Personal Quarterly 4/2021

PERSONALquarterly 04 / 21 14 SCHWERPUNKT _FÜHRUNG beitenden einer Organisation eine gemeinsame Identifikati- on, stärkt dies die Motivation, die eigene Selbstwirksamkeit und das Commitment. Dies scheint wiederum die Bereitschaft zu erhöhen, in einem Team Führungsverantwortung zu über- nehmen, und stellt sicher, dass ein gemeinsames Ziel verfolgt wird. Für die Praxis bedeutet das, dass eher traditionelle Füh- rungsansätze nicht im Konflikt mit moderner geteilter Füh- rung stehenmüssen, sondern gleichermaßen gefördert werden sollten. Eine inspirierende Führungskraft könnte nämlich die Entstehung von geteilter Führung begünstigen. Dadurch of- fenbart unsere Forschung sowohl hierarchisch-inspirierende Führungskräfte als auch eine kollektive Identifikation mit der Organisation als mögliche Stellhebel zur Förderung von Shared Leadership. Wollen Unternehmen also Shared Leader­ ship fördern, liegt ein wesentlicher Ansatzpunkt bei den Füh- rungskräften. Geht man einen Schritt weiter, sollte Shared Leadership nicht als Substitut hierarchischer Führung gese- hen werden. Wir sind vielmehr davon überzeugt, dass transfor- mationales Führungsverhalten in einem autonom agierenden Team noch wichtiger wird, da dadurch sichergestellt werden kann, dass die Mitarbeitenden ihre Energie auf das Erreichen übergeordneter organisationaler Ziele fokussieren (Bruch et al., 2018). Vertikale und horizontale Führungsformen sollten also nicht als Gegensätze, sondern als synergetisch wirkende Ansätze aufgefasst werden. Um diese potenziellen Synergien bestmöglich nutzbar zu machen, sollten Personalverantwort- liche Führungskräfte in einem Veränderungsprozess hin zu mehr geteilter Führungsverantwortung bestärken, ihre for- male Führungsverantwortung nicht zu vernachlässigen und weiterhin zu inspirieren, zu ermutigen und individuell zu fördern. Die gewonnenen Erkenntnisse bekräftigen außerdem, dass sich die Bemühungen von Unternehmen hin zu mehr Shared Leadership durchaus lohnen. Die Daten reihen sich in eine Reihe von Studien ein, die Evidenz zu den positiven Outcomes von Shared Leadership zeigen (Bruch et al., 2018; Färber, 2019; Zhu et al., 2018) und ergänzen diese um ein besseres Verständnis des Wirkmechanismusses. So konnte unsere Studie zeigen, dass Shared Leadership positiv mit der produktiven Energie in Unternehmen zusammenhängt. Shared Leadership scheint also signifikant dazu beizutragen, das Potenzial der Mitarbeitenden zu aktivieren und auf die ge- meinsamen Ziele zu fokussieren. Unsere Daten deuten darauf hin, dass Shared Leadership sowohl eine positive indirekte Wirkung auf die Leistung als auch auf die Innovationskraft von Unternehmen hat. Unsere Studie kann zwar starke Evidenz für die Entstehungs- bedingungen und Auswirkungen geteilter Führung liefern, je- doch bestehen aufgrund der gewählten querschnittlichen (das heißt, alle Variablen wurden zum selben einmaligen Zeitpunkt erhoben) Forschungsmethodik auch bei der vorliegenden Stu- die Limitationen in Bezug auf die Kausalität. Nichtsdestotrotz sind wir zuversichtlich, dass unsere Ergebnisse durchaus kausaler Natur sein können, da die gefundenen Effekte sich mit bestehenden (teils längsschnittlich erhobenen Daten) zu den Entstehungsbedingungen und Auswirkungen von Shared Leadership auf individueller und Teamebene decken (vgl. Car- son et al., 2007; Hoch, 2013; Zhu et al., 2018) und somit theore- tisch als auch empirisch fundiert sind. Unsere Studie ist unseres Wissens nach eine der ersten, die zeigen kann, dass geteilte Führung auch der gesamten Organi- sation und nicht nur einzelnen Mitarbeitenden oder einzelnen Arbeitsteams nützen kann, da sie eine Steigerung von Innovati- onskraft und organisationaler Leistung ermöglicht. Dies sollte Personalverantwortliche dazu ermutigen, das drängende The- ma moderner Führungsformen mit Mut und Herz anzugehen, da das ganze Unternehmen durch diesen Veränderungsprozess hin zur geteilten Führung positiv beeinflusst werden kann. Quelle: Eigene Darstellung Abb. 4: Effekte von Shared Leadership auf organisationale Innovationskraft Produktive organisationale Energie Organisationale Innovationskraft 0.21* .271* .262* .071* * statistisch signifikant (es liegt ein statistisch bedeutsamer Zusammenhang vor), p < .05 ns: nicht signifikant (es liegt kein statistisch bedeutsamer Zusammenhang vor), p > .05 Kontrollvariablen: Branche, Zentralisierung, Formalisierung und Unternehmensgröße Durchschnittliches Shared Leadership direkter Effekt indirekter Effekt

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