Personal Quarterly 2/2021
14 PERSONALquarterly 02 / 21 SCHWERPUNKT _NEUES LERNEN folgernd führt dies also zu einer höheren Wahrscheinlichkeit in Kulturen mit hoher Unsicherheitsvermeidung, dass auf formelle Lernformate informelles Lernen folgt und ein agiles Lernkontinuum aufkommt. Praxisimplikationen Wir konnten zeigen, dass die Zufriedenheit, obwohl sie für einen direkten Transfer nur einen marginalen Einfluss zu haben scheint (vgl. zusammenfassend z. B. Kauffeld, 2016), wichtig für das Aufkommen von informellem Lernverhalten ist, welches in der mittel- und langfristigen Betrachtung eine Effizienzsteigerung und einen verbesserten Transfer von Ge- lerntem mit sich bringen kann. Für die Praxis bedeutet dies also, dass HR-Verantwortliche darauf achten sollten, dass die Trainings zufriedenstellend sind. Um nach dem Abschluss je- des formellen Trainings das Aufkommen informellen Lernens zu fördern, sollte außerdem auf die Bereitstellung informeller Lerngelegenheiten, wie Mikroinhalte, digitale Feedback-Ka- näle und Kollaborationsplattformen, die individuell auf die Lernpräferenzen der Lernenden angepasst sind, Wert gelegt werden. Führungskräfte sollten dazu angehalten werden, diese Arten des Lernens durch ihre Vorbildrolle zu unterstützen und ihrenMitarbeiterinnen und Mitarbeitern die benötigte Zeit und die Freiheit zu geben, um dem individuellen Lernen, aber auch dem Austausch untereinander nachzukommen. Für die Teil- nehmenden von Trainingseinheiten heißt dies wiederum, dass sie sich mit den Arten des informellen Lernens auseinander- setzen sollten, insofern sie mit diesen noch nicht vertraut sind. Zufriedenheit ist nicht gleich Zufriedenheit – die Kultur ist entscheidend! Für die Praxis bedeutet dies, dass vor allem in Ländern mit einem hohen Unsicherheitsvermeidungsniveau die Zufriedenheitsergebnisse tiefergehend durch die HR-Abtei- lung evaluiert werden sollten. Sehr gute Bewertungen lassen in diesen Ländern noch keine verlässlichen Schlüsse auf die Qualität eines formellen Trainings zu. Nach jeder Bewertung sollten bspw. die direkten Führungskräfte oder Mitarbeitende der HR-Abteilung gezielt erfragen, wie das jeweilige Training empfunden wurde, welche Inhalte praktische Anwendung finden können und ob bzw. welcher Verbesserungsbedarf am Training selbst gesehen wird. Diese Antworten können dann wiederum direkt von der Personalabteilung genutzt werden, um das Trainingskonzept bei Bedarf anzupassen. Außerdem wurde in dieser Studie gezeigt, dass die hier be- trachtete Unsicherheitsvermeidung (umso höher sie ist) vor allem das Lernen von und mit anderen positiv beeinflusst. Das bedeutet im Umkehrschluss für die HR-Verantwortlichen von Ländern mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung, dass diese Form des informellen Lernens besonders gut gefördert werden kann, da sie aufgrund der kulturellen Prägung bereits präfe- riert wird. Aufgabe der Vorgesetzten sollte es daher sein, den aktiven Austausch der Mitarbeitenden zu fördern, indem pro- aktiv Austauschrunden organisiert und ggf. gesteuert werden. Die Mitarbeitenden selbst werden hierfür empfänglicher sein als Personen aus Kulturkreisen mit geringer Unsicherheits- vermeidung. Auf was es bei dieser Art von Austauschrunden ankommt (Organisation, Teilnehmerkreis und Nachbereitung), Quelle: Eigene Darstellung Deskriptive Statistik Pearson Korrelationen M SD α UV (t 1 ) IL_VmA (t 2 ) L_AM (t 2 ) IL_PA (t 2 ) ZUF (t 1 ) 10.07 1.14 .71 .68 .27 .32 .30 UV (t 1 ) 10.31 1.16 .94 .20 .24 .24 IL_VmA (t 2 ) 4.33 0.62 .88 .33 .23 IL_AM (t 2 ) 4.52 0.49 .78 .33 IL_PA (t 2 ) 4.05 0.62 .71 Abb. 3: Deskriptive Statistik und Korrelationen der Skalen Anmerkungen: Alle Korrelationen sind auf dem .001 Level signifikant. ZUF = Zufriedenheit; IL_VmA = Informelles Lernen von und mit Anderen; IL_AM = Informelles Lernen durch andere Materialien; ILA_PA = Informelles Lernen durch praktische Anwendung; UV = Unsicherheitsvermeidung. Erhebungszeitpunkte: t 1 = Zeitpunkt 1; t 2 = Zeitpunkt 2
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