Personal Quarterly 1/2021

67 01/21 PERSONALquarterly können eigentlich störende Eigenschaften wie Hybris und Nar­ zissmus auf die Firma einzahlen. Das jedenfalls hat Professor Andreas Engelen in zwei sekundärdatenbasierten empirischen Studien herausgefunden. Einmal ging es um die Daten von 61 US-amerikanischen CEOs der Hightech-Branche, das an­ dere Mal branchenübergreifend um 41 US-Spitzenmanager. Der BWL-Lehrstuhlinhaber für Management an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf (HHU) untersuchte den Zusam­ menhang der CEO-Persönlichkeiten und den Erfolgsfaktor Cor­ porate Entrepreneurship. Hybris – gemeint ist ausgeprägtes Selbstbewusstsein bis zur Selbstüberschätzung – fördert das Entscheidungstempo, hält sich nicht mit kleinteiligen Analy­ sen auf und mindert Unsicherheitsgefühle selbst in riskanten Marktsituationen. „Das wirkt visionär und mitreißend auf die Mitarbeiter, es wird Unternehmertum verbreitet“, so Engelen, der aber gleich einschränkt: „Hybris hat einen abnehmenden Grenznutzen.“ Regiert der CEO ohne jegliche Abstimmungen, übersieht er kritische Informationen und überfordert Mitarbei­ ter durch zu viele Ideen, kippen Stimmung und Erfolg. Toxisches Verhalten von Managern kostet Geld Ebenso bringt ein narzisstischer CEO mit seiner Erwartung ständiger Aufmerksamkeit und Bewunderung Chancen und Ri­ siken für das Unternehmen. „Sind die Marktdynamik oder die Marktkonzentration hoch, erzeugen CEOs, die unbedingt im Mittelpunkt stehen müssen, mit ihren oft originellen und vor allem schnellen Entscheidungen eine sehr gute Unternehmens­ performance“, beschreibt Professor Engelen. Denn besonders dynamische Märkte, in denen Kunden ihre Vorlieben und ihr Verhalten rasch ändern, treffen auf Vorstandschefs, die sofort auf diese Wünsche reagieren und sich auch vor unpopulären Entscheidungen wie Personalumbau und -abbau nicht scheu­ en. Genau dieser eilige Blick auf den Markt und die fehlende Analyse aber können Mitarbeiter einschüchtern und Ideen ver­ senken. Hybris und Narzissmus, so die Untersuchungen, sind also kein Allheilmittel für den Unternehmenserfolg. Ein differenziertes Bild zu Führungsverhalten erzielte Pro­ fessorin Christina Hoon mit der Auswertung von rund 40.000 Einträgen zu 148 Arbeitgebern auf der Bewertungsplattform Kununu. Die Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Bielefeld mit dem Schwerpunkt Familienunternehmen gibt eine kleine Entwarnung: Nur jeder fünfte Arbeitnehmer gibt seinen Führungskräften eine negative Bewertung. Weit weni­ ger entlastend ist ein zweites Ergebnis: 85 Prozent der Unter­ nehmen erhalten eine negative Bewertung für Führungskräfte, weil die Beschäftigten destruktives, missbrauchendes und übergriffiges Verhalten erleben. Abusive Supervision nennen die Fachleute das, was allgemeinsprachlich als schlechtes Ver­ halten bezeichnet wird. „Werden Führungskräfte als aggressiv und feindlich wahrgenommen, wirkt ihr Verhalten geradezu to­ xisch auf die Mitarbeiterzufriedenheit und den Firmenerfolg“, fand Hoon mit der Analyse der Daten heraus. „Das kostet Geld.“ Und es langt schon eine Person, um das Klima zu vergiften. Der Schluss der Forscherin: „Man darf schlechte Führung nicht aushalten.“ Oder positiv formuliert: „Wer in gute Führung in­ vestiert, kriegt etwas zurück.“ Für ein angemessenes Führungsverhalten gibt es, meint Christina Hoon „einen breiten Korridor“. Den wird sie wei­ ter erforschen, zum Beispiel in kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Immerhin hat sie einen Familienunternehmen- Stiftungslehrstuhl inne und hofft auf Feldstudien in Firmen. Vielleicht klärt sich dann auch ein Ausreißer ihrer Kununu- Analyse: 16 Prozent der Unternehmen tut ein raues Firmen­ klima nämlich gut, wenn man Umsatz und Ertrag anschaut. Woran das liegt, dass Mitarbeiter zufrieden sind, obwohl Chefs herumschreien oder immer schlecht gelaunt sind, will Chris­ tina Hoon herauskriegen – und ebenso, warum ein Kuschel­ klima auch schlecht ist für die Performance. V. l. n. r.: Prof. Dr. Dominik Schwarzinger (Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft, Berlin), Prof. Dr. Andreas Engelen (Heinrich Heine Universität Düsseldorf), Prof. Dr. Christina Hoon (Universität Bielefeld) Foto: Hogrefe Foto: Stefan Sättele

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