Personal Quarterly 1/2021

PERSONALquarterly 01/21 20 SCHWERPUNKT _FUTURE WORK: DIE ROLLE DES BÜROS gelten soll. Letzteres wird häufig damit begründet, dass Unter- nehmen in der Regel nur über begrenzte Ressourcen verfügen und entscheiden müssen, welchen Mitarbeitern der Zugang dazu gewährt wird. Allerdings gibt es bisher keine Forschungs- arbeiten, die sich mit der Verteilung von Flexibilität und deren Einfluss auf die Arbeitgeberattraktivität beschäftigen. In der Forschung zur Verteilungsgerechtigkeit haben sich verschiedene Verteilungsregeln herauskristallisiert, wobei die Equality-Regel (gleichberechtigte Verteilung) und die Equity- Regel (leistungsorientierte Verteilung) die einflussreichsten darstellen (Hysom/Fi ş ek, 2011). Nach der Equality-Regel be- kommt jedes Organisationsmitglied, unabhängig von Produk- tivität und Leistung, die gleichen Ressourcen. Die Equity-Regel besagt hingegen, dass die Ressourcenallokation auf Basis von Leistung erfolgt. Die beiden Verteilungsregeln stehen dabei in einem Spannungsverhältnis: Werden die Anforderungen an eine Verteilungsregel erfüllt, so werden die Anforderungen an die andere Verteilungsregel verletzt. Insgesamt herrscht die Erkenntnis vor, dass in kooperativen Beziehungen, in denen Produktivität das primäre Ziel ist, die Equity-Regel das Haupt- prinzip der Verteilungsgerechtigkeit ist (Hysom/Fi ş ek, 2011). Die Verteilung von zeit- und ortsflexibler Arbeit innerhalb eines Unternehmens stellt in der Regel eine solche Beziehung dar. Zudem sprechen gesellschaftliche Individualisierungsten- denzen für die Favorisierung der Equity-Regel. Eine Anwen- dung der Equality-Regel könnte hingegen signalisieren, dass es in einem Unternehmen an individueller Wertschätzung man- gelt (Lambert, 2000). Dieser Argumentation folgt Hypothese 3: Hypothese 3: Die Verteilungsregel moderiert den Einfluss von zeitlicher und örtlicher Flexibilität auf die wahrgenommene Ar- beitgeberattraktivität. Ein Unternehmen, welches Signale hin- sichtlich einer leistungsorientierten Verteilung von zeit- und ortsflexibler Arbeit sendet, wird von potenziellen Bewerbern attraktiver wahrgenommen als ein Unternehmen, welches Si- gnale hinsichtlich einer gleichberechtigten Verteilung sendet. Abbildung 1 fasst das Analysemodell grafisch zusammen. Studiendesign Mit der Intention Störvariablen zu kontrollieren, nicht be­ obachtbare Effekte konstant zu halten und damit Kausalität aufzudecken, wurde eine szenariobasierte Experimentalstudie durchgeführt. Das Untersuchungsdesign wurde zwei Vorstudien unterzogen. Die erste Vorstudie (N = 30) gab den Anstoß, die Sze- narien leicht zu modifizieren. Aus der zweiten Vorstudie (N = 38) resultierte keine Notwendigkeit für weitere Modifizierungen. Die vorliegende Studie befasst sich mit der von potenziellen Bewerbern wahrgenommenen Arbeitgeberattraktivität. Dabei stellen Studierende geeignete Probanden dar, die in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eintreten und gleichzeitig Zielgruppe von Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sind (Rode/Süß, 2015). Die Ansprache der Studierenden erfolgte im Rahmen von Vorlesungen an vier deutschen Universitäten. Nach der Durchführung von Manipulationschecks bestand die finale Stichprobe aus 334 Studierenden. Davon waren 54 % weiblich und 46 % männlich. Das Alter der Probanden variierte zwischen 18 und 36 Jahren (M = 22,8 Jahre, SD = 2,68). Die Pro- banden waren entweder in einem fortgeschrittenen Stadium in einem wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengang (67 %) oder Masterstudiengang (33 %) eingeschrieben. Über 62 % der Studierenden gaben an, innerhalb der nächsten zwölf Monate aktiv auf Stellensuche zu gehen. Die Probanden wurden in die Lage versetzt, auf der Suche nach einer Stelle als Trainee zu sein. Dabei stießen sie im Internet auf eine Stellenanzeige eines fiktiven Handelsunter- nehmens und wurden gebeten, diese aufmerksam durchzule- sen. Um die externe Validität zu erhöhen, orientierte sich die Formulierung der Stellenanzeige an im Internet verfügbaren realen Stellenanzeigen etablierter Handelsunternehmen. Da- raufhin wurden die Probanden gebeten, das Unternehmen als möglichen Arbeitgeber zu bewerten, um zu einem Ausgangs- wert („Baseline“) anhand einer Prämessung zu gelangen. Im Anschluss stießen die Probanden bei einer intensiveren Durch- sicht der Internetseite auf Informationen zu den Arbeitsbe- dingungen des Unternehmens. An dieser Stelle wurden die Manipulationen anhand von acht Szenarien eingeführt, welche hinsichtlich der zeitlichen Flexibilität (gegeben = 1; nicht gege- ben = 0), der örtlichen Flexibilität (gegeben = 1; nicht gegeben = 0) sowie der leistungsorientierten Verteilung (gegeben = 1; nicht gegeben = 0) variierten. Jeder Proband wurde randomi- siert einem der acht Szenarien zugeteilt. Im Anschluss wurden die Probanden gebeten, das Unternehmen erneut zu bewerten, umPosttest-Messwerte zu erhalten. Beide Messungen erfolgten anhand einer siebenstufigen Likert-Skala (Aiman-Smith/Bau- er/Cable 2001), welche sehr gute Reliabilitätswerte aufwies (Prämessung: α = ,92; Postmessung: α = ,96). Die Differenz zwischen Prä- und Posttest-Messwerten ergibt die isolierten Innersubjektveränderungen der wahrgenommenen Arbeit­ geberattraktivität, die in Abbildung 2 grafisch dargestellt sind. Ergebnisse Um die Hypothesen zu prüfen, wurde eine dreifaktorielle Va­ rianzanalyse auf Basis der Innersubjektveränderung zwischen Prä- und Postmessung durchgeführt. Alternativ wurde eine Kovarianzanalyse mit der Prämessung als Kovariante und der Postmessung als abhängige Variable durchgeführt, wobei die Ergebnisse ähnlich waren. Sowohl Hypothese 1 als auch Hypothese 2 konnten bestätigt werden. Zeitliche Flexibilität hat einen signifikanten Haupt­ effekt auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität (F[1, 326] = 121,72; p < ,001; part. η ² = ,272). Auch für örtliche Flexi- bilität zeigt sich ein signifikanter Haupteffekt (F[1, 326] = 73,76;

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