Personal Quarterly 1/2021

PERSONALquarterly 01/21 18 SCHWERPUNKT _FUTURE WORK: DIE ROLLE DES BÜROS I m Rahmen von „New Work“ gewinnt zeit- und ortsflexi­ ble Arbeit rapide an Bedeutung. Auf individueller Ebene schafft eine flexible Arbeitsgestaltung mehr Autonomie und Selbstkontrolle über Arbeitszeit und Arbeitsort. Mit- arbeiterinnen undMitarbeitern bietet sich dadurch dieMöglich- keit, Berufs- und Privatleben besser miteinander zu vereinen. Unternehmen sehen in flexibler Arbeit eine Chance, den He- rausforderungen der modernen Arbeitswelt zu begegnen und erhoffen sich Motivations- und Produktivitätssteigerungen (Al- len/Golden/Shockley, 2015). Klare Flexibilisierungstendenzen spiegeln sich auch im gesellschaftspolitischen Diskurs wider und manifestieren sich bspw. in der aktuellen Diskussion über ein „Recht auf Homeoffice“. Seit dem Ausbruch der Corona- Pandemie gewinnt die Thematik weiter rasant an Bedeutung. Ermöglicht wird diese Form der Arbeitsgestaltung vor allem durch die zügig voranschreitende Digitalisierung der Arbeits- welt. Moderne Informations- und Kommunikationstechnolo- gien (z. B. Laptops, Smartphones und Tablets) in Verbindung mit immer schnelleren Internetverbindungen führen zu einer zunehmenden Auflösung von zeitlichen und räumlichen Gren- zen der Arbeit. Insbesondere wissensintensive Tätigkeiten können heutzutage zu jeder Zeit und von jedemOrt aus erledigt werden. Verstärkt wird der Trend zur Flexibilisierung durch den Wertewandel (Scherm/Süß, 2016). Galten standardisierte, in Dauer und Lage individuell nicht variierbare Arbeitstage lange Zeit als normal, fordern Mitarbeiter heutzutage vermehrt individualisierte Arbeitsbedingungen, die ihrem persönlichen Lebensentwurf entsprechen. Zusätzliche Relevanz gewinnt die Thematik vor dem Hin- tergrund des „War for Talents“ um junge, hoch qualifizierte Fachkräfte. Im Zuge dessen wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren (Ro- de/Süß, 2015). Diesem Ziel folgend bieten immer mehr Unter- nehmen flexible Arbeitszeiten und -orte an und versprechen sich dadurch Vorteile in der Rekrutierung von Talenten. Die Debatte über die attraktivitätssteigernde Wirkung flexibler Arbeit bietet bisher jedoch wenig wissenschaftliche Evidenz. Folglich bleibt unklar, ob Unternehmen von diesen Angeboten tatsächlich in Form einer gesteigerten Arbeitgeberattraktivität profitieren. Vor diesem Hintergrund bestand das Ziel der vor- Der Einfluss von zeit- und ortsflexibler Arbeit auf die Arbeitgeberattraktivität Von René Schmoll und Prof. Dr. Stefan Süß (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) liegenden Studie darin, den Einfluss von zeit- und ortsflexibler Arbeit auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität zu analysieren (Schmoll/Süß, 2019). Konzeptualisierung von zeit- und ortsflexibler Arbeit Wenngleich sich die Forschung seit Jahrzehnten mit der Fle- xibilisierung von Arbeit beschäftigt, besteht ein Mangel an einer differenzierten Auseinandersetzung mit den beiden Flexibilitätsdimensionen Zeit und Ort. Im Fokus der Flexibi- litätsforschung stehen bisher vielmehr die Wirkungen einzel- ner Flexibilitätsdimensionen – entweder der zeitlichen (z. B. Gleitzeit) oder der örtlichen Flexibilität (z. B. Homeoffice). So wird jedoch der Entwicklung in der Praxis kaum Rechnung getragen, denn Ergebnisse des European Working Conditions Surveys (EWCS) lassen darauf schließen, dass europaweit fast drei Viertel der Beschäftigten, denen örtliche Flexibili- tät gewährt wird, auch zeitliche Flexibilität eingeräumt wird (Parent-Thirion u. a., 2016). In Unternehmen, in denen ein besonderes Maß an Vertrauen zwischen Management und Beschäftigten herrscht (z. B. durch Vertrauensarbeitszeit), wird mit einer größeren Wahrscheinlichkeit auch örtliche Flexibilität gewährt. Folglich bedarf es einer gleichzeitigen Betrachtung beider Flexibilitätsdimensionen, um differen- zierte Aussagen über deren Effekte treffen zu können. Dieser multidimensionalen Perspektive folgend sind unter zeit- und ortsflexibler Arbeit Gestaltungsoptionen zu verstehen, die es Mitarbeitern ermöglichen zu variieren, „wann“ (zeitliche Flexibilität) und/oder „wo“ (örtliche Flexibilität) sie ihre Ar- beit verrichten (Allen u. a., 2013). Teilweise wird diese Form von Flexibilität auch unter dem Deckmantel von „New Work“ bzw. „New Ways of Working“ diskutiert (Brummelhuis u. a., 2012). Konkret soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die beiden Dimensionen auf die wahrgenommene Arbeit­ geberattraktivität auswirken. Im Rahmen der Studie werden jeweils die maximalen Ausprägungen der beiden Flexibili- tätsdimensionen fokussiert. Eine solche Ausprägung findet sich vermehrt in deutschen Unternehmen und kann bspw. durch die Kombination aus Vertrauensarbeitszeit und mobi- ler Arbeit ermöglicht werden (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2015).

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