Personal quarterly 4/2022

PERSONALquarterly 04 / 22 12 SCHWERPUNKT_PEOPLE MANAGEMENT lich zu machen. Außerdem stellen gute Grundkenntnisse zum Thema sicher, dass Unternehmer/-innen Anzeichen von Stress bei ihren Mitarbeitenden frühzeitig erkennen und somit aktiv werden können. Ein praktischer Ansatz, dieses Wissen zu vermitteln, sind Seminare und die Verbreitung von Informationen über andere Medien (z. B. Podcasts oder Videos). Jedoch zeigen die Interviews auch, dass diese Angebote überwiegend von Unternehmer/-innen in Anspruch genommen werden, die bereits grundsätzlich Interesse am Thema haben. Nicht zuletzt auch aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung ist es jedoch wichtig sicherzustellen, dass auch die Unternehmer/-innen erreicht werden, die das Thema Stress am Arbeitsplatz für unwichtig halten oder sich nicht wohl damit fühlen, es bei ihren Mitarbeitenden zu thematisieren. Bei dieser Zielgruppe kann es helfen, die Informationen bereits zu einem frühen Zeitpunkt und in einem anderen Kontext zu vermitteln. Dies kann bspw. im Rahmen von Gründungsberatungen oder Fortbildungen zur allgemeinen Unternehmensführung geschehen, die von Start-up-Centern, im Rahmen von Förderprogrammen zur Unternehmensgründung oder als Teil des Weiterbildungsportfolios der Industrie- und Handels- bzw. Handwerkskammer angeboten werden. 2. Nutzen, was da ist, statt neu anzufangen Auch wenn die gängigen stresspräventiven Maßnahmen selten in KKU umgesetzt werden, sind die Unternehmer/-innen keineswegs inaktiv. ImGegenteil: Die Unternehmer/-innen berichten von einer Vielzahl von organisatorischen oder informellen Ansätzen, die die Arbeitsbedingungen und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden verbessern sollen. Hierzu zählen bspw. innovative Lösungen bei der Terminplanung oder regelmäßige Teamausflüge. Laut Unternehmer/-innen leisten diese Ansätze bereits einen ersten Beitrag zur Stressprävention, auch wenn sie nicht primär zu diesem Zweck eingeführt wurden. Um die Motivation der Unternehmer/-innen zu erhöhen, präventiv gegen Stress vorzugehen, kann es ratsam sein, auf diesen bestehenden Ansätzen aufzubauen, um so die Zeit und Kosten für die Einführung von neuen Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Viele Unternehmen führen bspw. bereits regelmäßige Teammeetings durch. Insbesondere in KKU besteht so die Möglichkeit, die gesamte Belegschaft zu versammeln, um z. B. das Angebot eines Stressmanagementtrainings vorzustellen. Gleichzeitig können solche Treffen genutzt werden, um die Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung Psyche zu besprechen und gemeinsam zu entscheiden, welche Veränderungen am Arbeitsplatz vorgenommen werden sollten, um psychische Belastungen zu reduzieren und Stress vorzubeugen. Viele Unternehmer/-innen betonen die Flexibilität in ihren Betrieben, und dass es ihnen wichtig ist, ihren Mitarbeitenden den Freiraum einzuräumen, regelmäßig neue Aufgaben und Bereiche auszuprobieren. Diese Flexibilität ist einem halbstrukturierten Leitfaden. Die transkribierten Audioaufnahmen wurden anschließend von der Erstautorin nach den Regeln der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse analysiert (Kuckartz/Rädiker, 2022). Die Vorgehensweise beschränkte sich auf eine rein induktive Bildung von Haupt- und Subkategorien zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfrage. Die Interviewstudie wurde im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts „PragmatiKK“ durchgeführt, das die Implementierung von Stressprävention in KKU untersucht (Engels et al., 2022), und von der Ethikkommission der Universität zu Köln genehmigt. Neben dem vorliegenden Aufsatz wurden noch weitere wissenschaftliche Studien auf Basis der erhobenen Daten angefertigt. Mithilfe eines kurzen Vorabfragebogens wurden demografische Daten der befragten Unternehmer/-innen (vgl. Abb. 1) und ihren Unternehmen (vgl. Abb. 2) gesammelt. Die Mehrheit der Unternehmer/-innen war männlich (83 %) und hatte entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung (42 %) oder ein abgeschlossenes Studium (50 %). Insgesamt gaben die meisten Unternehmer/-innen an, dass sie mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiteten (75 %). Im Durchschnitt waren die Unternehmer/-innen 44 Jahre alt und seit 12 Jahren in ihrer aktuellen Position. Die Unternehmer/-innen führten ihre Unternehmen überwiegend allein (42 %) oder im Team mit einer weiteren Person (38 %). Bezüglich der Branchen sind Unternehmen aus demHandwerk (54 %) und aus demDienstleistungsbereich (46 %) vertreten. Es wurden sowohl Unternehmer/-innen interviewt, die bereits Erfahrung mit stresspräventiven Maßnahmen gemacht haben (46 %), als auch Unternehmer/-innen, die bisher noch keine stresspräventiven Maßnahmen in ihrem Unternehmen eingeführt haben (54 %). Lösungsansätze, um Unternehmer/-innen für Stressprävention zu motivieren 1. Tabus durchbrechen und Stress zum Thema machen Selbst wenn Sätze wie „Puh, bin ich gestresst“ und „Das liegt bestimmt am ganzen Stress“ häufig am Arbeitsplatz fallen, zeigen die Interviews, dass es selten vorkommt, dass bei diesen Gesprächen mehr in die Tiefe gegangen wird. Einerseits fürchten Unternehmer/-innen Schuldzuweisungen, andererseits vermuten sie auch, dass ihre Mitarbeitenden fürchten, durch etwaige Eingeständnisse als schwach oder nicht belastbar angesehen zu werden. Umso wichtiger ist es also, das Thema Stress am Arbeitsplatz zu enttabuisieren und Unternehmer/-innen für dessen Wichtigkeit zu sensibilisieren. Ein wichtiger erster Schritt für diese Enttabuierung ist es, Unternehmerinnen und Unternehmer mit dem notwendigen Wissen auszustatten, wie Stress am Arbeitsplatz entsteht und welche (ökonomischen) Folgen Stress haben kann. So lernen Unternehmer/-innen, wie vielschichtig Stress auf der Arbeit sein kann und dass es bspw. zu kurz gedacht ist, eine einzelne Person dafür verantwort­

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==