Personal Quarterly 1/2021

PERSONALquarterly 01/21 48 NEUE FORSCHUNG _ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT den. Die Befunde belegen den positiven Einfluss differenzierter Darstellungen vonUnternehmenswerten auf das Unternehmens­ image. Gleiches gilt für das antizipierte Bewerbungsverhalten, das ebenfalls durch vielfältige Informationen über die Unterneh- menswerte positiv beeinflusst wird. Allerdings geht nicht jede Zunahme an Informationen über die Unternehmenswerte mit einem signifikanten Anstieg einher. Unternehmenswerte nur aufzulisten, statt keine Werte explizit zu kommunizieren, zieht lediglich bei der wahrgenommenen sozialen Verantwortung einen positiven Effekt nach sich. Dies dürfte darauf zurückzu- führen sein, dass die soziale Verantwortung einer der explizit genannten Unternehmenswerte in der Selbstbeschreibung des Unternehmens ist. Ob ein Unternehmen Werte nur explizit be- nennt oder sie zusätzlich auch noch erläutert, nimmt keinen Ein- fluss auf das Image oder das antizipierte Bewerbungsverhalten. Möglicherweise sind die verwendeten Wertbegriffe hinreichend verständlich, sodass eine Erläuterung für die Befragten keinen Mehrwert in der Information über das Unternehmen liefert. Dies mag anders aussehen, wenn die Wertbegriffe unspezi- fischer sind und daher bei potenziellen Bewerberinnen und Be- werbern zu diffusen oder gar widersprüchlichen Vorstellungen führen. Erläutert das Unternehmen nicht nur die Werte, sondern liefert auch Belege dafür, dass sie tatsächlich gelebt werden, so trägt dies zu einem signifikant positiveren Image bei. Für das an- tizipierte Bewerbungsverhalten gilt dies nicht. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass das Verhalten potenzieller Bewerbe- rinnen und Bewerber insgesamt sehr viel stärker von konkreten Merkmalen (Gehalt, Arbeitsinhalte, Standort etc.; van Hoye et al., 2013) abhängt als das Image. Der Einfluss der Werte wäre demnach geringer – zumindest solange kein alternatives Unter- nehmen zur Auswahl steht, das sich hinsichtlich der konkreten Merkmale nicht unterscheidet. Dies zu untersuchen, wäre eine Aufgabe für zukünftige Studien. Ebenso wäre zu prüfen, ob die Kommunikation von Unternehmenswerten auch dazu beitragen kann, qualifiziertere Bewerberinnen und Bewerber anzuziehen. Turban und Cable (2003) zeigen einen entsprechenden Effekt allgemein für das Image des Arbeitgebers. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine maximal differenzierte Information über die Unternehmenswerte im Vergleich zu einer fehlenden Kom- munikation von Werten einen signifikanten Vorteil im Unter- nehmensimage sowie beim antizipierten Bewerbungsverhalten nach sich zieht. Die Glaubwürdigkeit der Angaben, die ein Unternehmen im Zuge des Personalmarketings macht, nimmt nachweislich Ein- fluss auf das Unternehmensimage (Cable/Yu, 2006; Lee et al., 2013). Die vorliegende Studie bestätigt dies für die Kommu- nikation von Unternehmenswerten und zeigt darüber hinaus, dass die Glaubwürdigkeit durch den Differenzierungsgrad der Informationen über die Unternehmenswerte positiv beeinflusst wird. Je differenzierter die Darstellung der Unternehmenswerte ausfällt, desto glaubwürdiger ist das Unternehmen, und diese Glaubwürdigkeit wirkt sich wiederum positiv auf das Unter- nehmensimage und das antizipierte Bewerbungsverhalten aus. Die Glaubwürdigkeit wirkt jedoch nur dann als Mediator, wenn der Differenzierungsgrad der Kommunikation von Unterneh- menswerten sehr hoch ausgeprägt ist. Sofern das Unternehmen Belege für die Umsetzung von Unternehmenswerten liefert, ist es besonders wichtig, dass die Bewerberinnen und Bewerber auch den Eindruck haben, dass sie den Darstellungen des Un- ternehmens glauben können. Dies erscheint plausibel, denn letztlich können sie selbst in der Regel nur schwer nachprüfen, ob die Belege tatsächlich der Realität entsprechen. Die Verallgemeinerung der vorliegenden Befunde ist durch mehrere Punkte eingeschränkt: Bei der untersuchten Stich- probe handelt es sich um überdurchschnittlich gebildete Per- sonen. Zukünftige Studien müssen überprüfen, ob sich gleiche Effekte auch bei anderen Bewerbergruppen zeigen. In der vorliegenden Studie wurde nur eine sehr kleine Men- ge von Werten untersucht. Unklar bleibt einstweilen, ob die Effekte auf eine breite Vielfalt unterschiedlicher Werte über- tragbar sind. Auch hier fehlen bislang entsprechende Studien. Die Befragten unserer Studie befanden sich nicht in einer realen Auswahlsituation. Dies entspricht zwar dem üblichen Vorgehen in diesem Forschungsgebiet, mag das antizipierte Bewerbungsverhalten aber beeinflussen. Felduntersuchungen mit realen Bewerberinnen und Bewerbern könnten zeigen, ob die gefundenen Effekte auch in einer Bewerbungssituation Be- stand haben, wenn mehrere Arbeitgeber zur Auswahl stehen. Die Manipulation des Differenzierungsgrads der dargestell- ten Unternehmenswerte ging damit einher, dass den Befragten zunehmend längere Textpassagen präsentiert wurden. Zukünf- tige Studien sollten überprüfen, inwieweit die Länge der Texte an sich – unabhängig vom Differenzierungsgrad der darge- stellten Werte – einen Einfluss auf Image und antizipiertes Bewerbungsverhalten nimmt. Zukünftige Studien sollten darüber hinaus der Frage nach- gehen, inwieweit die Glaubwürdigkeit eines Arbeitgebers auch unabhängig von der Darstellung der Unternehmenswerte eine eigenständige Wirkung entfaltet. Bspw. könnte die Glaubwür- digkeit eines Arbeitgebers vor der Manipulation der Informa- tionen erhoben werden. In der vorliegenden Studie kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Manipulation zu einem Halo- Effekt im Hinblick auf die Wahrnehmung des Unternehmens geführt hat. Empfehlungen für die Praxis Für die Praxis lassen sich aus der bisherigen Forschung sowie den Befunden der vorliegenden Studie drei Empfehlungen ableiten: 1. Informationen, die im Zuge des Personalmarketings über das eigene Unternehmen potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern zur Verfügung gestellt werden, sollten möglichst differenziert sein.

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