Personal Quarterly 3/2021

46 STATE OF THE ART _PERFORMANCE MANAGEMENT PERSONALquarterly 03 / 21 D ie schon seit einigen Jahren in Unternehmen wahr­ nehmbare Kritik am „klassischen Performance Management“ erreichte 2019 einen Höhepunkt, als Bosch und andere Unternehmen grundlegende Ver­ änderungen umsetzten. Was teilweise als eine grundsätzliche Abkehr von einer integrierten Leistungssteuerung wahrge­ nommen wurde, entpuppte sich in den meisten Fällen jedoch als eine Neuausrichtung einzelner Instrumente wie die Umstel­ lung von individuellen Zielen auf Unternehmensziele, die Ein­ führung der Steuerungslogik OKR statt MbO oder die Stärkung subjektiver Leistungsbeurteilungen neben objektiv messbaren Zielen. „Performance Management im Umbruch: Eindeutiger Trend oder bunter Blumenstrauß?“ lautet entsprechend der Titel einer Handreichung des Bundesverbands der Personal­ manager (2018), wodurch die unscharfe Verwendung des Be­ griffs Performance Management hervortritt. Nicht nur in der Praxis sondern auch in der Personalforschung werden unter dem Begriff Performance Management unterschiedlichste The­ mengebiete subsummiert, vor allem Zielvereinbarungen, Leis­ tungsbeurteilung und Feedback-Systeme (Brown et al., 2018). Wir wollen uns nicht mit einzelnen Instrumenten des Per­ formance Managements wie der variablen Vergütung beschäf­ tigen, sondern das Gesamtsystem in den Blick nehmen. In diesem Sinne folgenden wir der Definition von Aguinis (2013) und verstehen Performance Management (PM) als einen kon­ tinuierlichen Prozess der Messung und Entwicklung von Leis­ tung einzelner Individuen und Teams sowie die Ausrichtung dieser Leistungen an den strategischen Zielen einer Organisa­ tion. PM nimmt also eine zentrale Rolle bei der Personalarbeit ein und ist eng verflochten mit anderen Personalpraktiken wie z. B. der Mitarbeiterentwicklung und der Gehaltsfindung. Sel­ ten aber sind Führungskräfte und Mitarbeiter angetan vom Performance Management im eigenen Unternehmen und gera­ de die Durchführung von Leistungsbeurteilungen ist „the job managers love to hate“ (Murphy, 2020, S. 15). Entsprechend häufig finden sich Versuche in Organisationen, das interne PM radikal zu überdenken und neue Ansätze einzuführen. Ganz ohne eine Leistungsbeurteilung scheint es trotzdem nicht zu gehen, schließlich müssen faire Gehalts-, Entwicklungs- und Beförderungsentscheidungen getroffen werden, die auf mög­ lichst validen Informationen zu Leistung und Potenzial der Mitarbeiter beruhen sollten. Und wie sollte das funktionieren, ganz ohne Maßstäbe für die Mitarbeiterleistung? Diese breite, in viele Bereiche gehende Rolle des Performance Managements erschwert die Messung der Effektivität eines guten PM-Sys­ tems erheblich, auch wenn ein Blick auf die Praxisliteratur zum Thema anderes vermuten lässt. Wir möchten in diesem Beitrag einen Überblick zum Stand der Forschung zur Effektivität von Performance Management geben. Unsere Ausführungen lehnen sich stark an einen Bei­ trag von Schleicher, Baumann, Sullivan und Yim (2019) an und werden ergänzt durch neuere Studien zu einzelnen As­ pekten von Performance Management. Da wir vornehmlich an der empirischen Evidenz zur Effektivität von PM-Systemen interessiert sind, gehen wir nur am Rande auf Gestaltungs­ parameter eines Performance-Management-Systems ein (sie­ he hierzu z. B. Schleicher/Baumann/Sullivan/Levy/Hargrove/ Barros-Rivera, 2018) und konzentrieren uns auf die Wirkung auf Führungskräfte und Mitarbeiter. Hierzu beginnen wir, an­ gelehnt an Kirkpatricks Modell zur Trainingsevaluation, mit den Reaktionen auf das PM, gefolgt von Lernen und Transfer der Mitarbeiter und Führungskräfte. Anschließend schauen wir auf den Einfluss von Performance Management auf opera­ tive und finanzielle Ergebnisgrößen, bevor wir – basierend auf Schleicher und Kollegen (2019) – ein Gesamtmodell darstellen. Starten möchten wir mit der übergreifenden Frage, ob Perfor­ mance Management überhaupt einen positiven Einfluss auf den Organisationserfolg hat. Wirkung von Performance Management auf die Leistung der Organisation Der Einfluss von Performance Management auf Ergebnisgrö­ ßen der Organisation kann als das „ultimative“ Kriterium zur Beurteilung des PM-Systems beschrieben werden. Auf dieser aggregierten Ebene ist die Studienlage recht klar und zeigt vielfältige positive Einflüsse des PM auf Ergebnisgrößen der Organisation. Schleicher und Kollegen (2019) analysieren ins­ gesamt 20 Einzelstudien, die den Zusammenhang zwischen Performance Management und Organisationserfolg untersu­ chen, wobei jeweils unterschiedliche Erfolgsmaße wie Produk­ Von Prof. Dr. Torsten Biemann (Universität Mannheim) und Prof. Dr. Heiko Weckmüller (Hochschule Koblenz) Wie ein effektives Performance Management zum Organisationserfolg beitragen kann

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