Personal quarterly 4/2022

52 ESSENTIALS_REZENSIONEN PERSONALquarterly 04 / 22 Die Entwicklung neuer Produkte (und Prozesse) wird in der Forschung zu Kreativität und Innovation in drei Phasen unterteilt: dem Generieren einer ersten groben Idee, der Elaboration dieser Idee hin zu detaillierteren Plänen und der Umsetzung in einem finalen Produkt. In Organisationen werden Ideen häufig von anderen Mitarbeitern als den Ideengebern umgesetzt – ein Umstand, der bislang in der Forschung wenig Beachtung erhalten hat. Justin M. Berg und Alisa Yu gingen der Frage nach, welche Auswirkungen eine Übergabe von Ideen für die Kreativität bei der Umsetzung hat. In zwei Studien auf Basis von Archivdaten der US-Filmindustrie sowie einem darauf aufbauenden Experiment fanden die Autoren ihre Hypothese bestätigt, dass der Zeitpunkt der Übergabe einer Idee zur Umsetzung in einem finalen Produkt oder Prozess entscheidend ist: Je höher der Reifegrad von Ideen bei der Übergabe zur Umsetzung war, desto weniger kreativ und kohärent war das finale Produkt. Unter diesen Umständen, so die Theorie der Autoren, können Mitarbeiter, welche die Idee umsetzen, zum einen nur unzureichend „Psychological Ownership“ der Idee gegenüber entwickeln, sodass es ihnen an Motivation und Persistenz bei der Umsetzung mangelt. Zum anderen fällt es ihnen schwerer, eine Vision des finalen Produkts auf Basis der ursprünglichen Idee zu entwickeln, welche die verschiedenen Elemente kohärent vereint. Die zweite, experimentelle Studie der Autoren konnte zeigen, dass der Zusammenhang zwischen dem Reifegrad der Idee bei der Übergabe für die Umsetzung und der Kreativität und Kohärenz des finalen Produkts über diese beiden Mechanismen zustande kommt. Weitere Analysen ergaben, dass der Unterschied in der Kreativität und Kohärenz des finalen Produkts bei späten Übergaben daher rührt, dass bei der Umsetzung vergleichsweise drastische Änderungen (anstelle kleinerer Verbesserungen) vorgenommen wurden. Die Ergebnisse der beiden Studien deuten darauf hin, dass in Innovationsprojekten so früh wie möglich Mitarbeiter für die Umsetzung der Idee identifiziert und in die Entwicklung der Produktidee eingebunden werden sollten, um deren Commitment zur Idee und der darin enthaltenen Vision des finalen Produkts sicherzustellen. Besprochen von Dr. Benjamin Krebs, Lehrstuhl International Business, Universität Paderborn. Wenn die Vision unterwegs verloren geht Berg, J. M. Berg & Yu, A. (Stanford University): Getting the picture too late: Handoffs and the effectiveness of idea implementation in creative work, Academy of Management Journal, 2021, Vol. 64, No. 4., 1191-1212. Es gilt als wissenschaftlich bewiesen, dass die jobbezogene Motivation der Mitarbeitenden einen entscheidenden Einfluss auf die Unternehmensperformance hat. Das hier besprochene Paper untersucht nun auf Grundlage eines affektorientierten Ansatzes den Einfluss des Verhaltens von Führungskräften auf diese Motivation. Dabei betrachten die Autoren die Mitarbeitenden und wie sie das Verhalten der Führungskräfte wahrnehmen und dieses bewusst oder unterbewusst für sich deuten. Als Datengrundlage dient den Autoren eine Befragung von 75 Büromitarbeiterinnen und -mitarbeitern in China über einen Zeitraum von zwei Arbeitswochen zweimal am Tag, einmal mittags und einmal vor Verlassen des Arbeitsplatzes am Abend. In dem Zeitraum lag auch ein reguläres alle zwei Wochen stattfindendes unternehmensweites Meeting über Neuigkeiten und die Ziele für die nächsten zwei Wochen. Im Rahmen der Befragung über einen Papierfragebogen gaben die Befragten Einschätzungen zum Verhalten der Führungskräfte und die eigene jobbezogene Motivation. In der Studie machen die Autoren aus Australien, den USA und China keinen Unterschied zur Art und Weise des Verhaltens der Führungskräfte und ob dieses unkontrolliert oder ein bewusst gewähltes Verhalten im Rahmen einer geplanten Kommunikation ist. Abseits dessen gibt es noch weitere Einschränkungen bspw. die Beschränkung des Samples auf ein Unternehmen, die Betrachtung der Wahrnehmung der Mitarbeitenden (ohne eine Befragung der Führungskräfte) und eine Beschränkung auf zwei Arbeitswochen, was zeitlich verschobene Effekte außer Acht lässt. Trotzdem lassen sich für Praktiker interessante Erkenntnisse ableiten: Die Ergebnisse belegen, dass die Wahrnehmung des Verhaltens der Führungskräfte einen Einfluss auf die Motivation der Mitarbeitenden hat. Die Autoren erläutern weiterhin, dass es für Führungskräfte von hoher Bedeutung sein sollte, die Emotionen der Mitarbeitenden zu erkennen. In der Folge lässt sich durch ein gezieltes Anpassen des eigenen Verhaltens die Motivation der Mitarbeitenden beeinflussen. Besprochen von Peter Göhre, Lehrstuhl International Business, Universität Paderborn. Was hat Einfluss auf die Mitarbeitermotivation? Sun, J. (Monash University, Melbourne), Wayne, S. J. (University of Illinois at Chicago) und Liu, Y. (Wuhan University): The Roller Coaster of Leader Affect: An Investigation of Observed Leader Affect Variability and Engagement, Journal of Management. 2022; 48(5): 1188-1213

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