Personal Quarterly 4/2021
24 PERSONALquarterly 04 / 21 SCHWERPUNKT _FÜHRUNG „führungslosen Erstarrung“ eintritt. Inaktivität, verlangsamte Prozesse, niedrige Motivation und geringe Leistungen sind die Konsequenzen. Auch wenn dieser Erstarrungszustand häufig ist, gibt es doch auch Auswege, nämlich dann, wenn Teammitglieder es nicht akzeptieren, dass sich die formelle Führungskraft passiv „aus der Verantwortung zieht“. Aus dieser Konstellation (passive Führungskraft, herausfordernde Teammitglieder) entsteht eine Chance für die Leistungsfähigkeit des Teams, welche immer dann zum Tragen kommt, wenn die Teammitglieder die formelle Füh rungskraft dazu motivieren können, ihr eigenes Rollenverständ nis zu hinterfragen und in Richtung dynamischer Koordination zu verändern (Maurer/London, 2018). Ein derartiges Verhalten der Teammitglieder, das auch als konstruktiv-kritisches Verhal ten bezeichnet wird, erfordert hohe Kompetenzen der Teammit glieder in der Führung von unten nach oben sowie eine gewisse Risikobereitschaft und stellt einmal mehr heraus, welche zen trale Rolle Mitarbeitende für gelingende Führung spielen. Ob die Teammitglieder ein solches konstruktiv-kritisches Verhalten zeigen, hängt neben Persönlichkeitseigenschaften der Teammit glieder (z. B. Risikobereitschaft, Selbstvertrauen) auch von bishe rigen Erfahrungen mit der Führungskraft ab. In Teams, in denen gegenseitiges Vertrauen und ein Gefühl der psychologischen Si cherheit (= ich kann sagen, was ich meine, ohne Bestrafung be fürchten zu müssen) vorhanden sind, tritt ein solches Verhalten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf. Die klassische Führungskraft: „Ich führe selbst“ – erfolgreich? Aufseiten der formellen Führungskraft spiegelt sich ein traditi onelles Rollenverständnis darin wider, dass Führung im Sinne der Richtungsvorgabe, Prozessgestaltung und Arbeitsvertei lung primär in der eigenen Person vereint wird (die formelle Führungskraft „führt selbst“). Wenn Teammitglieder diese Ein flussnahme akzeptieren, befinden wir uns in einer klassischen Situation der hierarchischen Delegation: Die Führungskraft steuert den Prozess und die Teammitglieder füllen die ihnen zugewiesenen Rollen aktiv und nach bestem Wissen und Ge wissen aus. Diese Konstellation war und ist ein erfolgreiches Zusammenarbeitsmodell, vor allem dann, wenn schnelle Ent scheidungen notwendig sind und die Kenntnisse oder die Er fahrung der Führungskraft deutlich über den Kenntnissen oder den Erfahrungen der Teammitglieder liegen. Wenn Teammitglieder auf diese Art der Führung allerdings passiv reagieren, tritt „Dienst nach Vorschrift“ ein. Bei etablier ten Prozessen oder in wenig komplexen Tätigkeitsfeldern kann Quelle: Eigene Darstellung Abb. 1: 3x3-Matrix (in-)formeller Führung Teammitglieder ... nehmen an ... führt selbst Formelle Führungskraft dynamische Koordination Selbst- führung hierarchische Delegation Ablehnung informeller Führung führungslose Erstarrung Dienst nach Vorschrift Rückgabe informeller Führung Einfordern von formeller Führung Kampf um Führung ... bleiben passiv ... bleibt passiv ... fordern heraus ... gibt ab Konsequenzen Führungskraft · Motivation · rollenbezogene Selbstwirksamkeit · rollenbezogene Karriereambitionen · Stresserleben Team · Leistung · Motivation · Innovativität · Teamstimmung
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