Personal Quarterly 2/2021
48 STATE OF THE ART _WEITERBILDUNG PERSONALquarterly 02 / 21 D urch die coronabedingten Beschränkungen un- mittelbarer Interaktion sind neben digitalen Arbeitsformen wie Homeoffice auch digitale Bil- dungsformate als Lernen auf Distanz in den Mittel- punkt der öffentlichen Diskussion gerückt. Diese Diskussion konzentriert sich aktuell allerdings vor allem auf den Lernort Schule und mit geringerer Priorität den Lernort Hochschule, während die Herausforderungen der betrieblichen Weiterbil- dung auf Distanz nur am Rande diskutiert werden. In der IAB- Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Bellmann et al., 2020) gaben indes sechs von zehn Unternehmen an, bereits begonnene oder geplante Weiterbildungen aufgrund der Pan- demie abgesagt zu haben, wobei die Kontaktbeschränkungen die Hauptbegründung darstellten. Allerdings haben auch zwei Drittel der Betriebe E-Learning-Angebote eingesetzt, wobei davon 35 % während der Pandemie E-Learning erstmals ein- gesetzt und 44 % das schon vorhandene Angebot ausgebaut ha- ben. Die aktuelle Situation könnte somit entweder notwendige Weiterbildungsmaßnahmen hemmen oder aber als Katalysator für digitale Formate in der Zukunft dienen. Entscheidend hier- für ist die wissenschaftliche Evidenz zur Effektivität digitaler Formate, um die es im Folgenden geht. Gerade in Unternehmen ist das Thema „E-Learning“ nämlich schon ein längerfristiger und gleichermaßen facettenreicher Trend: Auswertungen des IAB-Betriebspanels im Jahr 2016 er- gaben, dass knapp 40 % der deutschen Betriebe zunehmend digitale Medien oder E-Learning für ihre Fort- und Weiterbil- dung nutzen (Janssen et al., 2018, S. 6). Entsprechend liegt das Wachstum des E-Learning-Markts bezüglich Umsatz und Beschäftigtenzahl seit 2007 kontinuierlich über der gesamt- wirtschaftlichen Wachstumsrate (mmb Institut, 2020). Dieser Trend scheint durch die aktuelle Pandemiesituation verstärkt zu werden, denn Online-Formate sind derzeit vielerorts die einzige Option der Weiterbildung. Nichtsdestotrotz ist zu ver- muten, dass sich nach der Krise die Frage nach Präsenz oder Online wieder als Entscheidungsproblem stellt: Sollen meine Talente weiterhin an onlinebasierten MBA-Kursen teilnehmen oder schicken wir sie wieder an einen führenden internationa- len Campus? Dabei gilt es, nicht nur die aktuellen Erfahrungen in ein „New Normal“ zu überführen, sondern Differenzierungs- formen wie bspw. Web-based Training, Learning-Management- Systeme, Virtual-Reality oder Massive Open Online Courses (MOOCs) zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns zunächst mit der generellen Effektivität virtueller Weiterbildungsangebote. Anschließend differenzieren wir innerhalb der virtuellen An- gebote bezüglich der zeitlichen Flexibilität und gehen dabei nochmals spezifischer auf die (virtuelle) Verfügbarkeit bzw. Präsenz von Dozierenden ein, denn auch in virtuellen For- maten kann die Interaktion zwischen Lehrenden und Ler- nenden mehr oder weniger intensiv ausgestaltet sein. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf rein virtuelle Formate und blenden digitale Tools in Präsenzveranstaltungen (z. B. digitale Tafeln) aus. Virtuelle Formate versprechen sowohl zeit- als auch ortsunabhängiges Lernen, wobei diese beiden Dimensionen auch getrennt voneinander betrachtet werden können (vgl. Abb. 1). Effektivität virtueller gegenüber präsenzorientierten Bil- dungsformaten In einer frühen Metaanalyse vergleichen Traci Sitzmann und Kollegen (2006) präsenzorientierte Bildungsformate mit Von Prof. Dr. Heiko Weckmüller (Hochschule Koblenz) und Prof. Dr. Carmela Aprea (Universität Mannheim) Virtuelle Weiterbildung: Wie effektiv ist sie und worauf kommt es an? Abb. 1: Klassifikation von Weiterbildungsangeboten mit Beispielen Räumliche Flexibilität Virtuell Vor Ort Zeitliche Flexibilität Synchron Webinar Präsenzveranstaltung Asynchron Learning-Management- System Quelle: Angepasste Darstellung aus Ebner/Gegenfurtner, 2019
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