Personal Quarterly 1/2021

68 SERVICE _FORSCHERPORTRÄT PERSONALquarterly 01/21 Arbeitsumgebung gestalten Susanne Warning forscht und lehrt an der Universität Augsburg. Ihren theoretischen Fragestellungen geht sie mit großen Datensätzen empirisch auf den Grund. Ruth Lemmer, Freie Wirtschaftsjournalistin in Duisburg P rofessorin Warning steckt mitten in der Online-Lehre wie beinahe alle Kolleginnen und Kollegen an den Hochschulen. „Die Vorlesungen fürs Wintersemester ins Netz zu stellen, erfordert ein komplettes Umden- ken“, beschreibt die Lehrstuhlinhaberin für Global Business & Human Resource Management in den Wirtschaftswissenschaf- ten an der Universität Augsburg. „Bisher konnte ich interak- tiv agieren, jetzt habe ich keine Kontrolle darüber, wie viele Studierende zu welchem Zeitpunkt die Vorlesung herunterla- den.“ Bei 800 BWL-Erstsemestern, von denen eine unbekannte Anzahl in Gebieten wohnt, die keine gute Internetversorgung haben, werden erst die Prüfungen beweisen, ob der Stoff er- fasst wurde. Erfahrungen aus dem Corona-Frühjahr zeigen, dass offene Diskussionsrunden, Sprechstunden und Seminare online sehr unterschiedlich angenommen wurden. „Ich treffe die Studierenden und Mitarbeitenden lieber, aber wir müssen jetzt kreative Lösungen ausprobieren“, lässt sich Warning die Arbeit nicht vermiesen. „Gemeinsame Online-Kaffeepausen und Spaziergehtermine am Lehrstuhl klappen ganz prima.“ Flexibel auf Situationen zu reagieren, das hat Susanne War- ning gelernt. Sie wurde 1975 in Osnabrück geboren und wuchs in Bad Essen mit seinem historischen Fachwerkhauskern nahe der niedersächsischen Universitätsstadt auf. Nach dem Abitur blieb sie zum Studium in Osnabrück, stellte sich mit Betriebs- wirtschaftslehre, mit Statistik und Marketing, aber auch mit einigen Semestern Mathematik und Latein breit auf. Schließ- lich entschied sich Susanne Warning für eine Diplomarbeit in Statistik – und war mit Vergnügen zwischen Zahlen und Formeln unterwegs. Während des ganzen Studiums jobbte sie nebenher, denn da sie aus einem Nichtakademikerhaushalt kam, blieben die bei vielen Kommilitonen üblichen Finanz- spritzen von zu Hause aus. 2000 schloss die Studentin mit dem BWL-Diplom den ersten akademischen Schritt ab. Und wechselte nach Konstanz. Denn an der Universität am Bodensee konnte Susanne War- ning den mathematisch-statistischen Methoden innerhalb der Wirtschaftswissenschaften noch näher rücken. „Die Ökonome- trie hat mich damals infiziert“, erzählt die 45-Jährige. „Im For- schungskolloquium wurden die Modelle und Themen aus den Blickwinkeln der Makroökonomie wie der BWL betrachtet, es ging in den Diskussionen bunt und offen und frei zu.“ Das lag auch daran, dass ihr Doktorvater Oliver Fabel Studierende der Volkswirtschaftslehre unterrichtete, denn reine BWL gab es an der Uni Konstanz nicht. „Die teils strikt gepflegten Grenzen zwischen VWL und BWL habe ich erst später kennengelernt“, sagt Professorin Warning, die bis heute übergreifende wissen- schaftliche Forschungsfragen wichtig und interessant findet. „Nur so können wir Wirkungszusammenhänge identifizieren, aus denen sich Vorhersagen und Handlungsempfehlungen für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft ableiten lassen.“ Beide Schwerpunkte ihres Universitätslehrstuhls – Personalmanage- ment und Bildung – befassen sich deshalb aus verschiedenen Blickwinkeln mit komplexen Entscheidungsprozessen, den in- dividuellen wie den organisationalen in nationalen und inter- nationalen Unternehmen und Institutionen. Wie die D&O-Versicherung Managerverhalten beeinflusst Doch bis die Forscherin und Lehrende dem Ruf nach Augsburg auf den eigenen Professorenposten folgen konnte, promovierte Susanne Warning 2005 erst einmal in Konstanz über die stra- tegische Positionierung von Universitäten. Mit einem bildungs- ökonomischen und organisationstheoretischen Ansatz forschte sie auf der Basis empirischer Daten aus den Universitäten. „Damals haben Hochschulen noch nicht so systematisch agiert wie heute“, erinnert sie sich. Während ihrer Promotionspha- se unternahm die wissenschaftliche Mitarbeiterin mehrmo- natige Forschungsvisiten an der Wirtschaftsuni in Wien, der US-amerikanischen Indiana University in Bloomington und der Universität Trier. Dorthin wechselte Warning und habi- litierte am Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union 2012 über die in Deutschland da- mals gerade heiß diskutierte Managerhaftung – wieder ein Thema mit reichlich vielen Facetten: Welchen Einfluss hat eine D&O-Versicherung auf Corporate Governance? Was be- wirkt das sehr deutsche Phänomen des Selbstbehalts? Und in welcher Relation stehen Vergütung und Haftung? Und schließ- lich: Unterscheidet sich das Verhalten von Managern je nach Haftungsvereinbarung? Mit Büronachbarn debattierte sie über die juristischen Grundlagen, aber ihr Thema blieb eines mit Personalschwerpunkt.

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