Personal Quarterly 4/2021

43 04 / 21 PERSONALquarterly Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen streben. Wenn diese Harmonie bedroht ist, tritt ein aversiver Spannungszu- stand auf, der als kognitive Dissonanz bezeichnet wird. Der Mensch ist hoch motiviert, kognitive Dissonanzen zu redu- zieren, und ihm stehen viele Maßnahmen zur Verfügung, um kognitive Dissonanzen sowohl bewusst als auch unbewusst zu verringern, wie z. B. Unterdrückung oder Ignorierung dis- sonanter Informationen, Umdeutung dissonanter Informatio- nen, selektive Suche nach konsonanten Informationen sowie Anpassung des eigenen Denkmodells oder Anpassung des Verhaltens. Die Theorie der kognitiven Dissonanz kann als theoretischer Rahmen für die Gründe 2 bis 5 genutzt werden, die von den Abb. 3: Beispielhafte Zitate der Interviewteilnehmer zur Forschungsfrage 3 Grund # Interview Zitat Getrennte Zuständigkeiten [11] Also Mitarbeiter, die wirklich fokussiert auf M&A sind in den Organisationen, die arbeiten oft auch wirklich in den M&A-Abteilungen und die sind in dem Prozess oft raus, sobald die Unterschrift unter den Vertrag gesetzt wurde. […] Danach ist es so, dass oft andere Leute im Unternehmen in den Lead gehen, um die Integration aufzusetzen. Das sind sehr oft Leute, die die Themen nicht wirklich sehr oft machen in Person, wo viele Erfah- rungswerte einfach verloren gehen. [2] Wenn ich jetzt mal von dem Kunden ausgehend draufschaue, dann ist es eine Frage der Verantwortlichkeit. In den frühen Phasen hast du oft eine Unternehmensentwicklung, die sind sehr stark strategisch daran beteiligt, die rennen nicht bis zum Ende der Integrationsphase mit, die closen das und dann ist alles gut. Zeitbeschränkungen Pre-Merger [1] Das heißt, es werden Menschen einfach außen vorgelassen oder komplett vergessen. Aber es wird vieles ver- gessen vor Closing einfach nur, weil jeder ist daran interessiert, so schnell wie möglich zu closen. Je schneller das Closing stattfindet, desto schneller kriegen die Directors und Executives Managers ihren Bonus ausgezahlt. Machtmotivation der Manager [6] Für mich sind Acquisitions nichts anderes wie früher in der Geschichte die Eroberungen von Ländern. Je mehr Länder man besitzt, desto reicher bin ich. So agieren die Firmen halt auch. Getrieben teilweise durch den Dax oder durch andere Aktienmärkte, getrieben aber auch durch dieses gesellschaftliche und menschliche Verhal- ten ‚schneller, höher, weiter‘, ‚je mehr ich habe, desto toller bin ich‘. Fokus auf harte Zahlen und Fakten [12] […] viele Unternehmen nehmen das nicht ganz so ernst wie die finanziellen Kennzahlen, die man sich natürlich in erster Linie anschaut. Das ist natürlich sehr, sehr weich und qualitativ und das ist jetzt ich sag mal, wenn die Zahlen jetzt nicht überwältigend sind und sagt gut für den Kaufpreis kann ich mir Target X einver- leiben, dann wird selten ein CEO oder Vorstand sagen, ja Cultural Assessment. Ja ich glaube nicht, dass das so gut passen wird, das wird auf jeden Fall kein Deal Breaker sein. Aktiver Ausschluss der Mitarbeiter- perspektive [3] Ich meine es liegt ja auf der Hand, wenn ein Laden verkauft wird, dann denkst du jetzt nicht an Hans Dieter, der seit 20 Jahre da arbeitet. [5] Meine Erfahrung war, dass die Führungskräfte und Top-Führungskräfte auch immer total interessiert sind, das mitzukriegen, was läuft da. Aber oft wollen die es gerne auf dem Papier lesen, aber mit den Leuten reden ist dann noch einmal eine andere Nummer und es trauen sich nicht alle zu. [8] Alles was darunter fällt, so nenne ich es jetzt mal ein bisschen abfällig, alles was unter Managementebene stattfindet, schaut man sich eigentlich relativ wenig an. interviewten Managementberatern angeführt wurden. In der Pre-Merger-Phase haben Manager aufgrund von Zeitzwängen und ihrer Machtmotivation ein hohes Interesse daran, den M&A-Deal abzuschließen. Dies führt dazu, dissonante Infor- mationen zu unterdrücken oder zu ignorieren und selektiv nach konsonanten Informationen zu suchen, was in Summe zu einer Vernachlässigung des „Faktor Mensch“ in M&A-Transak- tionen führt. Die ökonomische Disziplin gibt ihnen dafür eine gute Begründung, da der „Faktor Mensch“ in den klassischen Theorien in diesem Bereich als nicht sehr wichtig erachtet wird. Der sprichwörtliche „Elfenbeinturm“ kommt einem als passende Metapher für solche Sicht- und Verhaltensweisen in den Sinn. Quelle: Eigene Darstellung

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