Personal Quarterly 4/2021

47 04 / 21 PERSONALquarterly Psychologische Sicherheit: Konzept und Messung Psychologische Sicherheit beschreibt den Glauben einer Per- son oder einer Gruppe von Personen, dass Risiken innerhalb eines Teams oder innerhalb einer Organisation ohne negati- ve Konsequenzen eingegangen werden können. Damit weist das Konstrukt eine Nähe zum bekannteren und empirisch gut untersuchten Ansatz des „Vertrauens“ auf (Vertrauen hat mit einer korrigierten Korrelation von 0,30 einen moderaten Einfluss auf den Erfolg von Teams; vgl. De Jong et al., 2016). Edmondson (2004) diskutiert die Unterschiede der beiden Konstrukte und weist insbesondere darauf hin, dass sich Ver- trauen auf Personen bezieht, während psychologische Sicher- heit ein geteilter Glaube an eine Gruppennorm ist. Die Ermittlung psychologischer Sicherheit erfolgt überwie- gend auf der Basis standardisierter Fragebögen. Amhäufigsten verwendet wird das von Amy Edmondson (1999) entwickelte Messkonzept, das aus sieben Einzelfragen besteht und psy- chologische Sicherheit auf der Ebene des Teams misst, wobei allerdings jedes Teammitglied die Fragen beantwortet und somit neben dem durchschnittlichen Niveau auf Teamebene auch unterschiedliche Einschätzungen einzelner Teammit- glieder identifiziert werden können. „It is safe to take a risk on this team“, ist bspw. eines der sieben Einzelitems. In diesem Sinne misst das Konstrukt die geteilte Überzeugung innerhalb eines Teams, ob das Team ein sicheres Umfeld zur Übernahme von Risiken durch einzelne Teammitglieder bietet. Neben der Teamebene kann psychologische Sicherheit auch auf individueller Ebene betrachtet werden, wobei hier viele unterschiedliche Messkonzepte bzw. Fragebögen entwickelt wurden (Newman/Donohue/Eva, 2017). Zum Teil sind diese Fragebögen stark auf die Beziehung zur Führungskraft hin ausgerichtet (z. B. Tynan, 2005; „I trusted the boss“, The boss would go to bet for me“) und liegen durch den Personenbezug näher am Konstrukt des Vertrauens. Effekte psychologischer Sicherheit In ihrer Metaanalyse untersuchen M. Lance Frazier und Kolle- gen (2017) die Auswirkungen psychologischer Sicherheit auf personalwirtschaftliche Ergebnisgrößen. In Abbildung 1 sind die zentralen Befunde dargestellt, die sich auf die Messung auf Teamebene beziehen (die Ergebnisse bei Messung auf der individuellen Ebene weichen nicht substanziell von den hier dargestellten ab). Insgesamt zeigen sich mittlere bis hohe Korrelationen zwi- schen psychologischer Sicherheit und den Erfolgsgrößen. Auffällig ist insbesondere der hohe Zusammenhang mit der Bereitschaft zur Weitergabe von Informationen (r=0,50). Da- rüber hinaus zeigt sich ein starker Zusammenhang (r=0,52) mit dem Lernverhalten, auf den im Folgenden näher einge- gangen werden soll. Psychologische Sicherheit und Lernen in Teams In der aktuellen Personalpraxis steht der Lerneffekt von Teams im Fokus der Betrachtung. Innovative Aufgaben werden an Teams vergeben und der Erfolg der Arbeit wird wesentlich da- durch bestimmt, dass die Teammitglieder voneinander lernen, Erfahrungen austauschen und Wissen weitergeben. Deshalb wollen wir den Zusammenhang zwischen psychologischer Si- cherheit und Lernverhalten näher untersuchen. Diesem Thema widmen sich Bret Sanner und J. Stuart Bunderson (2015). In Abb. 3: Gesamtmodell zur psychologischen Sicherheit Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Nembhard/Edmondson (2012, S. 499), ergänzt um die neueren empirischen Befunde auf Basis Newman/Donohue/Eva (2017, S. 529). Tätigkeitsmerkmale Merkmale des Teams Führungsstil Merkmale der Organisation Einflussfaktoren auf Psychologische Sicherheit Psychologische Sicherheit im Team und in der Organisation Moderatoren (z. B. Teamkonflikte, Merkmale der Zusammenarbeit) Teamleistung Arbeitszufriedenheit Lernverhalten Ergebnisgrößen

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