Personal quarterly 4/2022

34 PERSONALquarterly 04 / 22 NEUE FORSCHUNG_HOMEOFFICE WÄHREND DER PANDEMIE steigerung kann allerdings nur unter der Prämisse zustande kommen, dass die zusätzliche Arbeitszeit auch tatsächlich in die Arbeit investiert wird. Entwicklung von Work-Life-Konflikten und professioneller Isolation Work-Life-Konflikte betreffen die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Beschäftigte, die ein hohes Maß an Work-Life- -Konflikten aufweisen, empfinden, dass ihre berufliche Rolle sie daran hindert, sich auf wichtige Dinge in ihrem Familien- oder Privatleben zu konzentrieren. Außerdem verspüren sie aufgrund ihrer Arbeit zu wenig Zeit oder Energie für wichtige Menschen in ihrem Privatleben (Schieman u. a., 2021). Weist die Belegschaft einer Organisation ein hohes Maß an WorkLife-Konflikten auf, so kann dadurch der Unternehmenserfolg beeinträchtigt werden (Beauregard/Henry, 2009). Im Durchschnitt haben sich die von den Beschäftigten empfundenenWork-Life-Konflikte über die drei Messungen hinweg jedoch kaum verändert (vgl. Abb. 2). Sie verbleiben relativ konstant auf mittlerem Niveau. Feststellen lässt sich jedoch, dass die Arbeit im Homeoffice tendenziell etwas mehr Konfliktpotenziale bietet als die Arbeit im Büro. Dieser Befund wird auch durch andere internationale Studien gestützt, die im Zuge der Pandemie entstanden sind (z. B. Schieman u. a., 2021). In der vorliegenden Erhebung zeigt sich außerdem, dass ein insgesamt als positiv wahrgenommener Umgang der Organisation mit der Covid-19-Pandemie zu einer Reduzierung von Work-Life-Konflikten beitragen kann. Auch soziale Isolation stellt ein zunehmend beforschtes Phänomen dar. Eine Facette der sozialen Isolation stellt die professionelle, also berufsbezogene, Isolation dar. Sie ist im Wesentlichen das Gefühl, von anderen imArbeitsalltag „abgeschnitten“ zu sein, und tritt vor allem auf, wenn der Wunsch nach Unterstützung, Verständnis und sozialem Austausch im beruflichen Kontext nicht erfüllt wird. Professionelle Isolation steht dabei in einem negativen Zusammenhang mit der individuellen Arbeitsleistung. Wenngleich Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeit im Homeoffice professionelle Isolation fördern kann, zeigen die Forschungsergebnisse auch, dass digitale Interaktion mithilfe von Technologie diesen Zusammenhang deutlich abschwächen kann (Golden/Veiga/ Dino, 2008). Im Rahmen der durchgeführten empirischen Studie zeigt sich, dass sich die professionelle Isolation in Bezug auf das Berufsleben insgesamt auf einem mittleren Niveau bewegt (vgl. Abb. 2). Dies könnte bspw. damit zusammenhängen, dass es im Rahmen der Covid-19-Pandemie zu einer zunehmenden Nutzung digitaler Kommunikationstechnologien gekommen ist. Ob es einen solchen Kompensationseffekt tatsächlich gegeben hat, lässt sich aus den Daten allerdings nicht genau bestimmen. Zum zweiten Messzeitpunkt im Sommer 2020 ist die professionelle Isolation geringer ausgeprägt als zu den beiden anderen Messzeitpunkten. Dies könnte darin begründet sein, dass es zu diesem Zeitpunkt wieder mehr persönliche arbeitsbezogene Kontakte im Büro gegeben hat. Entwicklung der Stresswahrnehmung Stress stellt einen subjektiv unangenehmen Zustand dar, in dem von einer Person Anspannung empfunden wird. Für Unternehmen wirken sich insbesondere stressbedingte Fehltage negativ aus und können Produktions- bzw. Umsatzeinbußen nach sich ziehen (Süß/Klingenberg, 2021). Ein wichtiges Maß für Stress im beruflichen Kontext stellt die Irritation dar. Diese erfasst emotionale und kognitive Beanspruchung im Kontext der Erwerbsarbeit, z. B. wiederkehrende Gedanken an arbeitsspezifische Probleme. Irritation wird u. a. hervorgerufen durch ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen persönlichen Ressourcen und alltäglichen Belastungen und ist daher ein Produkt eines Interaktionsprozesses zwischen Person und Umwelt (Mohr/Rigotti/Müller, 2005). Eine weitere Form von Stress, die im Arbeitskontext zunehmend erforscht wird, ist der sog. Technostress. Es handelt sich um Stress, der durch die Nutzung digitaler Technologien hervorgerufen wird. So kann der Einsatz von Technologien zu längerem oder schnellerem Arbeiten (sog. Techno Overload), 5,0 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 1 2 3 Work-Life-Konflikt 2,60 2,68 2,74 Soziale Isolation 2,71 2,42 2,79 Skala: 1-5 Abb. 2: Entwicklung von Work-Life-Konflikten und professioneller Isolation Quelle: Eigene Darstellung

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