Personal Quarterly 1/2021
63 01/21 PERSONALquarterly Das „Ich“ im Team Emily Grijalva, Timothy D. Maynes, Katie L. Badura,Steven W. Whiting : Examining the „I“ in team: A longitudinal inve- stigation of the influence of team narcissism composition on team outcomes in the NBA. Academy of Management Journal. Advance online publication (2019), https://doi.org/10.5465/ amj.2017.0218 die Mittelanzahl an Tweets der Stichprobe (134) jedes Spielers und kodieren zudem die Profilbilder der Spieler. Die Groß- zahl der Tweets wurde als wenig narzisstisch kodiert, wäh- rend Aussagen wie „Was denkst du, wenn du in den Spiegel schaust? Überlegenheit.“ als mehr narzisstisch kodiert wurden und zu einer höheren Prozentzahl an narzisstischen Tweets beiträgt. Die Autoren überprüfen die Messmethode über Twit- ter mit einer kleineren Stichprobe von 104 Individuen und einer etablierten Fragebogenskala (NPI). Die Autoren opera- tionalisieren die Teamergebnisgrößen wie Teamerfolg (Ge- winn/Verlust-Quote), Teamkoordination (gewichtete Assists), Kernrollennarzissmus (Position des Point Guards) über bas- ketballspezifische Messungen. Bspw. besitzen Point Guards im Basketball besondere Koordinierungsaufgaben, da sie so- wohl offensiv als auch defensiv Spielzüge ansagen. Teamver- trautheit sind die mit der Mannschaft gespielten Spiele in der Saison. Direkte Ergebnisse bestehen in einem signifikanten negativen Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen narzisstischen Teamorientierung und Teamkoordination sowie Maximumnarzissmus im Team und Teamkoordination. Eben- falls finden die Autoren einen direkten negativen Zusammen- hang zwischen Kernrollennarzissmus und Teamkoordination. Zudem waren die Interaktionseffekte zwischen durchschnitt- licher Narzissmusorientierung des Teams und der Gewinn/ Verlustquote signifikant negativ. Indirekte Effekte von Team- vertrautheit (Moderatoranalyse) zeigen, dass Team-Level- Narzissmus vor allem den positiven Effekt von Vertrautheit auf den Teamerfolg mindert. Diese Teams mit hohen Team- Level-Narzissmus-Werten scheinen also weniger in der Lage zu sein, sich positive Erfahrungs- und Vertrauensgewinne im Saisonverlauf aneignen zu können. Obwohl Sportdaten ver- schiedene Vorteile bieten (z. B. Datenzugang), sollte der Kon- text beachtet werden und damit die Generalisierbarkeit. Bspw. ist die NBA-Organisation streng reguliert (z. B. ist kein Abstieg möglich) und zentralisiert, und Leistungserbringung basiert vor allem auf physischer Leistungsfähigkeit. Der Hauptbeitrag des Artikels liegt vor allem auf der erstmaligen Analyse einer Teamebene hinsichtlich Narzissmus und der Messung nicht- pathologischer Charakteristiken über nichtreaktive Verfahren. Besprochen von Johannes Brunzel , Institut für Unternehmens- führung und Organisation, Technische Universität Braun- schweig E ine passende Teamzusammensetzung hat in moder- nen Organisationen einen hohen Stellenwert, um Arbeitsteilung und Kreativität sicherzustellen. Daher ist die Frage wichtig, welche persönlichen Merkmale in der Personalselektion für Teamergebnisse optimal sind. Sportinteressierte kennen wahrscheinlich das Phänomen, dass Sportmannschaften mit den besten Einzelspielern unter den Erwartungen bleiben, da die „Teamchemie nicht stimmt“. Passend dazu liefern Grijalva et al. eine Studie im Kontext der National Basketball Association (NBA). Die Autoren postulie- ren, dass Teamerfolg nicht nur eine Funktion der individuellen Fähigkeiten der Teammitglieder ist, sondern von den aggre- gierten narzisstischen Orientierungen der Teammitglieder ab- hängt. Da hoch narzisstisch orientierte Individuen Probleme in der Erhaltung langfristiger Beziehungen haben, werden hohe durchschnittliche Narzissmuswerte auf aggregierter Team ebene auf die Teamchemie ausstrahlen. Diese Teams streben vermehrt nach agentischen Motiven sowie Status und Überle- genheit, die von der Öffentlichkeit anerkannt werden müssen. Dazu erstellen die Autoren mehrere Hypothesen. Eine erhöhte durchschnittliche narzisstische Orientierung im Team führt nach den Autoren zu einer niedrigeren Teamkoordination, wo- durch die Teamleistung sinkt. Ein Maximum-Niveau (einzelne Superstars mit hoher narzisstischer Orientierung) an narziss- tischer Orientierung im Team führt zu einer niedrigeren Team- koordination, wodurch die Teamleistung sinkt. Teams besitzen zudem nach den Autoren Schlüsselpositionen mit erhöhten Koordinationsaufgaben, wodurch Teammitglieder in diesen Po- sitionen mit einer höheren narzisstischen Orientierung einen besonders negativen Einfluss auf Teamkoordination und letzt- lich Teamerfolg ausüben. Die beschriebenen negativen Effekte werden hypothetisch von der Teamvertrautheit (i. e. verbrachte Zeit mit dem Team) verstärkt. Da globale Sportstars kaum etablierte Fragebogen ausfüllen werden, nutzen die Autoren einen selbstentwickelten Ansatz über nichtreaktive Messungen (unobtrusive measures). Dazu kodieren vier Wissenschaftler freiwillig erstellte und verifi- zierte Twitter-Accounts von allen 391 eingesetzten Spielern (82 % aller NBA-Spieler in der Saison 2013-2014 nutzten Twit- ter). Von allen 91.664 Tweets kodieren die Autoren qualitativ
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