38 PERSONALquarterly 04 / 22 NEUE FORSCHUNG_HYBRIDES ARBEITEN Die Coronapandemie fungierte als Katalysator für die organisatorische Entwicklung von Unternehmen hinsichtlich New Work. Ein Eckpfeiler dieser rapiden Organisationsentwicklung war und ist die Ermöglichung des Arbeitens im Homeoffice oder von anderen Orten abseits des regulären Arbeitsplatzes. Die Erfahrung hat vielfach gezeigt, dass Arbeitsabläufe auch remote reibungslos funktionieren. Darauf aufbauend gibt ein Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, dass sie erwarten, auch zukünftig (zumindest teilweise) die Möglichkeit zu haben, remote zu arbeiten (Hofmann et al., 2020). Im Einklang damit stehen die Ergebnisse des letztjährigen Work Trend Index, in dem über 60 % der Führungskräfte angaben, ihr Unternehmen ziehe eine Umgestaltung der Büroräume für flexible Arbeitsformen in Erwägung (Microsoft, 2021). Während in der Pandemiezeit der Hauptantrieb für Remote-Arbeit das Sicherheitsempfinden der Beteiligten war, wird es zukünftig der Wunsch und die Erwartung nach Flexibilität sein (Reed/Allen, 2022). Über 70 % der aktuell remote Arbeitenden sprechen sich für eine Beibehaltung dieser flexiblen Arbeitsoption aus (Microsoft, 2021). Diese Entwicklung beeinträchtigt auch die Meeting-Landschaft. Während vor der Pandemie der Großteil der Meetings in Präsenz abgehalten wurde, verlagerten sich während der Pandemie die Meetings ins Virtuelle (Reed/Allen, 2021). Wenn nun zukünftig ein Teil der Mitarbeitenden wieder im Büro arbeitet, während ein anderer Teil weiterhin remote arbeitet, ergibt sich unweigerlich eine neue Situation für die abzuhaltenden Meetings: Ein Teil wird remote zugeschaltet, während der andere Teil gemeinsam im Büro sitzt. Diese neue Art von Meeting wird als hybrid bezeichnet. Hybride Meetings sind daher die Antwort auf die aktuelle Organisationsentwicklung, da sie dafür sorgen, dass Arbeitnehmer ihre Flexibilität weiterhin erhalten und dennoch an geplanten Meetings teilnehmen können. Denn, wie von Hofmann et al. (2020) beschrieben, ein Schritt zurück in die Zeit vor der Pandemie wird aus der Perspektive der Arbeitnehmer kaum möglich sein. So hat die Coronapandemie die Meeting-Landschaft irreversibel verändert: Meetings werden zunehmend hybrid abgehalten. Allerdings entstehen im Rahmen von hybriden Meetings neue Herausforderungen, um diese Form der Meetings erfolgDie Herausforderungen hybrider Meetings verstehen und meistern Von Fabio Krüger, Prof. Dr. Nale Lehmann-Willenbrock (Universität Hamburg) et al. reich durchzuführen und die Flexibilität der Arbeitnehmer zu rechtfertigen. Diesen Herausforderungen sehen sich in erster Linie Führungskräfte gegenüber. Denn sie müssen häufig als Meeting-Leitung fungieren und die Meetings vorbereiten, durchführen und nachbereiten. Sie tragen die Verantwortung für die erfolgreiche Durchführung der Meetings. Wenn diese Aufgaben schon in den gewohnten Präsenz-Meetings und in rein virtuellen Meetings viel von Führungskräften fordern, verändert sich das Aufgabenspektrum in hybriden Meetings substanziell. Einerseits steigen die technischen Herausforderungen, denn es muss nun neben dem Online-Raum auch die nötige technische Infrastruktur vor Ort gemanagt werden. Andererseits verändert sich die Interaktion, denn Präsenzteilnehmende können leichter untereinander interagieren, während Personen im virtuellen Raum sich schwieriger einbringen können. Der Balanceakt für Führungskräfte hat sich demnach verschärft und umfasst weitere Facetten, die imMeeting zum Tragen kommen können. Inwiefern hybride Meetings nun neue Herausforderungen, insbesondere für Führungskräfte, mit sich bringen und welche Handlungsempfehlungen sich für das erfolgreiche Durchführen hybrider Meetings ableiten lassen, wurde bisher nicht ausreichend beleuchtet. Vor dem Hintergrund des Wandels der Meetings von Präsenz- und rein virtuellen Meetings hin zu hybriden Meetings ist die Analyse der neuen (Führungs-) Herausforderungen zur Ableitung von Handlungsempfehlungen essenziell und daher Ziel der vorliegenden Studie. „Meetingitis“ als zusätzlicher Faktor Meetings sind definiert als strukturierte, zweckorientierte Interaktion zwischen mindestens zwei Personen. Sie sind vorab terminiert, dauern typischerweise zwischen 30 und 60 Minuten und können in Präsenz, virtuell oder in Mischformen stattfinden (Rogelberg et al., 2006). Das Phänomen der immer weiter zunehmenden Meetings wird häufig als „Meetingitis“1 1 Meetingitis beschreibt die Entwicklung der sich immer mehr häufenden Meetings und daraus resultierender unproduktiven Ergebnisse. Folgen direkt in den Meetings sind dagegen, dass bspw. einzelne Personen eine Diskussion dominieren oder Multitasking. Beide Faktoren tragen dazu bei, dass Meetings insgesamt als weniger produktiv wahrgenommen werden. Daraus resultiert häufig das Empfinden, Meetings seien unnötig (z. B. von 182 befragten Managern empfanden 71 % ihre Meetings als unproduktiv). Schätzungen zufolge sind es 37 Milliarden Dollar, die pro Jahr durch unnötige und ineffektive Meetings verschwendet werden. Der Effekt „unnötiger“ Meetings ist also nicht nur auf der sozialen, sondern auch auf der ökonomischen Ebene deutlich spürbar.
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