Personal Quarterly 1/2021
PERSONALquarterly 01/21 42 NEUE FORSCHUNG _ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT I n Zeiten des demografischenWandels und eines Fachkräf- temangels inmanchen Branchenwird es für Unternehmen zunehmend wichtig, ihr Personalmarketing professionell zu gestalten. Je weniger Menschen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, desto größer ist der Wettbewerb der Un- ternehmen untereinander um qualifizierte Personen, die sich bei ihnen bewerben. Unternehmen sind daher darauf angewie- sen, nicht nur Stellen auszuschreiben, sondern sich auch als besonders attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, die Menge der Bewerberinnen und Bewerber zu maximieren (Kanning, 2017). Vielmehr ist der Markt selektiv anzusprechen: Geeignete Personen sollen durch das Personalmarketing zu einer Bewerbung bewegt wer- den, während gleichzeitig Personen, die sich für die Stelle nicht eignen, von einer Bewerbung abzuhalten sind. Gelingt dies, so erhöht sich die sog. „Grundquote“, also der prozentuale Anteil der geeigneten Personen im Bewerberpool. Je höher die Grund- quote ausfällt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, durch ein Personalauswahlverfahren mit bestimmter Validität geeig- nete Personen im Bewerberpool als solche zu identifizieren. Je geringer die Grundquote ist, desto höher muss die Validität des Personalauswahlverfahrens sein, um die Schwächen des Personalmarketings kompensieren zu können. Dem Personalmarketing kommt somit eine zentrale Funkti- on im Prozess der Personalauswahl zu. Die Methoden der An- sprache potenzieller Bewerberinnen und Bewerber sind dabei sehr vielfältig. Sie reichen von der Gestaltung klassischer Stel- lenanzeigen in Zeitungen oder Internetportalen über Headhun- ting und allgemeine Imagekampagnen bis hin zu persönlichen Auftritten in Schulen oder Hochschulen (Kanning, 2017). Im Folgenden geht es nicht um verschiedene Methoden der An- sprache, sondern vielmehr um die Inhalte, die im Zuge des Personalmarketings transportiert werden und das Bild eines Unternehmens in den Augen potenzieller Bewerberinnen und Bewerber prägen können. Im Fokus steht dabei die Kommuni- kation von Unternehmenswerten. Unternehmenswerte können Einfluss auf die Attraktivität eines Arbeitgebers nehmen (Lo- haus/Rietz, 2015; van Hoye et al., 2013). Wir untersuchen, wie Unternehmenswerte kommuniziert werden müssen, um diese Funktion möglichst gut zu erfüllen. Wie wirken Varianten der Darstellung von Unternehmenswerten im Personalmarketing? Von Prof. Dr. Uwe P. Kanning (Hochschule Osnabrück) und Cindy Schirch (Absolventin der Hochschule Osnabrück) Bedeutung von Unternehmenswerten im Personalmarketing Über das Personalmarketing werden zahlreiche Informatio- nen über ein Unternehmen bzw. einen vakanten Arbeitsplatz vermittelt: Name und Sitz des Unternehmens, Merkmale der zu besetzenden Stelle, Höhe des Gehalts, freiwillige soziale Leistungen, Karrieremöglichkeiten, fachliche und persönliche Anforderungen der Stelle, Arbeitsaufgaben, Geschichte sowie Werthaltungen des Unternehmens und vieles mehr. Die ge- nanntenMerkmale lassen sich auf einer übergeordneten Ebene in zwei Gruppen einteilen (Lievens et al., 2007). Auf der einen Seite handelt es sich um konkrete (oder instrumentelle) Merk- male, die sich leicht objektivieren lassen. Hierzu zählen bspw. die Arbeitsaufgaben, das Gehalt, der Firmensitz oder freiwilli- ge soziale Leistungen (Turban/Cable, 2003). Auf der anderen Seite geht es um abstrakte (oder symbolische) Merkmale, wie etwa Tradition, Visionen oder Werte, die ein Unternehmen auszeichnen (Cable/Yu, 2006; Davies, 2006). Die Vielfalt der Werte, über die sich ein Unternehmen selbst gegenüber po- tenziellen Bewerberinnen und Bewerbern darstellen kann, ist dabei sehr groß (Kanning, 2017). Studien, die sich mit der Frage beschäftigen, welche Bedeu- tung konkreten vs. abstrakten Merkmalen im Personalmar- keting zukommt, belegen meist einen größeren Einfluss der konkreten Merkmale im Vergleich zu den abstrakten (Lievens et al., 2007; van Hoye et al., 2013). Grund (2009) untersuchte fast 5.000 Menschen, die ihren Arbeitsplatz gewechselt haben, und befragte sie danach, in welchen Bereichen sie sich durch den Wechsel verbessert haben. Benannt wurden ausschließ- lich konkrete Merkmale wie Gehalt, Art der Tätigkeit, Beförde- rungsaussichten, Arbeitsplatzsicherheit oder die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Gleichwohl wirkt sich die Nennung von Unternehmens- werten positiv auf das Unternehmensimage aus. Ihre Bedeu- tung kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn sich zwei Arbeitgeber aus derselben Branche in den konkreten Merkma- len kaum noch unterscheiden. Denken wir hierbei z. B. an zwei Traineestellen in Großunternehmen, die nahezu identische Ar- beitsplätze bei gleicher Bezahlung anbieten. Hier bleibt fast nur noch die Möglichkeit, sich über Werte voneinander ab- zugrenzen (Lohaus/Rietz, 2015; van Hoye et al., 2013). Dies
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