Personal Quarterly 2/2021

16 PERSONALquarterly 02 / 21 SCHWERPUNKT _NEUES LERNEN D ieses Jahr wurde die Arbeitswelt vor neue He- rausforderungen gestellt. Das bereits seit Jahren vieldiskutierte Schlagwort VUKA bekam mit der Covid-19-Krise eine vollkommen neue Bedeutung. VUKA ist ein Akronym und steht für „Volatilität“, „Unsicher- heit“, „Komplexität“, „Ambiguität“. Diese vier Begriffe kenn- zeichnen eine Arbeitswelt, die ständigen Veränderungen unterworfen ist, von heute auf morgen entscheidende Neue- rungen mit sich bringt, auf vielschichtigen Zusammenhängen basiert und Widersprüchlichkeiten beinhaltet. Wir haben nicht nur erlebt, wie schlagartig sich unsere „ge- dachte“ Normalität verändern kann, sondern auch, wie schnell sich Organisationen sowie ganze Gesellschaften anpassen kön- nen. Besonders die neuen digitalen Kommunikationsformen stellten für viele Arbeitnehmende und -gebende ein neues Ter- rain dar. Dadurch entstanden einerseits Möglichkeiten und Chancen, andererseits erhöhte diese Transformation Risiken für Missverständnisse und Überforderung. Zusätzlich entstand die Notwendigkeit, schnell neue Fähigkeiten zu erwerben – ei- ne besondere Herausforderung, da diese von Arbeitgebenden und -nehmenden zeitgleich erworben werden mussten. Die veränderten Bedingungen der Arbeitswelt erfordern allerdings einen neuen Umgang mit Lernen – ein „neues Lernen“! Was ist „neues Lernen“? Mit der Digitalisierung veränderte sich die Auffassung davon, wie effektives Lernen aussehen kann. Mittlerweile können Personen eine Vielzahl unterschiedlicher Lernformate vorfin- den (z. B. Lehrvideos, Selbsttests, interaktive Präsentationen, Podcasts etc.), die adaptiv zugeschnitten werden können, und selbstgeleitete Lernmotivatoren auf verschiedenste Arten nut- zen, z. B. durch individuelle Belohnung (Gamification). Neues Lernen umfasst folglich nicht nur neue digitale Möglichkeiten, sondern auch Aspekte des persönlichen und des selbststän- digen Lernens sowie die Verschmelzung von Lernsituationen mit anderen Kontexten, z. B. Arbeit, Freizeit, Hobbys, Social Networking. In diesem Zusammenhang scheint der Begriff der Bildungs- technologie (englisch: Edtech= Educational Technologies) rele- vant: „Der Begriff Edtech steht nicht nur für den Einsatz neuer Neues Lernen ermöglichen – das PATH-Modell am Beispiel des Remote-Arbeitens Von Vicky König, MSc., Univ.-Prof. Dr. Eva Jonas und Anna Moser, MSc. BA (Universität Salzburg) Technologien im Bildungssektor. Edtech umfasst auch die Art und Weise, wie man diese Technologien nutzt und dadurch leichter, schneller und motivierter lernt. Dazu braucht es zwei zentrale Kompetenzen: Digitalkompetenz und Lernkompetenz“ (Nieswandt et al., 2019, S. 3). Es liegt demnach nahe, gleichzei- tig den Erwerb dieser beiden Kompetenzen zu unterstützen: (1) ein Verständnis für Digitalisierung und damit verbundene neue Formen der Interaktion (Digitalkompetenz) und (2) die Fähigkeit, Lernen auf selbstständige und intrinsisch motivierte Art und Weise durchzuführen (Lernkompetenz). Beharrt man als Unternehmen nun auf einem alten Lernprin- zip, in dem es vorrangig um den Erwerb von Wissen geht und weniger um die Motivation der Lernenden, sieht man sich bald vor große Herausforderungen gestellt. Denn Mitarbeitende wünschen sich immer stärker, dass „Unternehmen […] Lernen neu denken“ (Nieswandt et al., 2019, S. 3) und dem Anspruch nach Individualität, Flexibilität und Innovation nachkommen. Doch was bedeutet es, Lernen imUnternehmen neu zu denken? Da neues Lernen nicht nur digitales Lernen meint, sondern eine neue Lernkultur beschreibt, in der es um selbstgeleitete, bedürfnisorientierte und autonome Lernprozesse geht (Nies- wandt et al., 2019), können wir für Unternehmen und Perso- nalentwicklungsmaßnahmen ableiten, Mitarbeitende sowohl in ihrer Digitalkompetenz als auch in ihrer Lernkompetenz zu unterstützen. Besonders für Mitarbeitende, die sich von neuen Lernformaten überfordert oder sogar in ihrer Kom- petenz bedroht fühlen, muss daher die Auswahl, Gestaltung und Betreuung neuer Lernumgebungen weitaus präziser und bedürfnisorientierter gestaltet sein. Es muss zunächst die Motivationslage und die Voraussetzung für selbstgeleitetes Lernen geschaffen werden, was durch verpflichtende Nach- schulungen oder die Androhung von Strafen bei ausbleibender Weiterbildung nicht erreicht wird. Vielmehr ist es für Perso- nalentwickelnde wichtig, eine Lösung anzubieten, die das Mo- tivations- und Selbstregulationsniveau der Personen in den Prozess einbezieht. Die Planung neuer Lernformate ist komplexer als die bisher üblicher Settings, in denen die Inhalte und Methoden meist vorher festgelegt waren. Beim „alten Lernen“ wurde lediglich nach dem Wissensstand, aber nur selten nach dem Motiva-

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