Personal Quarterly 2/2021
45 02 / 21 PERSONALquarterly Welt. Emotionale Bewertungen werden als Schwäche wahrge- nommen. Veraltete Bewertungen werden als nachteilig, weil inaktuell angesehen. Es werden konkrete Vermutungen ange- stellt, Bewertungen könnten manipuliert sein (z. B. 5-Sterne- Bewertungen ohne Begründung) oder gewollt für Verzerrungen sorgen (z. B. „Shitstorm“ von frustrierten Ehemaligen). Die Ano nymität der Reviewer wird kritisiert, was den Aufbau von Ver- trauen schwierig macht. Bewertungen werden aufgrund ihres teilweise inkonsistenten Aufbaus als planlos empfunden. Kernergebnis 3: Der ursprünglich negative Effekt durch beide Infor- mationsquellen löst sich im Austausch mit anderen Jobsuchenden in Wohlgefallen auf. Die Mischung wird geschätzt, da die Wahrnehmung entsteht, insgesamt besser bzw. realistischer informiert zu sein. Wenn Jobsuchende Informationen von (Karriere-)Websites und Arbeitgeberbewertungen einholen und sich dazu mit ande- ren austauschen, führt das dazu, dass sie sich im Vergleich zur Einzelreaktion positiver äußeren. Die positiven Äußerungen basieren auf der Welt des Marktes, der industriellen und der staatsbürgerlichen Welt. Jobsuchende können ihren eigenen Wert und ihr Interesse am Arbeitgeber besser einschätzen. Ein „Fakten-Check“ wird als möglich erachtet. Die Informationsba- sis für eine Bewerbungsentscheidung wird auch als fairer wahr- genommen, weil unterschiedliche Sichtweisen verfügbar sind. Implikationen für Employer-Branding-Verantwortliche Aus unserer Studie ergibt sich eine Reihe von Handlungsemp- fehlungen für die Gestaltung von (Karriere-)Websites und den Umgang mit Arbeitgeberplattformen. Über die Kernergebnisse hinaus konnte festgestellt werden, dass alle sechs Welten für Jobsuchende von Bedeutung sind. Die folgenden Ansatzpunkte bilden somit die potenzielle Vielfalt an Erwartungen in Hinblick auf Qualität und Glaubwürdigkeit von Informationen über den Arbeitgeber und die diesen zugrundeliegendenWertordnungen ab. (Karriere-)Websites sind wichtig, da sie für potenzielle Bewerber*innen die erste Anlaufstelle sind, um Informationen über den zukünftigen Arbeitgeber einzuholen. Es ist daher ent- scheidend, dass sich Organisationen bewusst mit den Inhalten auf der eigenen Seite auseinandersetzen und darüber reflek- tieren, wie diese bei den Jobsuchenden ankommen könnten. Allerdings braucht es keine an sich perfekte (Karriere-)Website, sondern eine, die realistische Erwartungen bei Jobsuchende erzeugt – also adäquate Signale aussendet und im besten Fall einen Einblick bietet, was den Arbeitsplatz konkret ausmacht. Es geht nicht darum, (Karriere-)Websites führender Unter- nehmen oder die des Mitbewerbers zu imitieren, sondern es braucht Überlegungen zu einer differenzierten Darstellung der eigenen Qualität als Arbeitgeber. Aus den Studienergebnissen lassen sich folgende Ansatzpunkte ableiten: 3 W elt des Marktes: Auf der (Karriere-)Website sollte das Ge- samtpaket, das den Mitarbeitenden erwartet, auf überzeu- gende Weise präsentiert werden. Unternehmen sollten einen klaren Schwerpunkt auf die individuellen Vorteile legen, die mit dem angebotenen Job verbunden sind. Jobsuchende sollten wissen, welchen Deal sie eingehen. 3 I ndustrielleWelt: DieWebsite sollte übersichtlich und schlicht gestaltet sowie möglichst einfach in der Bedienung sein (z. B. durch Filteroptionen). Unternehmen sollten ausreichend re- levante und eindeutige Informationen zu den Arbeitsfeldern bereitstellen. Unnötiges Beiwerk, bspw. ausschließlich aus Gründen der Ästhetik, sollte vermieden werden. 3 H äusliche Welt: Persönliche Kontaktinformationen wie Fotos und E-Mail-Adressen von Recruiting-Verantwortlichen, Vor- Quelle: Eigene Darstellung Die Welt des Marktes Die industrielle Welt Die häusliche Welt Die staatsbürgerliche Welt Die Welt der Inspiration Die Welt der Meinung Zentrale Merkmale Austausch, Preis, Monetäres, Wunsch/ Kaufkraft Funktionalität, Pro- duktivität, messbare Kriterien/Statistiken, Expertise Vertrauen, Wertschät- zung, Beispiele/ Anekdoten, Autorität Solidarität, kollektives Interesse, Formales/ Offizielles, Gleichheit Leidenschaft, Anmut/ Kreativität, Emotio- nales, Einfallsreichtum Anerkennung, Renommee, Zeichen, Berühmtheit Fokus auf … Informationen aus erster Hand, die per- sönliche Gewinne bzw. Vorteile sichtbar und kalkulierbar machen präzise Informatio- nen, die Aufschluss darüber geben, welche Arbeitsanforderungen vorzufinden sind persönliche Infor- mationen, die lokale Verhältnisse und ein Gefühl der Zugehörig- keit vermitteln frei verfügbare Infor- mationen, die Fairness und Chancengleichheit mit sich bringen authentische Informati- onen, die die zugrunde liegende Sache bzw. Weltanschauung freilegen stringente Informa tionen, die dem öffentlichen Ansehen zuträglich sind bzw. das Image aufrecht erhalten Abb. 3: Wertordnungsbezogene Welten nach Boltanski & Thévenot (2006)
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