Personal Quarterly 3/2021
57 03 / 21 PERSONALquarterly PROF. DR. CHRISTINA HOON Inhaberin Stiftungsprofessur BWL – Führung von Familienunternehmen Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Universität Bielefeld christina.hoon@uni-bielefeld.de https://www.uni-bielefeld.de/wiwi/ffu/team/hoon/ nachwuchs für die meist mittelständischen Firmen – in der Hoffnung, dass die Wirtschaftsregion die Absolventen halten kann. Auch deshalb holt Professorin Hoon immer Praktiker in die Hochschule. Sie kann auf die Unternehmer und Manager der Stifterunternehmen zurückgreifen. Das funktioniert seit 2015 und auch jetzt im dritten Semester der ausschließlich digitalen Lehre. „Natürlich ist es für die Studierenden spannend, Unter- nehmercharisma im Hörsaal zu spüren“, erinnert sich Profes- sorin Hoon an die Vor-Corona-Zeit. „Aber manche Firmenchefs jetten durch die Welt, mit denen kommt man online leichter ins Gespräch.“ Deshalb wird sie die hybriden Lehrformate zum Teil beibehalten, wenn die Universität wieder öffnet. Was auch bleiben wird in der Lehre, ist das Thema Unsicherheit. „Die Studierenden können an der Pandemie lernen, wie Krisenma- nagement in Familienunternehmen geht, dass Planung nicht zu eng sein darf, sondern eher ein Spektrum abbildet, was passieren kann“, sagt Hochschullehrerin Hoon. Familienunternehmen sind für Christina Hoon kein Neu- land, sondern von klein auf vertraut: Die 48-Jährige wuchs in einer Fabrikantenfamilie auf, die in der niedersächsischen Grafschaft Bentheim, einer durch die Textilindustrie geprägten Region, in der dritten Generation Leinen webte – und half schon als Schülerin aus. Doch nach dem Abitur und der Ausbildung zur Industriekauffrau ging sie zum Studium nach Hannover und machte ihr Diplom in Wirtschaftswissenschaften. 1999 wurde sie an der Leibniz Universität Hannover wissenschaft- liche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Personal und Arbeit, später wissenschaftliche Assistentin und Habili- tandin. Lehrstuhlinhaber Professor Hans-Gerd Ridder wurde ihr Doktorvater und Förderer. Hoon beschäftigte sich in ihrer Dissertation „Strategieprozesse in öffentlichen Verwaltungen“ mit dem öffentlichen Dienst, den dortigen Personalmanage- mentmodellen, der Personalentwicklung und der Führung in Veränderungsprozessen. Ihre empirischen Studien und die da- raus folgenden Ergebnisse stellte sie auf internationalen Kon- gressen vor – in Wien und Zürich, in Chicago und Vancouver. Mit Forschungsaufenthalten und in Kooperation mit Forschern ausländischer Hochschulen kreiste die Wissenschaftlerin um Thesen des strategischen Wandels, um Innovationen und An- passungsleistungen. Die Strategieprozesse von Hochschulen, die personalpoli- tische Reform der evangelischen Kirche, das Personalmanage- ment in Non-Profit-Organisationen – mit diesen vielen Facetten ihrer Themen und Publikationen konnte die HR-Forscherin 2015 kumulativ habilitieren. Immer trieb sie die Neugierde für qualitative Studien ins Feld. „Ich will theoriebildend arbeiten“, beschreibt Hoon, „dafür benötige ich Erkenntnisse aus der Pra- xis.“ Zum Beispiel beim Thema Unternehmensnachfolge. „Es gibt viele Organisationstheorien, aber wir brauchen bessere Theorien für die Nachfolge “, so die Professorin. Anders als bei ökonomischen Theorien, die in Konzernen entstehen und auf Stakeholder ausgerichtet sind, müsse bei Unternehmerfami- lien die Firmen-DNA mitgedacht und weitergegeben werden. Ob Gesellschafteranteile verschenkt, der nächsten Generation übergeben oder verkauft werden, dafür gebe es nicht nur die eine gute Lösung. An Erfolg und Misserfolg des Generationen- wechsels hänge allerdings die Existenz des Unternehmens. Es kann zur Aufspaltung der Firma kommen, dazu, von Investoren aufgekauft zu werden, oder eben zu einem Übergang in die nächste Familiengeneration, die Dinge anders macht, aber das Unternehmen dynastisch zusammenhält. Christina Hoon un- tersucht das Gesamtbild. Und genau mit diesem Ansatz passt sie als Forscherin und Ausbilderin an der Universität Bielefeld auf die Stiftungsprofessur, von der aus sie sich auf die Spur von Familienunternehmen begibt. Foto: Stefan Sättele
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==