Situation für Arbeitgeber und Arbeit- nehmer eine neue Bedeutung bekommen haben. Ein Großteil der Arbeitnehmer hat über lange Zeiträume sowohl örtlich als auch zeitlich flexibel gearbeitet. Das Arbeiten im Büro ist im Rahmen der Pandemie häufig zur Ausnahme geworden. Ak- tuelle Diskussionen spiegeln wider, dass davon auszugehen ist, dass auch in postpandemischen Zeiten viele der flexiblen Arbeitsplatzaspekte überleben werden und im Ergebnis eine Vielzahl hybrider Arbeitsformen zu beobachten sein wird. Für Arbeitgeber ist es daher wichtig zu wissen, wie diese Aspekte von den aktuellen Mitarbeitern wahrgenommen werden und sich auch auf potenzielle künftige Mitarbeiter auswirken. Welche Rolle spielt die Weiterempfehlungsrate im Rahmen des Employer Brandings? Mitarbeiterempfehlungen sind von großer Bedeutung in Recruiting-Prozessen und für das Employer Branding, was sich an dem zunehmenden Interesse der Arbeitgeber an der Weiterempfehlungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter zeigt. Wei- terempfehlungen im Recruiting-Kontext sind eine Form des Mund-zu-Mund-Marketings, bei dem aktuelle Angestellte eines Unternehmens dieses als potenziellen Arbeitgeber an Freunde, Bekannte oder allgemein Job-Suchende weiterempfehlen. Mitarbeiterweiterempfehlungen zählen zu den vielverspre- chendsten „Tools“ in der Mitarbeitergewinnung, wie eine Vielzahl an Studien zeigt. Insbesondere stellt sich dabei he- raus, dass Weiterempfehlungen im Vergleich zu formelleren Recruiting-Aktivitäten – wie z. B. Werbeanzeigen oder Anwer- bevorträgen von Recruitern – sowohl während des Auswahl- prozesses als auch nach erfolgter Einstellung zu einer Reihe positiver Effekte führen. So wirken sich Weiterempfehlungen positiv auf die Qualität des Bewerberpools aus, da die empfeh- lenden Mitarbeiter zum einen eine Vorselektion durchführen und zum anderen realistischere Informationen über die Stelle und das Unternehmen bieten als formelle Anwerbemethoden. Basierend auf diesen Informationen können potenzielle Be- werber besser entscheiden, ob die Stelle und der Arbeitgeber gut zu ihnen passen und sich dementsprechend in den Bewer- bungsprozess hinein- oder herausselektieren (Breaugh/Grei- sing/Taggart/Chen, 2003).

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