45 04 / 22 PERSONALquarterly der Meeting-Zusammensetzung zur Reduzierung von kontraproduktiven kontextuellen Faktoren, die Herausforderung, die Gruppenatmosphäre adäquat wahrzunehmen (vgl. Abb. 4) und das Meeting so zu gestalten, dass sich keine unterschiedlichen (negativen) Dynamiken zwischen den Teilnehmenden entwickeln. Grundsätzlich gilt: Je weniger wahrnehmbar die Teilnehmenden für die Leitung sind, desto wichtiger wird eine proaktive Steuerung seitens der Meeting-Leitung. Zur Beeinflussung der Gruppenatmosphäre bietet es sich an, die Zusammensetzung aller Teilnehmenden zu überprüfen sowie „Eisbrecher“ zu nutzen. Die Überprüfung der Zusammensetzung aller Teilnehmenden zielt darauf ab herauszufinden, welche Gruppenstrukturen existieren. Möglich wäre es z. B., dass es zwei große zusammengeschaltete Präsenzräume gibt. Dann sollte die Meeting-Leitung im Vorfeld eine verantwortliche Person im anderen Präsenzraum auswählen (ähnlich zu den Meeting-Rollen), welche dauerhaft im Austausch mit der Meeting-Leitung steht. Dadurch kann sichergestellt werden, dass keine unterschiedlichen Gruppendynamiken entstehen, da ein Bewusstsein über die jeweiligen Gruppenatmosphären herrscht. Die Nutzung von „Eisbrechern“ erfüllt zwei wesentliche Funktionen, die sich positiv auf die Gruppenatmosphäre auswirken. Zunächst wird von Beginn an eine möglichst homogene Gruppenatmosphäre erzeugt, da sich alle Teilnehmenden gleichermaßen involviert fühlen. Der zweite Effekt zeichnet sich durch eine höhere Teilnahmebereitschaft aus, denn frühere Studien haben gezeigt, dass Personen, die sich einmal zuWort gemeldet haben, dies mit größerer Wahrscheinlichkeit wieder tun werden (Reed/Allen, 2022). Daher wirken die „Eisbrecher“ langfristig und tragen dazu bei, dass sich Personen auch eher zu Wort melden, falls etwas weniger gut läuft, wie z. B. wenn Kollokationsblindheit auftritt. Herausforderung Fokus Fokus beschreibt, inwieweit die Teilnehmenden sich auf das Meeting konzentrieren und aktiv mitarbeiten. Die Erfahrungen aus hybriden Meetings zeigen, dass aufgrund der verschiedenen Kommunikationskanäle (in Präsenz, virtuell und auditiv) die Erfassung und das Sicherstellen des Fokus aller Meeting-Teilnehmenden enorm erschwert wird. Während die Meeting-Leitung bei Präsenzteilnahme den Fokus aller anderen Präsenzteilnehmenden gut überblicken kann, hat sie nahezu keine Information über den Fokus der Remote-Teilnehmenden (z. B. wegen Multitasking). Ebenso ist in diesem Szenario die Steuerung von Teilnehmenden durch nonverbale Kommunikation seitens der Meeting-Leitung erschwert, wenn sich diese nicht in ihrer unmittelbaren räumlichen Nähe befinden. Daher ergibt sich die Herausforderung für die Meeting-Leitung (vgl. Abb. 4), den Fokus aller Teilnehmenden möglichst hochzuhalten und die Interaktionen dementsprechend zu steuern. Um als Meeting-Leitung den Fokus der Teilnehmenden zu erhöhen, bietet es sich an, die aktive Mitarbeit gezielt anzuregen, indem die Meeting-Leitung einzelne Teilnehmende anspricht, und kognitive Entlastungsphasen (z. B. Pausen) zu integrieren. Durch diese Möglichkeit fokussieren sich alle Teilnehmenden deutlich mehr auf den Gesprächsverlauf. Um zu verhindern, dass Ängste entstehen und Personen von vornherein demMeeting negativ gegenüberstehen, sollte die Intention erklärt werden (z. B. Teilnahmegleichheit für alle) und eine Ausweichmöglichkeit gegeben sein (z. B. eine Frage weiterzugeben). Eine weitere Möglichkeit wäre, eine Regel zu etablieren, welche besagt, dass remote zugeschaltete Personen zuerst sprechen (Reed/Allen, 2022). Neben der Aktivierung sollten auch Entlastungsphasen durch das selektive Hinzuschalten von Experten und reguläre Pausen geschaffen werden. Das selektive Zuschalten von Experten bedeutet, dass diese nicht die komplette Meeting-Dauer hinzugeschaltet werden, sondern nur dann, wenn ihre Expertise gefordert ist. Dabei hilft es, dass Teilnehmende merken, dass ihr Fokus nun gefordert ist. Außerdem kann dies auch dazu führen, dass nur zeitweise in ein hybrides Format gewechselt werden muss. Der Effekt von regulären Pausen, um wieder Kraft und Konzentrationsfähigkeit zu sammeln, sollte nicht unterschätzt werden. Dabei ist es wichtig, dass keine „Alibipausen“ für fünf Minuten eingelegt werden, sondern dass die Pausen in ihrer Länge durchdacht sind. Zusätzlich kann die Pause mit einer Pausenaktivität versehen werden, welche allen Teilnehmenden hilft, sich etwas zu entspannen, und dafür sorgt, dass nicht schnell nebenbei andere Aufgaben erledigt werden und das Meeting als Pause genutzt wird. Letztlich ist es von Bedeutung, dass die Intervalle zwischen den Pausen nicht übermäßig lang werden (etwa alle 30 bis 45 Minuten eine Pause), damit der Fokus der Teilnehmenden nicht überstrapaziert wird. Implikationen und Konklusion Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass sich hybride Meetings in Bezug auf die Interaktionsproxemik, die informelle Kommunikation, die Gruppenatmosphäre und den Fokus substanziell von anderen Meeting-Formaten unterscheiden. Daraus leiten sich unmittelbare Handlungsempfehlungen für Führungskräfte und andere Meeting-Leitende ab. Eine wichtige Erkenntnis zur Anwendung der Handlungsempfehlungen ist, dass die Faktoren am besten im Zusammenspiel wirken. Darauf basierend lassen sich noch weitere praktische Implikationen für die Personal- und Führungskräfteentwicklung ableiten. Konkret ergeben sich drei Faktoren aus Sicht der Personal- und Führungskräfteentwicklung, welche zukünftig mitberücksichtigt werden sollten und über die expliziten Handlungsempfehlungen für hybride Meetings hinausgehen. Erstens: Führungskräfte sollten gezieltes Training erhalten,
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