58 SERVICE_PRAXISBLICK PERSONALquarterly 04 / 22 PERSONALquarterly: Welche wissenschaftliche Leistung in der Menschheitsgeschichte hat Sie besonders beeindruckt? Simon Brugger: Für mich steht ganz vorne das World Wide Web, dessen Grundlagen in meinem Geburtsjahr 1989 am CERN entwickelt wurden und das zwei Jahre später die ganze Welt erreicht hat. Es ist die Basis dafür, Wissen für alle verfügbar zu machen, zu teilen, zu kooperieren und sich zu vernetzen. PERSONALquarterly: Die Wissenschaft hat zuletzt an Vertrauen eingebüßt. Welche Bedeutung hat für Sie die Wissenschaft? Brugger: Wissenschaft ist für mich das Streben nach objektiver Erkenntnis. Wichtig sind der wissenschaftliche Streit und die unterschiedlichen Perspektiven, die am Ende zu einem belastbaren Ergebnis führen. Wenn ausreichend breit geforscht wird, kann man sich auf die gesicherte Erkenntnis verlassen. Es ist aber auch wichtig darzustellen, was wir nicht wissen. PERSONALquarterly: Welche Berührungspunkte haben Sie persönlich mit der Wissenschaft? Welche hatten Sie in Ihrem Werdegang? Brugger: Ich habe an drei unterschiedlichen Hochschulformen in Deutschland studiert und geforscht: an einer dualen Hochschule, einer Fachhochschule und einer Universität. Bei Festo habe ich den intensiven Kontakt zur Wissenschaft und den Grundsatz des lebenslangen Lernens verinnerlicht. PERSONALquarterly: Arbeiten Sie mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen? Brugger: Wir arbeiten derzeit intensiv und mit einem interdisziplinären Ansatz aus Forschung und Praxis zum Thema „New Normal“ zusammen. Dabei geht es um rechtliche und arbeitswissenschaftliche Aspekte sowie die zukunftsfähige Gestaltung von Büros und hybrider Arbeit. Regelmäßig arbeiten wir auch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum Thema Kompetenzentwicklung und Lernen der Zukunft zusammen und kürzlich haben wir ein Projekt zum Thema HR Trendforschung in Kooperation mit einer Uni umgesetzt. PERSONALquarterly: Von wem ging die Initiative aus? Brugger: Sowohl von der Wissenschaft als auch aus der Praxis. Bei uns liegt der Schwerpunkt derzeit aufseiten der Wissenschaft, die nach Praxispartnern sucht. Umgekehrt suchen wir vermehrt die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft. So haben wir bspw. im Rahmen der Entwicklung von Mensch-RoboterKollaboration nicht nur technische Aspekte erforscht, sondern auch arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen. PERSONALquarterly: Kann die Wissenschaft helfen, das Personalmanagement in den Unternehmen besser zu machen? Brugger: Definitiv ja. Ich sehe das bei den Themen „New Normal“ oder der Kompetenzentwicklung. Solche Begriffe sind anfänglich oft unklar und „fuzzy“. Die Wissenschaft hilft, die Begriffe zu definieren und einzugrenzen. Sie unterstützt uns bei Ausrichtungsentscheidungen, der Konkretisierung von Visionen und der Optimierung von Vorhaben. PERSONALquarterly: Haben Sie ein aktuelles Beispiel, wo Sie auf wissenschaftliche Expertise zurückgreifen? Brugger: Tatsächlich ist dies bei „New Normal“ aktuell der Fall. Wir setzen dort eine breit angelegte Studie um. Zwar kennen wir unser Erkenntnisinteresse, hinsichtlich der Befragungsmethodik und der Auswertung sowie Interpretation der Ergebnisse kann wissenschaftliche Expertise jedoch unterstützen. PERSONALquarterly: Was wünschen Sie sich von der Wissenschaft? Simon Brugger: Ich wünsche mir generell anwendungsbezogene Forschung und konkreten Praxisnutzen – schlicht weniger Elfenbeinturm und mehr Dialog. Ich wünsche mir agile Zusammenarbeit und das Denken in Sprints, sodass Zwischenstände zyklisch reflektiert und das Vorgehen angepasst werden können. Und ich wünsche mir auch von der Wissenschaft die Mitwirkung beim Narrativ für die praktische Anwendung im Unternehmen. PQ stellt HR-Verantwortliche vor, die im engen Austausch mit der Wissenschaft sind und so Personalarbeit voranbringen. In dieser Ausgabe: Dr. Simon Brugger, Festo Der PERSONALquarterly-Fragebogen DR. SIMON BRUGGER verantwortet als Head of HR Excellence, Strategy and Strategic Projects bei Festo die HR-Strategie und Weiterentwicklung der HRFunktion.
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