Personal Quarterly 2/2021
49 02 / 21 PERSONALquarterly webbasierten Angeboten bezüglich ihrer Auswirkungen auf Lernerfolg und Zufriedenheit der Teilnehmenden. Einbezo- gen wurden Studien, die zwischen 1996 und 2006 veröffent- licht wurden. Bei der Interpretation der Ergebnisse müssen dementsprechend die technischen Rahmenbedingungen zu dieser Zeit berücksichtigt werden. Die Autoren untersuchen neben Präsenzveranstaltungen und reinen webbasierten Formaten auch jene Mischform, in der webbasierte For- mate als Ergänzung zur Präsenzlehre verwendet werden, also das sog. Blended Learning. Zudem differenzieren sie nach der Art der Bildungsinhalte zwischen deklarativem und prozedualem Wissen. Deklaratives Wissen umfasst da- bei das Verständnis von Sachverhalten in Form von Fakten, Konzepten oder Theorien. Prozedurales Wissen hingegen bezieht sich auf Verfahrensweisen, um bestimmte Aufga- ben und Probleme zu lösen, wobei es auch die Fähigkeit umfasst, deklaratives Wissen umzusetzen und anzuwen- den. Die Ergebnisse sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Insgesamt zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen Präsenzformaten und virtuellen Formaten. Wer- den webbasierte Formate im Sinne von Blended Learning ergänzend zu Präsenzformaten eingesetzt, ergeben sich bei beiden Wissensarten positive Effekte im Vergleich zu reinen Präsenzformaten, ein Befund, der auch durch die neuere Metaanalyse von Barbara Means und Kollegen (2013) unter- stützt wird. Personalentwicklungsmaßnahmen zielen primär auf den Aufbau von Handlungskompetenz: Die Teilnehmenden sollen Aufgaben im Unternehmen nach der Weiterbildung besser erledigen, als sie dies vor der Maßnahme getan haben. Al- lerdings liegen bislang nur wenige Studien vor, welche die Transferwirkung virtueller Weiterbildungsmaßnahmen auf die Handlungskompetenz messen, da solche Messungen me- thodisch anspruchsvoll und aufwendig sind. Als Näherungs- maß wird daher zumeist die Zufriedenheit der Teilnehmenden oder deren Lernerfolg als Evaluationskriterium herangezogen, auf die wir im Folgenden eingehen werden. Vergleicht man virtuelle Weiterbildung mit Präsenzformaten, so weichen die Ergebnisse zur Teilnehmendenzufriedenheit von denen zum Lernerfolg ab (vgl. Abb. 2): Virtuelle Formate unterscheiden sich bezüglich der Teilnehmendenzufriedenheit nicht von Prä- senzformaten und auch Blended-Learning-Formate führen im Vergleich zu Präsenzformaten nicht zu einer höheren Zufrie- denheit, sondern eher das Gegenteil ist der Fall, wie sich am negativen Vorzeichen zeigt. Die Befunde zum Lernerfolg sprechen somit nicht gegen den Einsatz webbasierter Formate. Allerdings fallen die Ergebnisse bezüglich Lernerfolg und Zufriedenheit auseinander, sodass bei der Evaluation webbasierter Lernformate nicht ausschließ- lich auf Zufriedenheitsbefragungen zurückgegriffen werden sollte. Zusammenfassend ergeben sich somit keine generellen Nachteile webbasierter Formate gegenüber Präsenzformaten und Blended-Learning-Formate führen im Vergleich zu Prä- senzformaten zu höherem Lernerfolg. Allerdings muss bei die- sen Ergebnissen immer berücksichtigt werden, dass Lernerfolg und nicht die tatsächliche Handlungskompetenz gemessen wird. Wie Weiterbildungsmaßnahmen in anderen Bereichen, so etwa der finanziellen Bildung (Aprea, im Druck) zeigen, stellt sich der Transfer des Gelernten in den alltäglichen Hand- lungsvollzug auch bei nachweislichen Lernerfolgen nicht ohne Weiteres ein. Synchrone und asynchrone Formate Zeitlich flexibles Lernen erfordert asynchrone Angebote, das heißt, Lerninhalte werden vorab produziert und durch die Lernenden individuell abgerufen. Alternativ dazu ist eine zeitgleiche, also synchrone Zusammenkunft in virtuellen Räumen, z. B. in Form von Webinaren oder Videokonfe- renzen, möglich, wobei jedoch die zeitliche Flexibilität verlo- ren geht. Welche Formate sind förderlich für den Lernerfolg? Andreas Gegenfurtner und Christian Ebner vergleichen in zwei Metaanalysen (Ebner/Gegenfurtner, 2019; Gegenfurt- ner/Ebner, 2019) synchrone und asynchrone Formate mitei- nander sowie mit klassischen Face-to-Face-Veranstaltungen. Sie beziehen dabei sowohl Studien aus dem Hochschulkon- text als auch solche aus der Weiterbildung ein. Außerdem unterscheiden auch diese Autoren zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen. Dabei berücksichtigen sie aus- schließlich kontrollierte Experimente. Übergreifend finden die Autoren lediglich geringfügige Unterschiede (d=0,15) im Lernerfolg zwischen Webinaren und den alternativen Formaten (online asynchrone Formate und Präsenzformate). Es zeigen sich zudem keine wesentlichen Unterschiede be- Abb. 2: Effektivität virtueller Weiterbildung Lernerfolg Zufriedenheit Deklaratives Wissen Prozedurales Wissen Virtuell 0,15 -0,07 0,00 Virtuell als Ergänzung 0,34 0,52 -0,15 Quelle: Eigene Darstellung aus Sitzman et al., 2006, S. 641. Die Werte beziehen sich auf das Effektstärkemaß Cohen´s d für Mittelwertunterschiede.
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