Personal Quarterly 1/2021

PERSONALquarterly 01/21 40 SCHWERPUNKT _FUTURE WORK: DIE ROLLE DES BÜROS Spaces Arbeitstouristen in idyllischer Lage zu beherbergen. Alle profitieren von der Modernisierung der Netzinfrastruktur, die insbesondere auch im ländlichen Raum in Angriff genom- men worden ist. Den Arbeitgebern in der Peripherie kann dies bei der Gewin- nung und Bindung von Fachkräften nutzen. Jedoch stellt sich auf dem Land im Unterschied zu urban verdichteten Regionen kaum eine spontane Marktlösung ein. Es fehlt an Nachfrage durch die kritische Masse einer digitalen Bohème, die Grün- dungen in Zentren ermöglicht. Bevor Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Peripherie ihre Gewohnheiten ändern und ihre Investitionen in Mobilität (nicht nur) zur Arbeit ab- schreiben, erwarten sie ein verlässliches Angebot. Und auch kleinere Arbeitgeber werden eher in verlässliche Modelle ein- steigen als in Risiko investieren. Es braucht eines Anschubs, der in aller Regel nur von der öffentlichen Hand kommen kann. In Rheinland-Pfalz fördert bspw. die Entwicklungsagentur des Landes seit 2019 Modellprojekte im ländlichen Raum (https://dorfbueros-rlp.de/). „D orfbüros“ sollen die Lebensqua- lität verbessern und die Arbeit zurück ins Dorf holen. Für drei Jahre fördert die Entwicklungsagentur jeweils bis zu drei Kom- munen bei Einrichtung und Unterhalt von Co-Working-Spaces mit jeweils etwa sieben Arbeitsplätzen sowie Gemeinschafts- räumen. Die Kommunen verpflichten sich, nach Ablauf der Förderphase die Einrichtungen noch mindestens zwei Jahre in Eigenregie weiter zu betreiben. Das Programm hat sehr gute Resonanz gefunden. Allerdings ist es noch zu früh, um abschät- zen zu können, wie sich die Dorfbüros nach der Förderphase entwickeln werden. Werden sie sich erfolgreich vom öffentli- chen Tropf abnabeln und genügend Vitalität für eine eigenstän- dige Zukunft entwickeln können? Ist das Förderprogramm ein Modell, das Schule machen könnte? Ähnliche, aber insgesamt noch zaghafte Förderansätze fin- det man auch in anderen Bundesländern. Das Besondere an einigen Dorfbüros in Rheinland-Pfalz ist, dass sie nicht allein im Einzugsbereich von Metropolen liegen. Vielmehr bieten sie in teilweise eher peripherer Lage Erwerbstätigen eine Arbeits- platzalternative zu weitem Pendeln oder gar Abwanderung. Ob Co-Working-Spaces auch im ländlichen Raum zu einem nachhaltigen Erfolgsmodell werden, hängt sicherlich auch da- von ab, wie sich die Kosten auf die beteiligten Akteure, auf Betreiber, Nutzer und deren Arbeitgeber, verteilen. Für Be- triebe ist es ein Kalkül, bei dem eingesparte Bürokosten mit den Gebühren für Co-Working abzugleichen sind. Eine ähn- liche Rechnung dürften abhängig Beschäftigte aufmachen, die den eingesparten Kosten für die täglichen Fahrten zum Büro die Gebühren für den dritten Arbeitsplatz gegenüberstellen. In diesem Zusammenhang wird es auch darauf ankommen, ob die Gebühren für die Nutzung des dritten Arbeitsorts steuer- lich wie ein eigenes Arbeitszimmer behandelt werden können. Warum nicht steuerliche Anreize für vermiedene Arbeitswege? Handelt es sich bei den Betreibern um Nonprofit-Einrich- tungen, die zudem im ländlichen Bereich mit vergleichsweise niedrigen Immobilienpreisen agieren, dürften die Gebühren so ausfallen, dass sie im Rahmen von Cost Sharing für Nutzer wie deren Arbeitgeber vertretbar sein dürften. Anschub gesucht Diese Beispiele veranschaulichen wichtige Unterschiede zwischen Süderbrarup und Berlin Kreuzberg und Gründe, warum sich die Wirtschaftsministerien der Förderung von Gründungen auf dem Land annehmen sollten. Die Errichtung und Einhegung von Märkten ist nicht ohne Kosten zu haben. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse von Stadt und Land gebietet gewissermaßen die öffentliche Investition in die sprungfixen Kosten, um diesen Markt auch in der Peripherie in Gang zu bringen. Im Interesse der ländlichen Kommunen sollte es sein, das Konzept des Co-Working-Space weiterzudenken und nicht nur als einen Ort gemeinsamen Arbeitens zu verstehen. Vielmehr könnte dieser auch als Nukleus für weitere soziale Aktivitäten dienen; bspw. für eine angesiedelte Kita, für Treffen von Ver- einen usw. Aber auch das Arbeitsministerium ist in der Post-Corona-Zeit bei der Betreuung von Co-Working-Spaces gefordert. In einem umfassenden Sinne geht es um die Neujustierung der Arbeits- orte, um deren Zusammenspiel, um deren Zuordnung nach ihren jeweiligen Funktionalitäten. Die Frage, wie wir zukünf- tig arbeiten, ist untrennbar verbunden mit der Frage, wo wir zukünftig arbeiten. Sicherlich wäre es fatal, sich auf einen der drei möglichen Arbeitsorte festlegen zu wollen. Vielverspre- chender erscheint es, in einer sich rasch wandelnden Umwelt mit ständig neuen Herausforderungen Optionen zu eröffnen. So bietet sich die Möglichkeit, flexibel auf veränderte Rahmen- bedingungen reagieren zu können. Entscheidend ist ein erster Schritt zur Initiative. Den Anstoß könnten gemeinsame Förder- programme von Wirtschafts- und Arbeitsministerien geben.

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