Personal Quarterly 4/2021
PERSONALquarterly 04 / 21 42 NEUE FORSCHUNG _TRANSFORMATION der aktive Ausschluss von Mitarbeiterperspektiven durch das Topmanagement, wenn es um Entscheidungen bei M&A-Akti- vitäten geht. Theoretische Einordnung der Ergebnisse Die in dieser Studie befragten Managementberater stimmten mit dem breiten Konsens in der akademischen und nicht akademischen Literatur überein, dass die Berücksichtigung des „Faktor Mensch“ ein wesentlicher Erfolgsfaktor für M&A- Transaktionen ist (Gomes et al., 2013; Rathnow/Walter, 2018; Sarala et al., 2019; Witzmann/Dörrenbächer, 2016). Die be- fragten Managementberater beschrieben weiterhin, dass der „Faktor Mensch“ von ihren Kunden als nicht wichtig erachtet wird. Aus akademischer Sicht ist dies ziemlich überraschend, da dieses Thema nicht neu ist. Zusätzlich ist fast überall in der Unternehmenswelt ein gesteigertes Bewusstsein für den „Faktor Mensch“ bei unternehmerischen Entscheidungen zu beobachten. Warum gibt es also diese Kluft zwischen der wahr- genommenen Bedeutung und der wahrgenommenen Berück- sichtigung des „Faktor Mensch“ bei M&A-Aktivitäten? Im Folgenden wird die kognitive Dissonanztheorie von Fes tinger (1957) verwendet, um die Ergebnisse der qualitativen Analyse theoretisch zu umreißen und zu erklären. Die Theorie der kognitiven Dissonanz kann als eine der einflussreichsten Theorien der modernen Psychologie bezeichnet werden. Die Theorie besagt, dass Menschen nach Harmonie zwischen ihren ersten beiden Gründe sind organisatorischer Natur, während sich die übrigen drei Gründe auf psychologische Charakteristi- ka der beteiligten Manager auf Kundenseite beziehen. Beispiel- hafte Zitate der Interviewpartner für diese fünf Gründe sind in Abbildung. 3 dargestellt. Als erster Grund wurden getrennte Zuständigkeiten für Deal-Phase und Post-Merger-Integration genannt. Viele der befragten Experten waren der Meinung, dass die getrennte organisatorische Verantwortung für den Abschluss von M&A- Deals und den Erfolg der Post-Merger-Integration zu einer Vernachlässigung von Change-Management-Maßnahmen führt. Der zweite Grund, der aufgeführt wurde, waren Zeitbe- schränkungen in der Pre-Merger-Phase. Vor dem Abschluss eines Geschäfts handeln Unternehmen chancenorientiert, da sie das Geschäft vor ihren Konkurrenten abschließen wollen. Daher werden Faktoren, die das Geschäft gefährden könnten, gerne aus der Analyse ausgeschlossen. Drittens deuteten die Befragten an, dass die Manager des Kunden häufig macht motiviert sind und sich als solche auf die Vergrößerung ihres Machtradius konzentrieren und nicht auf Themen wie Un- ternehmenskultur und betroffene Mitarbeitende. Als vierten Grund nannten die Experten, dass sich Manager gerne auf harte Zahlen und Fakten fokussieren. Da der „Faktor Mensch“ nicht leicht zu quantifizieren ist, spielt er bei finanziellen Entscheidungen häufig eine untergeordnete Rolle. Eng ver- bunden mit dem vierten Grund ist der fünfte Grund, nämlich Abb. 2: Beispielhafte Zitate der Interviewteilnehmer zur Forschungsfrage 2 # Interview Zitat [6] Aber normalerweise tendiert das Topmanagement eher dazu, den Faktor Mensch nicht ganz so wichtig zu sehen. [5] Ich finde, der Faktor Mensch kommt zu kurz in dem Prozess. Wird im Due Diligence, gerade im Pre-Merger überhaupt nicht berücksichtigt und wird dann oft auch noch im Verlauf des Mergers und Post-Mergers zu spät berücksichtigt. [7] Ich glaube tatsächlich, dass ganz viele Post-Merger Integrationen scheitern, weil kein gescheites Change Management stattfindet. [11] Man muss allerdings auch sagen, dass Zahlungsbereitschaft von Unternehmen für so People, Kultur-, Due- Diligence-Aspekte in der Deal-Phase sehr gering ist. Das heißt, wenn man diese Themen anbietet, werden die oft einfach nicht gekauft. [7] Das ist schon wichtig, dass man das hat, aber es immer das erste Team [Change], wenn Kürzungen ge- macht werden, das geht, weil dann gesagt wird, das können wir auch selber, so eine kleine Tüte fertig ma- chen für die Leute zum Willkommen. Es sind natürlich mehr, aber so sehen die Unternehmen es häufig, ja. Quelle: Eigene Darstellung
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