Personal Quarterly 1/2021

PERSONALquarterly 01/21 36 SCHWERPUNKT _FUTURE WORK: DIE ROLLE DES BÜROS Corporate Accelerator wollen durch eine kurze befristete, aber zyklische Zusammenarbeit mit Start-ups den eigenen Innovationsprozess beschleunigen, was ein kontinuierliches Engagement des Unternehmens bedingt. Da es sich vor allem um eine Zusammenarbeit mit Start-ups in der frühen Entwick- lungsphase handelt, liegt der Fokus im Front End des Ent- wicklungsprozesses, zieht sich aber bis zur Ausgründung auch in das Back End. Corporate-Accelerator-Programme finden so- wohl physisch als auch virtuell statt. Der Corporate-Company-Building-Ansatz hat generell zum Ziel, neue Unternehmen oder Start-ups aufzubauen. Dafür ist eine radikale Innovation, speziell bei Start-up-Exit-Company- Builder, wahrscheinlicher. Bereits in einer sehr frühen Phase positioniert sich das Unternehmen als strategisch relevanter Partner und hilft dem Start-up beim Eintritt in den Markt, wo- durch das kollaborierende Unternehmen über mehrere Jahre intensiv involviert ist. Ähnlich wie beim Corporate Accelerator wird die physische Zusammenarbeit mittlerweile auch auf eine virtuelle ausgedehnt. Diskussion und Praxisimplikationen Der Beitrag zeigt, wie Kollaborationsvehikel (Corporate Inno- vation Hub, Lab, Co-Working-Space, Incubator, Accelerator, Company Builder und Makerspace) in den Innovationsprozess integriert werden können. Dabei wird sowohl die zeitliche als auch die räumliche (virtuell oder physisch) Dimension betrach- tet. Denn mit der Öffnung des Innovationsprozesses und der Nutzung von Kollaborationsvehikeln mit externen Akteuren geht es für etablierte Unternehmen um die Erhaltung der Wett- bewerbsfähigkeit. Etablierte Unternehmen agieren nicht mehr nur auf einem durch die digitale Transformation geprägten, sich kontinuierlich wandelnden Markt, sondern dringen durch die Öffnung des Innovationsprozesses auch vermehrt in neue Märkte bzw. Märkte anderer Unternehmen ein (vgl. Abb. 1). Die Kollaborationsvehikel für Unternehmen mit ex- ternen Akteuren sind vielfältig. Dies führt zu unpräzisen und widersprüchlichen Diskussionen in Wissenschaft und Praxis. Es fehlt eine strukturierte, ganzheitliche Analyse, die Inno- vationsverantwortlichen in Unternehmen die Entscheidung über aktuelle Kollaborationsvehikel und deren Anwendung im Innovationsprozess erleichtert. Durch eine umfassende Literaturanalyse, die auf 208 Quellen fußt, konnte ein diffe- renzierter Überblick über die aktuellen Kollaborationsvehikel von Unternehmen mit externen Akteuren und damit die erste Forschungsfrage erarbeitet werden (vgl. Abb. 2 und 3). Zu die- sen gehören der Corporate Innovation Hub, der als ein Innova- tionsökosystem des Unternehmens alle weiteren untersuchten Kollaborationsvehikel integrieren kann. Vorrangiges Ziel der Kollaborationsvehikel ist die Stärkung der Innovationskraft des Unternehmens durch Ex- und Internalisierung vonWissen. Durch die enge Kollaboration mit Start-ups soll bspw. ein neues Innovationsklima mit unternehmerischer Denkweise geschaf- fen und Geschäftsprobleme durch erhöhte Agilität schneller gelöst werden. Gleichzeitig können aber auch neue Märkte durch neue Fähigkeiten erschlossen werden. Die Erarbeitung der zweiten Forschungsfrage widmet sich der Verortung der Kollaborationsvehikel in den Innovations- prozess, sowie deren zeitliche und räumliche Ausgestaltung: Bspw. werden Corporate Co-Working-Space, Corporate Think Tank und Corporate Accelerator eher in die frühen Phasen des Innovationsprozesses eingeordnet, während sich der Corpo- rate Makerspace eher auf Entwicklung und Prototypisierung fokussiert. Die intensivste Zusammenarbeit mit Start-ups ver- folgt der Corporate Company Builder, der Ressourcen, Kapital und Infrastruktur bereitstellt, um neue, strategisch relevante Unternehmen aufzubauen und zu integrieren. Auch die Start- up-Programme Corporate Accelerator und Corporate Incubator setzen ein höheres zeitliches Engagement des Unternehmens voraus als bspw. das eher offene Angebot eines Corporate Co- Working-Space. Die aufgeführten Ergebnisse spiegeln Ten- denzen der systematisch analysierten Literatur wider und werden in praktischen Einzelfällen sicherlich oft anders erlebt. Daher empfiehlt es sich für die Zukunft, eine größer angelegte empirische Studie mit Fallbeispielen aus der Praxis diesen Ergebnissen entgegenzuhalten. Alle untersuchten Kollaborationsvehikel hatten ursprüng- lich einen dedizierten physischen Arbeitsraum als Grundlage der Zusammenarbeit. Es ist aber erkennbar, dass traditionell physische Kollaborationsvehikel sich zunehmend in virtuelle Räume verlagern. So werden bspw. Veranstaltungen in Think Tanks immer öfter auch über Online-Kollaborations-Tools durchgeführt oder in Corporate Makerspaces arbeiten Part- ner virtuell bei der Erstellung von 3D-Entwürfen zusammen, die dann später am 3D-Drucker – dann wieder im physischen Raum – gedruckt werden können. Dieser Trend könnte sich im Rahmen der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen Kontaktbeschränkungen verstärken und sollte untersucht werden. Erwiesenermaßen können verschiedene Partnerschaften und Kollaborationen für etablierte Unternehmen zu verbes- serter Innovationsleistung führen, allerdings auch zu einer erhöhten organisationalen Komplexität für beide Partner. Es existieren Studien, die scheiternde Kollaborationen als Norm bezeichnen. Festzuhalten ist, dass die untersuchten Kollabo- rationsvehikel keine Selbstläufer für Unternehmen sind, in denen der Wandel der Unternehmenskultur durch die Kollabo- ration als gegeben angesehen wird. Auch wenn Kollaboration im Sinne der Definition „große Ideen“ angehen will (Ashkenas 2015, S. 2), bedarf es einer Kombination aus den genannten Kollaborationsvehikeln mit kontinuierlich organisierten Ver- anstaltungen, wie bspw. Corporate Hackathons, bei denen in wenigen Tagen Ideen in Inventionen verwandelt werden, oder

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