Personal Quarterly 4/2021
PERSONALquarterly 04 / 21 10 SCHWERPUNKT _FÜHRUNG zung der Mitarbeitenden, eine erhöhte Leistungserwartung sowie der Förderung von Gruppenzielen beschrieben werden. Ein – wie in der vorliegenden Studie – auf organisationaler Ebe- ne konzipiertes transformationales Führungsklima beschreibt die typische Neigung von Führungskräften in Unternehmen, transformationales Führungsverhalten zu zeigen (Walter/ Bruch, 2010). Betrachtet man die Charakteristika transforma- tionaler Führung im Detail, so verwundert es nicht, dass trans- formationale Führung (neben empowernder Führung) sowohl theoretisch als auch empirisch als einer der wichtigsten Ent- stehungsfaktoren für geteilte Führung betrachtet wird (Hoch, 2013). Transformationale Führungskräfte motivieren ihre Mit- arbeitenden, zeigen ihnen die Bedeutung ihrer Arbeit auf und stecken mit ihrem Team eine Vision ab, in welche Richtung es zukünftig gehen soll. Dadurch ist auch im informellen Rahmen der geteilten Führung sichergestellt, dass alle an einem Strang ziehen und auf ein höheres Ziel zuarbeiten. Jedoch ist der kon- krete Wirkmechanismus, über welche Prozesse transformatio- nale Führung das Auftreten von geteilter Führung begünstigt, empirisch wenig erforscht. Wir schlagen organisationale Iden- tifikation als mögliche Prozessvariable vor, welche den Zu- sammenhang von transformationaler und geteilter Führung erklärt. Organisationale Identifikation wird definiert als ein wahrgenommenes Einssein mit einer Organisation (Mael/Ash- forth, 1992), wodurch Erfolge und Misserfolge der Organisation als die eigenen wahrgenommen werden. Folgt man van Knippenberg et al. (2004) wirkt transforma- tionale Führung in substanziellen Teilen durch die Erhöhung der Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Kollektiv (das heißt der Organisation). Denn transformationale Führung wird im Kern als die Fähigkeit beschrieben, die eigenen Interessen der Mitarbeitenden durch die Internalisierung übergeordneter Ziele (z. B. organisationale Ziele) in kollektive Interessen zu transformieren (Bass, 1985; van Knippenberg et al., 2004). Und auch mit geteilter Führung hängen gemeinsamer Sinn und Identifikation eng zusammen: Hoch (2013) vermutet, dass eine gemeinsame Vision individuelle Ziele ersetzen und den Fokus verstärkt auf die Ziele des Teams richten kann, was wie- derum eine Voraussetzung für Shared Leadership darstellt. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse von Carson et al. (2007), dass u. a. ein geteilter Purpose innerhalb eines Teams die Entste- hung von geteilter Führung fördert. Ebenso wird vermutet, dass eine kollektive Identität durch verschiedene Führungs- verhaltensweisen gefördert werden kann und dadurch geteilte Führung stimuliert wird (Zhu et al., 2018). Darauf aufbauend gehen wir zuerst der Forschungsfrage nach, ob ein transfor- mationales Führungsklima durch die Erhöhung der organisa- tionalen Identifikation die Entstehung von geteilter Führung begünstigt. Hypothese 1: Die organisationale Identifikation überträgt den positiven Zu- sammenhang zwischen einem transformationalen Führungs- klima und Shared Leadership. Wirkung von geteilter Führung auf Mitarbeitende und Organisationen Walter und Bruch (2010) konnten zeigen, dass ein transforma- tionales Führungsklima positiv mit der produktiven organisa- tionalen Energie (POE) eines Unternehmens zusammenhängt. POE beschreibt, wie stark das Potenzial von Mitarbeitenden einer Organisation mobilisiert und auf die zentralen gemein- samen Ziele ausgerichtet ist (Bruch/Ghoshal, 2003). Produk- tive organisationale Energie besteht aus drei unterschiedlichen Dimensionen, die das kollektive Erleben der Mitarbeitenden von positivem Affekt (das heißt emotionale Energie), der ko- gnitiven Aktivierung bei der Verfolgung übergeordneter Ziele (das heißt kognitive Energie) sowie den gemeinsamen Anstren- gungen bei der Erreichung eben dieser Ziele (das heißt Verhal- tensenergie) widerspiegeln (Walter/Bruch, 2010). Während gut erforscht ist, dass strukturelle Merkmale der Organisation, wie bspw. die Unternehmensgröße, auf diesen Zusammenhang einwirken (das heißt, als Moderator fungie- ren), ist wenig darüber bekannt, wie der Zusammenhang zwi- schen transformationaler Führung und POE erklärt werden kann (Walter/Bruch, 2010). Da angenommen wird, dass POE die notwendige Kombination von kognitiven, emotionalen und Handlungskapazitäten schafft und diese fokussiert auf ein Unternehmensziel ausrichtet, und gezeigt werden konnte, dass geteilte Führung kognitive, affektive und motivationale ABSTRACT Forschungsfrage: Das Interesse an der Förderung und den Auswirkungen von Shared Leadership steigt ungebremst. Doch wie entsteht Shared Leadership und welche leistungs bezogenen Auswirkungen sind zu erwarten? Methodik: quantitative empirische Studie mit mehr als 26.000 Befragten aus 160 Unterneh men aus dem deutschsprachigen Raum Praktische Implikationen: Die Ergebnisse unterstreichen die essenzielle Rolle hierarchisch- inspirierender Führung in der Entstehung von Shared Leadership und zeigen die Effektivität von geteilter Führung auf die Innovationskraft sowie die Leistung ganzer Unternehmen.
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