Personal Quarterly 2/2021

7 02 / 21 PERSONALquarterly PERSONALquarterly: Was sind Learning Analytics genau? Welche Mythen gibt es und welche Missverständnisse hinsichtlich des Begriffsverständnisses liegen vor? Dirk Ifenthaler: Die Erkenntnisse um Data Mining und Data Ana­ lytics können als Wegbereiter für Learning Analytics verstan­ den werden. Educational Data Mining bereitet aus der Menge aller verfügbaren Daten relevante Informationen für den Bil­ dungsbereich auf. Bei Learning Analytics steht das Lernen im Vordergrund. Learning Analytics sind sozio-technologische Ansätze, mittels derer Bildungsdaten zum Verständnis und zur Unterstützung von Lern-Lehr-Prozessen und Lernumge­ bungen analysiert werden. Dabei greifen Learning Analytics auf statische Daten von Lernenden und dynamische, in Lern­ umgebungen gesammelte Daten über Aktivitäten und den Kontext der Lernenden zu, um diese in nahezu Echtzeit zu analysieren und zu visualisieren. Neben Statusgrafiken zum Fortschritt des Lernens und möglichen Erfolgsaussichten schlagen etablierte Learning-Analytics-Systeme z. B. geeig­ nete Lerninhalte (u. a. Videos, Texte) zum eigenen Lernpro­ zess vor, geben automatisierte Rückmeldung zu Assessments oder verknüpfen die Lernenden für einen aktiven Austausch untereinander. PERSONALquarterly: Welche Vorteile kann der Einsatz von Lear- ning Analytics für die verschiedenen Akteure bieten? Dirk Ifenthaler: Die Interventionen, die auf Basis von Learning Analytics erfolgen, finden auch auf unterschiedlichen Ebenen einer Organisation statt: Erstens können auf der Organisati­ onsebene Ressourcen anhand von datenevidenten Informati­ onen bedarfsgerecht verteilt werden sowie gezielt Lehrende weitergebildet und Trainingsangebote angepasst werden. Zwei­ tens kann auf der Ebene eines Trainings die Lehrperson Lern ­ materialien an die Lernenden anpassen oder ergänzen. Drittens können auf der Individualebene dynamische Lernangebote vorgeschlagen oder motivierendes Feedback gegeben werden. PERSONALquarterly: Welches Potenzial bieten Learning Analytics, um einzelne Lernende auf ihrem Lernpfad zu unterstützen? Dirk Ifenthaler: Über Möglichkeiten der Individualisierung sind Learning-Analytics-Anwendungen stark lernendenzentriert und fördern über Reflexionsanreize (sog. Prompts) den Lern­ prozess, wobei durch zeitnahes Feedback und das Wissen über das eigene Lernen der Lernerfolg unterstützt werden kann. Es wird allgemein angenommen, dass Learning-Analytics-Anwen­ dungen durch die Analyse großer Datenmengen einer Organi­ sation eine weitaus differenziertere Informationsbasis bieten, als das in klassischen Lehrsituationen wie in einer Schulung durch eine einzelne Lehrperson möglich wäre. PERSONALquarterly: Welche Daten müssten wie gesammelt werden, damit Learning Analytics in der Organisation genutzt werden PROF. DR. DIRK IFENTHALER Universität Mannheim und Curtin University E-Mail: dirk@ifenthaler.info Website: www.ifenthaler.info Dirk Ifenthaler ist Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik – Technologiebasiertes Instruktionsdesign an der Universität Mannheim und UNESCO Deputy Chair of Data Science in Higher Education Learning and Teaching an der Curtin University, Australien. Frühere akademische Stationen waren u. a. Professor und Direktor des Centre for Research in Digi- tal Learning an der Deakin University, Australia, Manager of Applied Research and Learning Analytics an Open Universities Australia und Professor für Angewandte Lehr- und Lernfor- schung an der Universität Potsdam. Professor Ifenthaler war 2012 Fulbright Scholar-in-Residence am Jeannine Rainbolt Col- lege of Education an der University of Oklahoma, USA. Sein For- schungsschwerpunkt verbindet Fragen der Lehr-Lern-Forschung, Bildungstechnologie, Data Analytics und des organisationalen Lernens. Professor Ifenthaler ist Editor-in-Chief der Zeitschrift Technology, Knowledge and Learning und Senior Editor der Zeitschrift Journal of Applied Research in Higher Education.

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