Personal Quarterly 2/2021

19 02 / 21 PERSONALquarterly Verstehen, warum die Diskrepanz besteht. Aus psychologischer Sicht interessieren uns vor allem die Komponenten Verhalten, Einstellungen, Kognitionen sowie motivationale und affektiv- emotionale Komponenten, die das Problem hervorrufen und beeinflussen. Wir beobachten weiter, dass Personen, die eine hohe Fre- quenz an Kontakten haben und die im privaten Umfeld bereits mit digitalen Kommunikationskanäle umgehen, das Tool nut- zen. Personen, die anscheinend längere Zeit ungestört arbeiten möchten und nach Störungen schwerer den Faden wieder auf- nehmen können, haben das Tool auf stumm gestellt oder noch nicht installiert. Auswirkungen des Problems. Was sind die Konsequenzen des Problems? Wer spürt die Auswirkungen in welcher Form? Die uneinheitliche Verwendung des Tools beeinflusst den Workflow und die Verbindlichkeit negativ, da Informationen sich auf mehrere Kanäle verteilen und damit verstreuen und Personen unterschiedlich gut einbezogen werden. Mitarbeiten- de können sich gegenseitig nicht gut erreichen, was Verunsi- cherung und Frust verursacht. Herausfinden, welche unterschiedlichen Perspektiven es auf das Problem gibt und für wen sich das Problem als solches stellt. Erste Ideen über die Zielgruppe der Intervention darf und sollte man jetzt schon bekommen. Unternehmensleitung, Personalentwickelnde und Arbeit- nehmende empfinden die Arbeitsabläufe als problematisch. Arbeitnehmende, die das Tool noch nicht verwenden, sollen hauptsächlich befragt und unterstützt werden. Konkretisieren des Problems. Definieren Sie nicht nur, was Sie nicht mehr möchten, sondern auch ganz spezifisch, was Sie gerne erreichen wollen. Die Personalverantwortlichen schließen aus den Beobach- tungen, dass ein Teil der Mitarbeitenden sich durch das neue Tool, dessen Funktionen und den Rahmen der Verwendung überfordert fühlen. Zielformulierung: Spezifisch: Das Tool soll bei allen Mitarbeitenden installiert, aktiviert und verwendet werden. Messbar: Ersichtlich wäre dies am Anstieg der Nachrichten im Tool und der Reduktion von E-Mails. Attraktiv: Gute Erreichbarkeit als entscheidender Erfolgs- faktor. Realistisch: Ja Umgang mit dem Problem. Prüfen Sie, ob das Problem lösbar oder substanziell verbesserbar ist. Wann ist der gewünschte Zustand schon mal vorgekommen, wie sah er aus? Die Lösung scheint erreichbar, da E-Mails/Telefonate be- kannt sind. Das neue Tool soll diese teilweise ersetzen. Schlüsselaspekte des Problems zusammenfassen: Motivation, Stress, Kompetenz, Bedürfnisse, Zugehörigkeit, Autonomie, Vertrauen ANALYSE Im zweiten Schritt werden Ursachen und Mechanismen hinter dem Problem eingehend analysiert. Die Analysephase dient dazu, mehr Wissen über das Problem, dessen Ursachen und die zugrunde liegenden Mechanismen zu erlangen. Divergierende Analyse. Diese beschränkt sich nicht auf die kon- krete Problemstellung, sondern eröffnet die Suche nach mög- lichen Ursachen für alle Arten von Informationen, um mehr Wissen zu gewinnen, z. B. die Durchführung von Interviews mit möglichen Experten und möglichen Personengruppen, die von dem Problem betroffen sind. Dadurch können viele mög- liche Ursachen und Erklärungen/Wirk- und Bedingungsfak- toren erfasst werden und die Gefahr von einem zu frühen Ende der Informationssuche wird verringert. Die angestrebte Ergebnisvariable ist bspw. die messbar hö- here Implementierung und konsequente Nutzung des Kom- munikationstools. Diese scheint zunächst ein technisches oder Wissensproblem zu sein. Darunter liegen jedoch psy- chologische Aspekte, die dazu beitragen, dass Mitarbeitende das Tool nicht verwenden möchten oder können. Eine negati- ve Einstellung gegenüber digitaler Kommunikation kann zu Zurückhaltung gegenüber dem neuen Tool führen. Eventu- ell wird das Tool als Überforderung wahrgenommen und es kommt zu Abwehr und einem Gefühl der Vereinsamung oder des Ausgeschlossenseins, wenn das Umfeld eine wahrgenom- mene höhere Kompetenz hat und eine geringere persönliche Kompetenz vorhanden ist. Druck zur Umsetzung und damit verbundene motivational und affektiv-emotionale Reaktionen (Reaktanz, Abwehr, Distanzierung) auf diese Art von Stress. Konvergierende Analyse. Sie versucht, die verschiedenen Strän- ge von Informationen und Erklärungsideen zu kombinieren und den Großteil der Informationen zu einem erschöpfenden Modell zusammenzufassen. Am Ende der Analysephase sollten Sie ein umfassendes und schlüssiges Bild der entscheidenden Variablen haben. Diese können Sie nun für die nächste Pha- se so spezifizieren, dass eine Überprüfung der zugrundelie- genden Annahmen und Wirkungsmechanismen möglich ist. Psychologisch betrachtet benötigen Menschen z. B. in der sog. VUKA-Arbeitswelt immer mehr Fähigkeiten, ihre Emoti- onen und ihre Motivation selbstständig regulieren zu können, um die aus diesen Veränderungen resultierenden Unsicher- heiten zu bewältigen und ihre Handlungsfähigkeit zu gewähr- leisten. Betroffene Personen zeigen eine verringerte Motivation und Eigeninitiative bei der Nutzung des neuen Kommunikati- onstools und verwenden immer wieder die alten, bereits be- kannten Kommunikationswege. Theorien zu Motivation und Selbstregulation (Details siehe Abschnitt 3. Theorie/Test) kön- nen in diesem Fall dabei helfen, zu verstehen, wie Menschen mit erlebten Diskrepanzen zwischen Ist- und Wunschvorstel- lungen umgehen und wie sie nicht nur Sicherheit erlangen, sondern auch Wachstumsprozesse erleben können.

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